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Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin

Titel: Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
Autoren: Lynn Flewelling
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Tamír!«
    Ki stand im verwahrlosten Thronsaal, den der durchdringende Gestank der brennenden Stadt erfüllte, neben ihr und beobachtete, wie sich seine Freundin zu einer Frau und zur rechtmäßigen Thronerbin erklärte. Imonus, Hohepriester von Afra, hatte Ghërilains verschollene Goldtafel als Beweis mitgebracht. Sie war groß wie eine Tür, und er sah, dass sich Tamír darin widerspiegelte, gekrönt durch die uralte in die Tafel geritzte Prophezeiung:
     
    S OLANGE EINE T OCHTER DER L INIE DES T HELÁTIMOS ÜBER DAS R EICH HERRSCHT UND ES VERTEIDIGT , WIRD S KALA NIEMALS UNTERJOCHT WERDEN .
     
    Noch sah sie nicht wie eine Königin aus, eher wie ein zerlumptes, müdes, zu dünnes Mädchen in schlachtschmutziger Männerkleidung. Diesmal musste sie sich für die Versammelten nicht ausziehen. Doch auch so zeichneten sich die kleinen, spitzen Brüste unübersehbar durch das weite Leinenhemd ab.
    Mit einem Anflug von Schuldgefühlen wandte Ki die Augen ab. Der Gedanke daran, wie sich ihr Körper verändert hatte, verursachte ihm immer noch leichte Übelkeit.
    Iya und Arkoniel standen bei der Priesterschaft am Fuß des Podiums, nach wie vor in ihren dreckigen Gewändern. Sie hatten geholfen, die Wende der Schlacht herbeizuführen, aber mittlerweile kannte Ki auch über sie die Wahrheit. All die Lügen waren ihr Werk gewesen.
    Das Ablegen allerlei Eide und die Rituale zogen sich schier endlos hin. Ki ließ den Blick über die Menge wandern und versuchte, dieselbe Freude zu empfinden, die er ringsum sah, doch alles, woran er in diesem Augenblick denken konnte, war, wie jung und zerbrechlich und tapfer und ausgelaugt Tobin – nein Tamír – wirkte.
    Im Geiste probierte er den unvertrauten Namen erneut aus und hoffte, er würde ihn sich einprägen. Er hatte den Beweis ihres Geschlechts mit eigenen Augen gesehen, dennoch weigerten sich sein Verstand und sein Herz, es hinzunehmen.
    Ich bin bloß müde.
    War es tatsächlich erst eine Woche her, seit sie auf Befehl des Königs nach Atyion geritten waren? Eine Woche, seit er die Wahrheit über Tobin erfahren hatte, seinen liebsten Freund, seinen Herzensbruder?
    Ki blinzelte das plötzliche Brennen in seinen Augen hinfort. Sein Freund war nicht mehr Tobin – er war eine Sie. Obwohl sie unmittelbar vor ihm stand, fühlte es sich an, als sei Tobin gestorben.
    Mit einem Seitenblick spähte er zu Tharin und hoffte, dass dieser seine Schwäche nicht bemerkt hatte. Er war Ki zugleich Lehrmeister und zweiter Vater und hatte ihn geschlagen, als er in jener Nacht entlang der Straße nach Atyion in Panik geraten war. Ki hatte es verdient gehabt und war dankbar für die Zurechtweisung gewesen. Ein paar Tage später war er zusammen mit Tharin und Luchs standhaft geblieben, als sich Tobin Bruders Knochensplitter und damit die Magie der Hexe auf den Stufen von Schloss Atyion aus der Brust geschnitten hatte, woraufhin das geheimnisvolle Feuer Tobins männlichen Körper hinwegbrannte. Entsetzt hatten sie mit angesehen, wie Tobin geblutet und gelodert und dennoch irgendwie überlebt hatte. Danach hatte er verdorrtes Fleisch wie eine Schlange die verbrauchte Haut des Vorjahrs abgestreift. Zurückgeblieben war an seiner Stelle dieses blasse, hohläugige Mädchen.
    Schließlich endeten die Rituale. Tharin und die neu gebildete Leibgarde formierten sich vor ihnen. Ki hielt sich dicht an Tamírs Seite und sah, wie sie ein wenig wankte, als sie vom Podium hinabstieg. Taktvoll schob er ihre eine Hand unter den Ellbogen und stützte sie.
    Tamír zog den Arm zurück, bedachte Ki jedoch mit einem matten, verkniffenen Lächeln, um ihm zu verdeutlichen, dass dies nur an ihrem Stolz lag.
    »Dürfen wir Euch in Eure alten Gemächer geleiten, Hoheit?«, fragte Tharin. »Dort könnt Ihr Euch ausruhen, bis woanders Vorkehrungen getroffen werden können.«
    Tamír schenkte ihm einen dankbaren Blick. »Ja, gern.«
    Arkoniel wollte dem Tross folgen, doch Iya hielt ihn zurück, und Tamír drehte sich weder um, noch rief sie die beiden Zauberer.
     
    Verwundete übersäten die Gänge des Palastes. Die Luft stank schal nach Blut, das die in die Böden eingelassenen Fischteiche rosa färbte. Überall arbeiteten drysische Heiler, überwältigt von der schieren Zahl jener, die ihre Fertigkeiten brauchten. Traurig sah sich Tamír um, während sie voraneilten, und Ki erahnte ihre Gedanken. Diese Soldaten hatten unter Erius’ Banner gekämpft und waren für Ero gefallen. Wie viele hätten für sie gefochten? Und wie
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