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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung
Autoren: N Marni
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fortgeführt hätte.
    »Man darf es ihm nicht zum Vorwurf machen, hoffte er doch, dass Papst Benedikt XVI. mit dem ökumenischen Unsinn seines Vorgängers brechen und den muslimischen Heiden entschiedener entgegentreten würde. Doch selten hat ein Heiliger Vater unsere Hoffnungen mehr enttäuscht als dieser.«
    »So ist es. Er hat nicht einmal diese haarsträubende Regel abgeschafft, die uns Kardinäle zwingt, nach Erreichen des fünfundachtzigsten Jahres in den Ruhestand zu treten.« Für Monteleone, der sich von dieser Regelung betroffen sah, stellte dieser Zwang die größte Zumutung seiner Laufbahn dar.
    Sein Gast nickte. »So ist es! Der Heilige Vater bleibt im Amt, solange er lebt, doch seine Kardinäle müssen ihre Stühle räumen. Dies ist ungerecht und muss geändert werden.«
    »Es ist viel aus dem Lot geraten in unserer heiligen Kirche. « Der Kardinal seufzte und führte seine Tasse zum Mund. Diese war jedoch leer, und er wollte bereits nach Graziella rufen, als der Griff um seinen Arm fester wurde.
    »Du sagst es, Bruder! Die Gemeinschaft der Gläubigen ist in Schieflage geraten, weil viele ihrer Führer die alten Werte vergessen haben. Doch unsere Kirche war stets eine kämpferische Kirche und keine, die Schläge klaglos duldet. So wird es auch in Zukunft wieder sein. Die Filii Martelli werden es nicht hinnehmen, dass der Glaube bröckelt wie Parmesan, der zerrieben wird, und sie werden die Muslime in ihre Schranken weisen, gegen die wir bereits bei Tours und
Poitiers die Schwerter gezogen haben, um sie aus Europa fernzuhalten. Wir werden verhindern, dass sie unsere Länder überschwemmen und auf unseren Glauben spucken.« Winters Stimme hallte wie der Ruf eines zornigen Engels durch den Raum, und in seinen Augen blitzte ein Feuer, das auch den Willen des Kardinals entflammte.
    »Du hast recht, Bruder! Wir haben schon zu lange gewartet. Nun wollen wir uns wieder erheben und mit dem Hammer des Glaubens unsere Feinde niederstrecken.«
    »Du sagst es, Bruder Monteleone. Wir werden ein Fanal setzen, das die Welt erschüttern wird!«

SIEBEN
    G raziella verstand nur die Hälfte des halb auf Italienisch und halb auf Latein geführten Gesprächs, obwohl die eine ihre Muttersprache war und sie die zweite durch Schule und Studium ebenfalls einwandfrei beherrschte. Es lagen jedoch zu viele Andeutungen in den Worten des tedesco , mit denen sie nichts anzufangen wusste. Wie es aussah, gehörten er und ihr Großonkel einem ihr unbekannten Orden an, der sich durch höchst konservative Prinzipien auszeichnete. Bei dem Kardinal überraschte sie es nicht, denn er war stets ein strenger Mahner wahrer christlicher Werte gewesen.
    Der tedesco ging jetzt zu einem anderen Thema über und drang in den Kardinal, ihm bei seinem weiteren Aufstieg behilflich zu sein. »Es ist unabdingbar, dass das Oberhaupt unseres Ordens einen höheren Rang in der Kirchenhierarchie einnimmt, als ich ihn derzeit bekleide. In der Vergangenheit hat stets ein Kardinal die Söhne des Hammers geführt.«
    »Ich bin gerne bereit, mit Seiner Heiligkeit zu sprechen,
nur weiß ich nicht, ob er so rasch einen weiteren deutschen Kardinal ernennen wird. Wie du weißt, Bruder, wurde im letzten Jahr der Bischof von Trier in diesen Rang erhoben.«
    Graziella konnte deutlich heraushören, dass ihr Großonkel es genoss, von seinem Gast um Fürsprache gebeten zu werden. Wohl aus diesem Grund erklärte er recht ausführlich, mit welchen anderen Kardinälen und einflussreichen Kirchenmännern er sprechen wolle, um den Aufstieg seines Besuchers zu beschleunigen.
    »Du wirst vielleicht für ein oder zwei Jahre mit dem Rang eines Diözesanbischofs vorliebnehmen müssen, wenn es uns nicht gelingt, dich sofort zum Erzbischof ernennen zu lassen. Der Kardinalsrang wird dann gewiss nicht mehr lange auf sich warten lassen.«
    »Das will ich hoffen. Ich kann nur dann im Sinne unserer erhabenen Gemeinschaft wirken, wenn ich voll in die Spitze unserer apostolischen Kirche eingebunden bin.« Winter klang nicht gerade bescheiden, sondern so, als fordere er ein ihm zustehendes Recht. Über so viel Impertinenz konnte Graziella nur den Kopf schütteln.
    Da sich die Unterhaltung der beiden Herren nun wieder alltäglichen Themen zuzuwenden schien, verließ sie ihren Lauschposten und kehrte in ihr Zimmer zurück. Es geschah keinen Augenblick zu früh, denn kaum saß sie in ihrem Sessel und hatte ein Buch zur Hand genommen, da wurde die Tür aufgerissen und der Sekretär des
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