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Tastenfieber und Liebeslust

Titel: Tastenfieber und Liebeslust
Autoren: Elke Mascha Blankenburg
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Fleischhauer. Eine bunte Gesellschaft, ich gebe es zu!
    Ich glaube gar nicht, dass Sie ein Erwachsensein anstreben, kann Ihnen auch nicht ernsthaft dazu raten. Was meine Begleitung dabei betrifft, so werde ich erst etwas dazu sagen, wenn ich Sie leibhaftig erlebt habe. Deshalb schlage ich vor, dass wir einen Kaffee oder Wein zusammen trinken sollten.
    Herzliche Grüße
    Eva-Maria
     
    PS: Zu meinen Vornamen: Sie vermuten in Ihrer, doch recht männlich geprägten Fantasie viel mehr, als dahintersteckt. Meine Eltern konnten sich einfach nicht einigen. Mein Vater plädierte für Eva, meine Mutter bestand auf Maria. So einfach kam dieses Ergebnis zustande!
     
     
    15. März – 10:45 Uhr
    Liebe Eva-Maria,
    von Kopf bis Fuß männlich sozialisiert, muss ich den guten Geschmack Ihres Vaters loben!
    So spät am Abend versenden Sie noch Mails! Ich revanchiere mich mit einem doppelten Chapeau! Sie sind also nicht nur ordentlich, sondern auch fleißig. Ich bin dafür unordentlich und verbringe die Hälfte meiner Zeit damit, Dinge zu suchen, die ich verlegt habe.
    Ihre Pragbegeisterung teile ich, doch Rom und Petersburg liebe ich genauso. Ich hielt Anfang Januar 1991 in Petersburg mal einen Vortrag. Es war unbeschreiblich kalt. Ich bin nachts spazieren gegangen, während kein Mensch auf der Straße zu sehen war. Nur ab und zu hasteten einige Ureinwohner die Hausblöcke entlang, um sich in der nächsten Teeküche aufzuwärmen. Die Gaslaternen boten nur fahles Licht, das vom angegrauten Schnee reflektiert wurde. Gelegentlich fuhr eine hell erleuchtete, klapprige Straßenbahn vorbei. Autos sah man keine, denn die waren wohl alle eingefroren. Sie kennen doch Raskolnikoff? Die beschriebene, fast irreale Atmosphäre erinnerte mich immer wieder an Dostojewski. – Im Sommer, wenn es nie dunkel wird, ist Petersburg aber auch ein Traum. Da ein Freund als Arzt im Kirow-Theater beschäftigt war und mich als ausländischen Praktikanten vorstellte, verbrachte ich dort wunderbare Tage.
     
    Dass Sie nach meinem Sternzeichen fragen, erstaunt mich. Alle, die mich kennen, sagen, ich sei das typischste, lebende Exemplar desselben. Na, dämmert es langsam?
    Ich fühle mich nicht als Naturwissenschaftler. Hier fliegt mir alles zu, aber mein Interesse gilt mehr der Kultur, Kunst, Psychologie und Religion, vor allem aber der Geschichte. In diesen Bereichen fliegt mir dagegen leider gar nichts zu! Man sagt doch, Musik und Mathematik hätten so viel gemeinsam. Wieso haben Sie sich dann in der Schule so gequält?
     
    Leibhaftig wollen Sie mich also sehen! Der Leibhaftige freut sich sehr über dieses Angebot der Eva. Darf ich Sie in Zukunft so nennen? – Einen Wein ziehe ich allerdings jedem Kaffee vor. Wir könnten auch einen Spaziergang im Schlosspark machen, dann verbinden Sie gleich das Angenehme mit dem Nützlichen! Angenehm ist doch das Bummeln mit Ihrem Hund, und nützlich könnte die Eva-luation der Kenntnisse des selbsternannten Berlin-Führers sein.
    Liebe Grüße
    Ihr Maximilian
     
     
    16. März – 09:11 Uhr
    Liebe Eva,
    am ersten Tage wurde ich gleich mit mehreren netten Mails verwöhnt, und am nächsten Tage höre ich nichts von Ihnen!
    Wenn ich Sie beleidigt oder verletzt haben sollte, möchte ich mich entschuldigen. Nichts lag mir ferner als dies. Sollten Sie gestern keine Zeit gehabt haben, dann hoffe ich, dass sich der Arbeitsstress bald wieder legt, und Sie wieder Muße zum Schreiben haben. Wenn ein anderer Bewerber dagegen Ihr Herz mehr erwärmt haben sollte, dann wünsche ich Ihnen alles Gute.
    Ihr Maximilian
     
     
    16. März – 12:31 Uhr
    Lieber Maximilian,
    da bin ich wieder.
    Meine Kollegin und Freundin, die Pianistin Natalia Petrakoff gastiert am 29. März in der Berliner Philharmonie und hat gestern um 10.30 ihre Pressekonferenz – zu der leider niemand kam – in meiner Wohnung durchgeführt. Ein harter Schlag für sie. Den ganzen Tag war ich mit ihr unterwegs, um den Kartenvorverkauf zu organisieren und zu plakatieren. Berlin ist ja sooo groß, sodass wir am Abend erschöpft unsere Aufregung in einem edlen Wein versenken mussten!
    Ein/e freie/r Künstler/in hat es wirklich schwer. Sie lebt in Wien, wir haben viele Konzerte zusammen gegeben (vierhändig oder an zwei Klavieren), sie ist großartig: unangepasst, wild und diszipliniert zugleich. Deshalb verstehen wir uns so gut. Sie hat Glück, dass ich jetzt in Berlin wohne und ihr wenigstens ein wenig helfen kann. Zusammen mit meinen hiesigen Freunden haben wir bereits
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