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Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen

Titel: Tarean 02 - Erbe der Kristalldrachen
Autoren: Bernd Perplies
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Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, der – so zart und flüchtig er sein mochte – Tareans Inneres in wilden Aufruhr versetzte. Ihre blauen Augen glänzten, als sie mit einer Kopfbewegung auf das Siegel deutete. »Und nun vollbringe, weswegen du gekommen bist. Befreie die Kristalldrachen.«
    Der Junge holte tief Luft. Dann nickte er. »Also schön. Tritt zurück. Ich weiß nicht, was geschehen wird.« Er kehrte dem Irrlicht den Rücken und schritt zur Mitte der Steinplatte. Erneut ließ er sich auf die Knie nieder. Dann packte er den Sternkristall mit beiden Händen und stieß ihn in die Einbuchtung vor sich.
    Eine gewaltige magische Erschütterung ließ den Raum erbeben und trieb die Lichtfunken auseinander. Tarean stemmte sich mit seinem ganzen Körper in die Druckwelle hinein, die vom Zentrum des Siegels ausgegangen war, als der Sternkristall den Stein berührt hatte. Über seinen rechten Arm tanzte ein kleines Gewitter aus silbrigen Blitzen, während der Sternkristall wie eine Sonne zwischen seinen Fingern erstrahlte.
    Ein Sturmwind setzte um ihn herum ein, der Tareans Haare flattern ließ und die Funken in der Kaverne wie Schneeflocken in der Luft verwirbelte. Zugleich lief ein dumpfes Stöhnen durch das Siegel zu seinen Füßen, wie der Sterbelaut eines sehr großen, sehr alten Tieres. In alle Richtungen begann sich das silberne Licht von Kesrondaias Herz auszubreiten. Wasser gleich, das sich seinen Weg entlang Rinnen und Verwerfungen im Boden sucht, floss es die gemeißelten Linien entlang und glitt über die rot glühenden Runen hinweg, die mit einem hörbaren Knacken splitterten und ihren Glanz verloren.
    »Es gelingt!«, schrie Tarean begeistert. »Das Siegel bricht auf!«
    Doch im nächsten Moment verwandelte sich seine Begeisterung in Entsetzen, als er spürte, dass der Widerstand des Siegels stärker wurde. Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete der Junge, wie der Fluss des Silberlichts ins Stocken geriet, immer langsamer wurde, mal hier an einer steinernen Hürde scheiterte, mal dort vor einer der Bannrunen innehielt und träge zurückzufließen begann.
    »Nein …« Panisch blickte sich Tarean um. »Nein, das darf nicht sein!« Drei Viertel des Siegels hatte die Macht des Sternkristalls bezwungen. Doch der Junge erkannte, dass es nicht reichen würde. Der Gegendruck der unheiligen Kraft, welche die Kristalldrachen seit mehr als einem Jahrhundert einsperrte, war zu groß, um ihn zu überwinden.
    Plötzlich war Moosbeere an seiner Seite, wie aus dem Nichts aus dem Wirbelsturm der Lichtfunken aufgetaucht, der um Tarean herumtobte. »Rasch, nimm dein Amulett und wickle es um deine Hand«, rief das Irrlicht aufgeregt, als es sich ihm gegenüber hinkauerte.
    Der Junge fragte weder, inwiefern das helfen sollte, noch woher seine Gefährtin wusste, dass es das würde. Stattdessen griff er sich an die Brust, holte das Kleinod hervor und riss es sich mit einem schmerzhaften Ruck vom Hals. Er ließ Kinrain in seine Handfläche gleiten und presste diese dann erneut auf den Sternkristall. Sofort spürte er, wie das Amulett, einem lebendigen Wesen gleich, in seiner Hand zu pulsieren begann. Es fing an zu leuchten, und ein bronzefarbener Lichtstrom drang in Kesrondaias Herz, heilte es und gab ihm neue Kraft.
    Mit wiedererwachter Hoffnung beobachtete Tarean, wie das Silberlicht seinen Vormarsch zum Rand des Siegels erneut aufnahm. Abermals lief ein Ächzen und Stöhnen durch den Stein. Dazu gesellte sich ein hallendes Rumpeln, ein Geräusch, als setze sich ein gewaltiger Schließmechanismus in Bewegung. Doch es reichte nicht. Die Alte Macht, die in Kinrain steckte, war zu schwach.
    »Wir schaffen es nicht!«, schrie der Junge gegen das Rauschen des Windes in der Kaverne an. Lichtfunken schlugen ihm ins Gesicht und vergingen knisternd auf seiner Haut. Je länger der Sternkristall und das Siegel miteinander kämpften, desto stärker schien das magische Unwetter zu werden. »Kinrain ist nicht stark genug!« Er hob den Kopf und sah Moosbeere verzweifelt an. »Was sollen wir nur tun?«
    Eine kleine Ewigkeit blickte ihm das Irrlicht in die Augen. Moosbeeres Schmetterlingsflügel flatterten auf ihrem Rücken, und das lange, blonde Haar wehte wie eine Wolke um ihren Kopf. Ihr altersloses Antlitz zeigte keinerlei Gefühlsregung, doch in ihren Augen flackerte es, als kämpften widerstreitende Empfindungen in ihrem Inneren kaum weniger heftig miteinander als Tarean mit dem Siegel des Herrn der
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