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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal
Autoren: Nancy Atherton
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Augen wurden hart. » Ich werde mit der unappetitlichen Dr. Flannery reden.«

30
    SALLY DIE SCHLAMPE war genau so, wie  Anthea und Arthur sie beschrieben hatten. Sie war klein und dick, und sie hatte den großen Fehler begangen, ihren kurzen, rundlichen Körper in einen engen schwarzen Minirock und eine knallrote Seidenbluse zu zwängen, so dass sie wie eine Wurst aussah. Ich warf einen Blick auf ihre dünnen Beine und sogleich kam mir wieder Antheas Charakterisierung »Tomate auf Zahnstochern« in den Sinn.
    Sie war Mitte fünfzig und trug ihr braun gefärbtes Haar in einem einfachen Pagenschnitt. Ihre Nase war weder besonders groß noch besonders spitz, aber sie hatte die Angewohnheit, mit ihrem Kopf vorwärts zu stoßen und die Augen kurzsichtig zusammenzukneifen, was sie wie ein Frettchen aussehen ließ. Ihre harten Augen glichen zwei winzigen, stumpfen braunen Feuersteinen.
    Swann hat Recht, dachte ich. Sally musste in ihren AnatomieVorlesungen ein paar interessante Partytricks gelernt haben, denn mit ihrem Aussehen allein war kein Staat zu machen.
    Sie betrat das Wohnzimmer eingehüllt in eine atemberaubend süßliche Duftwolke und blieb kurz hinter der Tür stehen, offenbar überrascht, so viele Gesichter auf sich gerichtet zu sehen. »Aber Gerald«, sagte sie, indem sie jeden von uns abschätzend ansah, »du hättest mir sagen sollen, dass du Gäste hast.«
    »Wir sind keine Gäste, Dr. Flannery.« Die Stimme von Willis senior wirkte wie ein eisiger Wind, der durch das Zimmer blies. »Wir sind Geralds Familie.«
    Gerald drehte sich schnell zu Willis senior um, und über sein Gesicht huschte ein Ausdruck erschrockener Freude.
    Bill hustete hinter diskret vorgehaltener Hand, als Sally in ihrer Duftwolke an ihm und der Couch vorbeiging. Ihr Gang war eine Art munteres Watscheln, wobei sie ihre Augen nicht von Willis senior abwandte, den sie offenbar als das AlphaMännchen in diesem Zimmer erkannt hatte. Sein Gesichtsausdruck war so streng wie der eines Richters, seine Ellbogen ruhten auf den Armlehnen, seine Hände waren über der makellosen Weste gefaltet.
    »Ich kann mich nicht erinnern, Sie schon einmal gesehen zu haben«, sagte Sally, einen Anflug von Herausforderung in der Stimme.
    »Ich bin Geralds Vetter«, informierte Willis senior sie. »Glauben Sie jedoch nicht, dass dies eine Art Familienfeier ist. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.«
    Sally blieb einige Schritte vor seinem Sessel stehen.
    »Gerald sagte mir«, fuhr Willis senior fort,  »dass Sie nicht dumm sind. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie sich bewusst sind, dass die Strafen für Erpressung hierzulande sehr hoch sind.«
    Sally streckte den Kopf vor und blinzelte. »Und ich gehe davon aus, dass Sie nicht möchten, dass die schmutzige Wäsche Ihrer Familie in aller Öffentlichkeit gewaschen wird.«
    »Meine Familie kann ihre Haushaltsangelegenheiten sehr wohl allein bewältigen«, sagte Willis senior milde. »Aber ich kann durchaus dafür sorgen, dass Sie die nächsten fünfundzwanzig Jahre Wäsche waschen, wenn Sie das vorziehen.« Er spitzte den Mund und sah zur Decke. »Um ganz ehrlich zu sein, Dr. Flannery, das würde mir ein solches Vergnügen bereiten, dass ich es vielleicht sogar tue, ohne Sie vorher nach Ihren Wünschen zu fragen.«
    »Willst du das, Gerald?« Sally verschränkte ihre kurzen Arme über dem hervorquellenden Busen und drehte sich blitzschnell zur Couch um. »Willst du die Firma wirklich ruinieren? Und dir ist ja sicher klar, was du deinem teuren Vater antust.«

    Willis senior lächelte nachsichtig, als fände er das wirklich amüsant. »Ich würde mich nicht zu sehr auf Ihr professionelles Urteil verlassen, Dr. Flannery«, sagte er. »Genau genommen würde ich gar nichts darauf geben. Die Dokumentation Ihrer beruflichen Leistungen ist ein trauriger Lesestoff. Ich verstehe sehr gut, dass Sie Ihr Einkommen … aufbessern müssen.«
    Sally wurde rot. »Das ist böswillige Verleumdung. Dagegen gibt es hierzulande ebenfalls Gesetze.«
    »Tatsächlich? Oje.« Willis senior schnalzte bedauernd mit der Zunge. »Es sieht so aus, als hätte ich einen gravierenden Fehler begangen. Vielleicht sollten wir einen Fachmann zu Rate ziehen.« Etwas lauter rief er: »Mrs Burweed?«
    Alle Köpfe drehten sich zur Tür, wo Mrs Burweed erschien, zusammen mit einem Mann von mittlerer Größe, mit grauem Haar und einem kleinen Schnurrbart. Er trug einen dunkelblauen Mantel und hatte eine Aktentasche in der Hand. Er sah
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