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Tanz mit mir - Roman

Tanz mit mir - Roman

Titel: Tanz mit mir - Roman
Autoren: Lucy Dillon Sina Hoffmann
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gesamte Lebensgeschichte hatte hier in einer Kiste im alten Haus ihrer Eltern gelagert, während sie um die Welt gereist war und versucht hatte, ihr Zuhause so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Und jetzt war sie wieder hier und fügte ein Stück zu ihrer Lebensgeschichte hinzu.
    Anerkennend betrachtete sie das letzte Bild. Angelica, zu Hause. Glücklich. Zur Sicherheit schob sie auch das Hochzeitsfoto von sich und Jerry in das Album und nahm dafür ein Foto von sich allein heraus. Darauf waren Tony und sie bei den National Championships 1977 zu sehen, mitten in einer sehr komplizierten Jive-Figur. Ihre Augen waren mit Kajal schwarz umrandet, und es war deutlich zu erkennen, wie sie einander mit Blicken verschlangen.
    Angelica konnte sich nicht daran erinnern, das Bild damals gesehen zu haben. Jetzt hatte sie allerdings das Gefühl, dass die abgebildeten Personen gut und gerne auch jemand völlig anderes sein könnten.
    Vielleicht war es gut, Tony so in Erinnerung zu behalten, wie er damals gewesen war – dunkel, geschmeidig und attraktiv. Sie hatte keine Ahnung, wie er heute aussah; nach einer ganzen Reihe von Scheidungen war er wahrscheinlich ein wenig verlottert und fuhr in einem klapprigen Porsche durch die Gegend.
    Sie betrachtete sich wieder auf dem Zeitungsbild, wie sie
auf dem Sofa saß und dem Fotografen das Kinn entgegenreckte, sodass das Licht auf ihre Wangenknochen fiel und die länglichen, ein wenig schrägstehenden Augen im Schatten lagen. Seit einigen Wochen brauchte sie keine Schlaftabletten mehr, um die Nächte zu überstehen. Sogar ihre alten, knirschenden Gelenke schienen wieder biegsamer zu werden.
    Ich habe es richtig gemacht, dachte sie und erlaubte sich ein zufriedenes Lächeln.
     
    In den Tagen vor Weihnachten entschloss sich Angelica zu zwei Dingen: Erstens würde sie sich einen neuen Welpen holen, den sie lieben, stubenrein machen und nicht wie einen Ersatzehemann behandeln würde. Außerdem wurde es Zeit, dass sie das Haus in der 34 Sydney Street verkaufte.
    In einigen sehr ehrlichen Momenten war sie nicht sicher, ob sie das Haus wirklich verkaufen wollte. Doch sie brachte lieber die Dinge ins Rollen – schließlich blieb danach noch genügend Zeit, um zu sehen, wie sich alles entwickelte.
    Wenn mir jemand ein Angebot macht und ich merke, dass ich traurig bin, dann werde ich hierbleiben, überlegte sie. Doch so, wie die Kaufpreise in Longhampton gerade anstiegen, wäre sie verrückt, wenn sie nicht so viel mitnehmen würde, wie möglich. Dann würde sie in ihr schönes kleines Häuschen nach Islington zurückkehren, zu ihren Freunden, den Cafés und dem Leben dort, das sie derweil auf Eis gelegt hatte.
    Zu ihrer eigenen Überraschung ertappte sie sich bei dem Gedanken, das Haus dennoch zu halten. Es würde mich nicht viel kosten, und ich könnte jederzeit für Tanzkurse herkommen und freitags Peggy und Baxter bei den Tanzabenden Gesellschaft leisten. Vielleicht könnte ich es sogar schaffen, die Formationstanzgruppe wieder ins Leben zu rufen, wenn genügend Interesse besteht. Außerdem bearbeiteten Jo und Katie sie immer noch wegen Tanzstunden für Kinder – dieser Vorschlag war definitiv eine Überlegung wert, wie sie fand.
    Sie musste über sich selbst lachen, dass sie sich selbst belog, da sie doch nun in so vielen Dingen ehrlich war.
    Während alle anderen gerade durch die Fußgängerzone hetzten, um in letzter Minute noch Weihnachtsgeschenke zu besorgen, räumte Angelica hier und da noch ein wenig auf und bereitete alles für den Immobilienmakler vor, der kommen sollte, um das Haus zu schätzen. Sie hatte eine Kanne Kaffee gekocht und Croissants aufgebacken, wie Jo ihr geraten hatte. Sie goss gerade Kaffeesahne in das gute Milchkännchen ihrer Mutter, als es an der Tür klopfte. Sie glättete ihren Rock und machte sich auf den Weg zur Haustür.
    Es kommt, wie es kommt, dachte sie.
    »Hallo!«, begrüßte sie den Immobilienmakler und lächelte ihn freundlich an. Ihr Lächeln wurde breiter. Es war gar nicht der pickelige Jugendliche, mit dem sie zuvor gesprochen hatte. Also gab es sie doch in Longhampton, die attraktiven älteren Herren!
    Dann erlosch ihr Lächeln, wurde breiter und erlosch wieder, als sich in ihrem Kopf die Erinnerungen Stück für Stück wie nach einem langen, langen Dornröschenschlaf zusammenfügten.
    Sie schluckte und war sich plötzlich ihrer Haare, ihrer Füße und ihrer Haltung bewusst. Das konnte doch gar nicht sein! Oder etwa doch?
    »Hallo?«,
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