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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab
Autoren: Dora Heldt
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würde, ihn irgendwann einmal auf dem Sofa zu erschlagen. Es sei denn, er suche sich endlich ein vernünftiges Hobby. Und damit wären nicht die Bundesliga und seine Kegelrunde gemeint, das reiche ihr nicht aus. Onkel Walter guckte zwar etwas beleidigt, doch keiner hatte es ernst genommen. Tante Inge war noch nie diplomatisch gewesen.
    Christine hatte für einen kurzen Moment das Bild des erschlagenen Walters auf dem blutgetränkten Sofa vor Augen, zwang sich aber sofort, es wegzublinzeln und stattdessen Tante Inge anzusehen, die neben dem Auto stand und beobachtete, wie Johann ihre Gepäckstücke im Kofferraum verstaute.
    »Was heißt, es ist an der Zeit, dein Leben zu verändern? Was ist denn mit Onkel Walter?« »Hm?« Ihre Tante betrachtete konzentriert Johanns Packkünste. »Wenn Sie die rote Tasche längs legen, geht es vielleicht besser. Oder erst den großen Koffer und dann die Tasche.«
    »Ich habe gefragt, was mit Onkel Walter ist.«
    »Ich sagte es doch bereits, ich will nicht darüber reden. So, na bitte, geht doch. Jetzt den Deckel zu und ab. Ihr könnt mich direkt zu Petra nach Kampen fahren, keine Umwege bitte, ich muss ganz dringend zur Toilette.«
    Johann schlug den Kofferraumdeckel mit Schwung zu und wischte sich über die Stirn. »Wollen Sie vielleicht hier noch mal ...? Also, wir haben ja Zeit.«
    »Nein, schönen Dank.« Inge setzte sich auf den Beifahrersitz und knöpfte ihren Mantel auf. »Ich gehe nicht auf fremde Toiletten. Man weiß ja nie ... Können wir jetzt fahren?«
    Christine sah Johann fragend an, er nickte und stieg hinten ein. Mit einem Blick auf die vier fast fünf Meter hohen Skulpturen auf dem Bahnhofsvorplatz öffnete Christine die Fahrertür. »Reisende Riesen im Wind« hieß dieses Kunstwerk, vier grüne Gestalten, die sich gegen den Wind stemmten. Hoffentlich war das kein schlechtes Omen.
    Während sie an der Post vorbeifuhren und in den Bahnweg bogen, drehte sich Inge um und musterte Johann nachdenklich. Dann lächelte sie freundlich.
    »Sie sind also Johann. Wohnen Sie noch in Bremen, oder haben Sie sich schon bei Christine eingenistet?«
    Johann suchte Christines Blick im Rückspiegel. Sie nickte ihm beruhigend zu.
    »Ich wohne in Bremen, ich habe da meinen Job. Es war nie die Rede davon, mich bei Christine einzunisten.«
    Tante Inge sah wieder auf die Straße. »Dann ist ja gut. Christine hat da nämlich ein Händchen für, sie sucht sich gern Männer aus, die sie durchbringen muss.«
    »Tante Inge!«
    Sie lächelte. »Komm, du bist schon mal geschieden. Und jetzt kannst du dein (leid allein ausgeben. Das geht überhaupt nicht gegen Sie, Johann, verstehen Sie das bloß nicht falsch, Sie sind mir ja ganz sympathisch. Ich halte nur nichts davon, sich in so jungen Jahren zu binden. Wer weiß, was noch alles passiert.«
    Johann antwortete sehr höflich. »Ich bin 48. Und Christine ist zwei Jahre jünger. So jung sind die Jahre ja nun auch nicht mehr.«
    »Stimmt.« Tante Inge nickte. »Ich vergesse das immer. Meine Güte, Christine, 46 bist du schon?«
    Christine hielt vor einer roten Ampel. Tante Inge deutete nach links.
    »Du musst hier abbiegen, List, Kampen, Wenningstedt. Hast du gesehen, oder?«
    »Tante Inge ...«, die Ampel schaltete auf Grün, Christine bog links ab, >*darf ich dich daran erinnern, dass ich mich auf der Insel auskenne? Guck mal, Johann, dort drüben ist der Flughafen und dahinter der Marine-Golfplatz.«
    >*Ah ja.« Johann blickte zum Heckfenster hinaus. Tante Inge beobachtete ihn dabei. »Falls Sie einen Golfplatz sehen wollen, müssen Sie sich den Hals nicht so verrenken. Da kommt gleich noch einer. Der Golfclub Sylt. Sagen Sie bloß, Sie spielen Golf ? So alt sind Sie doch noch gar nicht. Oder machen Sie dabei windige Geschäfte?«
    Christine stöhnte leise auf. »Tante Inge, bitte!«
    Inge klappte die Sonnenblende runter und kontrollierte ihre Frisur. »Wie auch immer. Jedenfalls gibt es hier genug Golfplätze. Vier insgesamt. Da können Sie sich richtig austoben.«
    Johann blieb gelassen. »Ich spiele kein Golf. Ich jogge.«
    »Macht ja nichts«, antwortete Inge.
    Mittlerweile hatten sie Kampen erreicht. Christine fuhr auf der Hauptstraße, vorbei an hübschen Reetdachhäusern, und bog in den Braderuper Weg ein. Sie sah ihre Tante an, die versonnen aus dem Fenster guckte. »Wie heißt die Straße noch mal, in der Petra wohnt?«
    "Wuldeschlucht. Die fünfte links. Ich denke, du kennst dich aus?«
    Ihre Nichte gab keine Antwort. Johann verbiss sich
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