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Tanz des Verlangens

Tanz des Verlangens

Titel: Tanz des Verlangens
Autoren: Kresley Cole
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Fäusten. Ich weigere mich.
    Doch als die Brise auffrischte, erlosch Néomis Sehkraft wie eine Kerze. Nein, nein … ich lebe noch … kann nichts sehen, kann nichts sehen … solche Angst.
    Einige Rosenblätter wurden vom Wind erfasst und über ihr Gesicht getrieben. Sie spürte jeden einzelnen kühlen Kuss, den sie ihr schenkten.
    Dann … das Nichts.

 
    1
    Außerhalb von New Orleans
    Gegenwart
    Bleib ruhig. Verhalt dich ganz normal , wiederholt er im Geiste immer wieder, während er den wackeligen Landungssteg entlanggeht. Rechts und links von ihm nichts als Wasser, so schwarz wie Teer. Vor ihm gedämpftes Licht aus der Kneipe am Bayou. Eine Bar der Mythenwelt. Ein einsames Neonschild flackert über den flachen Ruderbooten, die unterhalb der Kneipe angelegt haben. Musik und Lachen dringen an sein Ohr.
    Bleib ruhig … du musst die Wut unterdrücken. Bis es vorbei ist.
    Drinnen. „Whisky.“ Seine Stimme ist leise, rau, nachdem er sie so lange nicht mehr benutzt hat.
    Der Wirt verzieht das Gesicht. Genau wie gestern Abend. Andere reagieren ängstlich. Ob sie wohl spüren, wie sehr ich mich danach sehne zu töten? Das Flüstern um ihn herum wirkt auf seine zerrütteten Nerven wie das Kratzen von Metall auf einer Schiefertafel.
    „Conrad Wroth, der war früher mal ein Kriegsherr … verrückter als jeder andere Vampir, den ich in all meinen Jahrhunderten zu Gesicht bekommen habe.“
    „Ein Auftragsmörder. Wenn der in deiner Stadt auftaucht, dann verschwinden mit Sicherheit bald ein paar von unseren Leuten.“
    Verschwinden? Es sei denn, ich will, dass sie gefunden werden.
    „Ich hab gehört, er saugt sie so brutal aus, dass von ihren Kehlen nichts mehr übrig bleibt.“
    Ich bin eben nicht wählerisch.
    „Ich hab gehört, er frisst sie auf.“
    Nichts als verdrehte Gerüchte. Oder war Letzteres doch wahr?
    Wieder einmal verbreiteten sich die Geschichten über seinen Wahnsinn wie ein Lauffeuer. Ich habe mein Ziel noch nie verfehlt – wie verrückt kann ich schon sein? Er beantwortet seine eigene Frage: Total durchgeknallt, verdammt noch mal.
    Er wird von Erinnerungen überwältigt. Die Erinnerungen seiner Opfer, die er zusammen mit ihrem Blutzoll in sich aufgenommen hat und deren Anzahl ständig anwächst. Ich weiß nicht mehr, was wirklich ist, kann nicht entscheiden, was Illusion ist. Die meiste Zeit ist er kaum in der Lage, seine eigenen Gedanken zu verstehen. Es vergeht kein Tag, an dem er nicht irgendeiner Halluzination zum Opfer fällt und Schatten angreift, die ihn umzingeln.
    Eine scharf gemachte Handgranate, so nennen sie ihn. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.
    Sie haben recht.
    Bleib ruhig … verhalt dich normal. Er lacht leise in sich hinein, als er sich mit dem Glas in der Hand auf den Weg zu einem spärlich beleuchteten Tisch weiter hinten macht. Normal? Er ist ein gottverdammter Vampir in einer Bar voller Gestaltwandler, Dämonen und spitzohriger Feen. Der hintere Teil der Kneipe ist weihnachtlich geschmückt: Lichter in den Augenhöhlen menschlicher Schädel, die um einen Spiegel drapiert sind. In der Ecke streichelt eine Dämonin träge die Hörner ihres Geliebten, was den Mann sichtlich erregt. An der Bar bleckt ein riesiger Werwolf seine Fänge und beugt sich beschützend vor, während er eine zierliche Rothaarige hastig hinter sich schiebt.
    Du kannst dich wohl nicht entscheiden, ob du angreifen sollst, Lykae? Stimmt, ich rieche nicht nach Blut. Ein Trick, den ich mir angeeignet habe.
    Das Pärchen verlässt die Bar, wobei der Lykae die Rothaarige hinter sich herzerrt. Als sie durch die Tür treten, wirft sie einen Blick über ihre Schulter zurück, ihre Augen wie Spiegel. Dann sind sie fort. Draußen in der Nacht, wo sie hingehören.
    Hinsetzen. Mit dem Rücken zur Wand. Er rückte die Sonnenbrille zurecht, die seine roten Augen verbirgt, schmutzig rote Augen. Während er den Raum absucht, kann er sich nur mit Mühe beherrschen, nicht mit der Hand über seinen Nacken zu fahren. Beobachtet mich jemand?
    Aber schließlich habe ich dieses Gefühl doch ständig.
    Er schnappt sich seinen Drink und blickt mit zusammengekniffenen Augen auf seine ruhige Hand. Mein Verstand mag ja verrotten, aber auf meine Schwerthand ist immer noch Verlass. Eine gefährliche Kombination.
    Er nimmt einen ordentlichen Schluck. Der Drink. Der Whisky dämpft das Verlangen zuzuschlagen. Nicht dass es vergangen wäre.
    Schon Kleinigkeiten bringen ihn in Rage. Ein schiefer Blick. Jemand nähert sich ihm zu schnell.
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