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Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief

Titel: Tante Dimity und der verhaengnisvolle Brief
Autoren: Nancy Atherton
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ihrem Tod in Kenntnis gesetzt? Warum hat das über eine Woche gedauert?«
    »Das weiß ich nicht«, stieß ich hilflos hervor.
    »Mr Moss …«
    Kenneth fiel mir ins Wort. »Sie kennen Moss?«
    »Nicht persönlich. Aber ich habe ein paarmal mit ihm telefoniert.«
    »Warum hat dann nicht er …? « Kenneth biss sich jäh auf die Zunge. Er starrte mit leerem Blick an mir vorbei, dann sackte er in sich zusammen und fasste sich an die Stirn. »O Gott, Dorothy … «, flüsterte er.
    Seine Worte erstarben. Er wirkte leer, geschlagen, ausgelaugt, nachdem der selbstgerechte Zorn, der gerade noch seinen Ausbruch beflügelt hatte, verebbt war. Ich musterte ihn schweigend, und endlich verstand ich.
    »Ihre Frau«, sagte ich mit gedämpfter Stimme.
    »Sie wusste es. Mr Moss hat versucht, Sie zu erreichen, aber sie hat sich dazwischengestellt. Sie wusste über Ihre Schwester Bescheid und hat es Ihnen vorenthalten.« Mir war in meinem Schock eiskalt geworden. » Warum? «

    Gabriel reichte ihm sein Glas. »Trinken Sie einen Schluck, mein Lieber.«
    Kenneth hob das Glas und kippte den Whiskey in einem Zug hinunter. Gabriel forderte den Barmann mit einer Geste auf, nachzuschenken und die Flasche am Tisch zu lassen, und winkte ihn gleich darauf wieder weg.
    »War es der Krebs?«, fragte Kenneth nach einiger Zeit.
    Ich nickte.
    »Ich hätte dort sein müssen«, murmelte Kenneth. »Und ich wäre bei ihr gewesen, wenn ich es gewusst hätte. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum Dorothy es mir vorenthalten hat.«
    »Ihre Schwester lag im Sterben«, sagte ich. »Aus welchem Grund wollte Ihre Frau Sie daran hindern, sie zu besuchen?«
    »Dorothy war … mit Lizzie nicht einverstanden.« Kenneth nippte an seinem Drink, umfasste das Glas mit beiden Händen und richtete sich etwas auf. »Sie müssen verstehen, dass Dorothy ein Einzelkind ist, die verwöhnte Tochter eines sehr nachsichtigen Vaters. Sie hat nie gelernt, mit anderen zu teilen, und sie war nicht bereit, mich mit Lizzie zu teilen.«
    »Aber Sie und Ihre Schwester standen einander so nahe«, sagte ich eindringlich.

    »Wir waren uns zu nahe.« Kenneth seufzte, als regte sich eine Erinnerung in ihm. »Lizzie und ich haben uns trotz der zehn Jahre Altersunterschied blind verstanden. Wir haben über dieselben Dinge gelacht. Jeder hat die Sätze des anderen zu Ende gesprochen.«
    »Fühlte sich Dorothy von Ihren Gesprächen ausgeschlossen?«, fragte Gabriel.
    Kenneth nickte. »Sie war eifersüchtig auf Lizzie.
    Sie glaubte, nicht mithalten zu können.«
    »Aber das war doch kein Wettkampf«, wandte ich ein.
    Kenneth zuckte mit den Schultern. »Für Dorothy war es genau das. Sie hielt gern die Fäden in der Hand, und solange Lizzie in der Nähe war, gab es einen Teil in meinem Leben, den sie nicht kontrollieren konnte. Während unserer Verlobung hat sie alles getan, damit ich mich für jeden Moment, den ich mit Lizzie verbringe, schuldig fühle. Einen Monat vor der Hochzeit hat sie mir ein Ultimatum gestellt: Wenn ich nicht aufhöre, meine Schwester zu treffen, wird es keine Hochzeit geben.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Und Sie haben sich für Dorothy und gegen Ihre Schwester entschieden?«
    »Ich musste. Ich war nie so klug wie Lizzie.«
    Kenneth beugte sich vor. »Sie hat die antiken Möbel unserer Großtante geerbt. Ich hielt das alles für einen Haufen alten Schrott, aber Lizzie wusste es besser. Sie hat das meiste an private Sammler verkauft und ein Vermögen damit verdient, das sie dann äu ßerst geschickt angelegt hat. Wenn jemand in unserer Familie Verstand hatte, dann sie, nicht ich.«
    »Sie brauchten Dorothy«, bemerkte Gabriel.
    Kenneth wandte sich bereitwillig zu ihm um.
    »Sie war meine einzige Chance voranzukommen.
    Ich habe keine abgeschlossene Ausbildung. Ich hab das Studium nicht geschafft. Wenn Dorothy sich nicht in mich verliebt hätte, hätte ihr Vater mich nicht eingestellt. Und wenn ich sie nicht geheiratet hätte, wäre ich auf der Straße gestanden, mit sehr ungewissen Aussichten, was anderes zu finden.
    Lizzie verstand das. Sie versprach mir, sich von mir fernzuhalten.«
    Ich starrte ihn entgeistert an. »Und Sie waren bereit, Ihre Schwester nie wiederzusehen? Sie haben Dorothy geheiratet und sind dafür mit dem aufregenden Job als Leiter der Zweigstelle Midlands von Fletcher Securities belohnt worden?
    Deswegen sind Sie damals doch in das Haus in der Crestmore Crescent in Willow Hills bei Oxford gezogen?«
    Kenneth runzelte misstrauisch die Stirn.
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