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Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)

Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)

Titel: Taquanta: Zwischen Traum und Wirklichkeit (German Edition)
Autoren: Andrina L. Vögele
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retten? Auch wenn es das seine kostete? Mir war klar, dass dies der falsche Moment war, um tiefgründig zu werden, aber ich konnte nicht anders. Ich sah den Soldaten an und liess dramatisch den Dolch fallen. Dann schloss ich die Augen und ballte meine Hand zu einer Faust, während ich auf den Tod wartete. Es hatte keinen Sinn, in diesem Zustand zu kämpfen, ich konnte mich kaum aufrecht halten, geschweige denn, ein Messer werfen. Und in dem unwahrscheinlichen Fall, dass ich gewinnen würde, würde ich sowieso bald verbluten.
    Folglich schloss ich die Augen und wartete ergeben auf den Todesstoss. Eine Sekunde, zwei, drei. Ich konnte mein Herz klopfen hören und dachte darüber nach, wie oft es noch schlagen würde. Es war schrecklich, ich wusste, ich würde das Schwert nicht kommen sehen, vielleicht hören, aber nicht sehen.
    »Lauf.«
    Die Stimme war heiser und kam noch überraschender als der Dolch. Ich war mir nicht sicher, ob ich richtig gehört hatte. Vorsichtig öffnete ich die Augen einen Spaltbreit und wich erschrocken zurück, wobei ich nach hinten fiel. Der Soldat stand nur einen knappen halben Meter vor mir.
    »Lauf.«
    Seine Stimme schnitt durch die Luft, und ich sah ihn erstaunt an. Zuerst griff er mich an und dann liess er mich laufen. Seine Miene verdüsterte sich.
    »Ich habe gesagt, lauf!«
    Ich konnte mich nicht rühren. Die Welt schien sich zu drehen, und ich fühlte, wie mit jedem Milliliter Blut mehr Kraft aus meinem Körper schwand.
    »Ich weiss nicht, was passiert ist, aber ich kenne dich. Du warst beim Schlachtenmahl. Du hast mit Sir Giardio getanzt. Ich kenne deine Geschichte nicht, aber lauf! Ich hoffe, ich werde es nicht bereuen.«
    Völlig perplex versuchte ich mich zu erheben, aber ich konnte nicht. Meine Füsse wollten keinen Halt finden. Mir war schwindlig, alles drehte sich. Zwei starke Hände packten mich, hievten mich hoch. Ich schaffte es nicht einmal mich zu bedanken, stolperte einfach nur los in Richtung der Bäume.
    Mich an jedem Fels und Baumstamm abstützend, fand ich wie durch ein Wunder zu meinem Pferd, taumelte auf es zu, doch wenige Meter davor verliessen mich meine Kräfte ganz, und ich sackte benommen zu Boden. Wie schon zu oft in Taquanta schwand mein Bewusstsein und Dunkelheit umfing mich.

10.
    Ihre Augen fanden seine. Und ihr Geruch überwältigte ihn. Es war klar, dass die Verwandlung vollzogen war. Ihre Augen waren pechschwarz, ihre Haut makellos und blass.
    Er konnte nicht sagen, ob sie erstaunt oder verängstigt war, als ihre Lippen lautlos seinen Namen formten. Calvin.
    Ihre Augen bekamen einen leicht abwesenden Ausdruck, als sei sie mit ihren Gedanken weit weg. Er gab sich Mühe herauszufinden, was sie dachte, doch ihre Miene war undurchdringlich. Sie sah ihn forschend und mit schräg gelegtem Kopf an.
    »Hallo«, sagte sie. Ihr Gesichtsausdruck wirkte irritiert, als wäre sie wütend auf sich selber.
    »Hallo«, erwiderte er amüsiert.
    Ein erstaunter Ausdruck trübte ihre Züge. Als sie ihn dann auch noch nach seinem Wohlbefinden fragte, wurde es äusserst schwierig, sich unter Kontrolle zu halten und nicht einfach loszuprusten.
    »Wie ich sehe, bist du … bald abgeschlossen.«
    Sie funkelte ihn an. Irgendwie hatte das Ganze eine gewisse Komik. Sie standen sich hier in mitten eines Schlachtfeldes gegenüber und spielten

Wer sieht zuerst weg
‹.
    »Wie es mir geht? Phantastisch. Ja wirklich, …«, erwiderte sie bissig, doch er hörte ihr nur mit halbem Ohr zu, während sie ihre aufgestaute Wut in Worte fasste. »… und dass wegen meiner Verwandlung die Seele eines Freundes geraubt wurde, obwohl er mir nur Gutes getan hat. Möglicherweise kannst du dich an ihn erinnern. Er hat kobaltblaue Augen, zwei dazu passende Flügel auf dem Rücken und, o ja, er ist dein Sohn«, schloss sie ihren Redefall. Totseeler. Das war mit
ihm
passiert. Mit seinem
Sohn.
Sie wusste es also. Sie kannte die Familienbande. Schmerzlich betroffen sah er weg. Doch nur kurz. Er durfte keine Schwäche zeigen. Er war der Herrscher. Kein schwächlicher Vater. Das lag in der Vergangenheit.
    »Wer war in meinem Zimmer?«, wollte sie wissen.
    Sie war ziemlich clever. Er hatte nicht erwartet, dass sie diesen Sprung machen würde.
    Er beschloss, sich ahnungslos zu stellen, doch sie durchschaute ihn. Grimmig sah sie ihn an.
    »Er kam in deinem Auftrag, nicht wahr? Derjenige, der dafür verantwortlich ist.« Sie enthüllte ihren Arm mit der Ritzung. Er zeigte keine Regung, es war sinnlos zu
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