Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition)
Autoren: Andrea Tillmanns
Vom Netzwerk:
er, „ich kenne die Gerüchte auch, aber meine Frau – sie ist nicht tot. Sie hat mich nie verlassen, auch wenn ich sie wohl nie wieder werde sehen können. Die, die ich getötet habe, war – ein Baby. Meine Tochter.“
    Nur mit Mühe konnte er seine Tränen zurüc k halten. Sinja schwieg betroffen. Dann kam ihr ein verrückter G e danke, den sie sogleich wieder zu verwerfen trachtete, dennoch ging er ihr nicht aus dem Sinn, bis sie endlich ihren Mut zusamme n nahm und ihn fragte: „Deine Tochter – wie …?“
    Noch immer gelang es ihm, die harte Fassade aufrecht zu erhalten, als er antwortete: „Ich habe sie ausgesetzt. Als ich wieder zu Hause bei meiner Frau war, wurde mir erst ric h tig bewusst, was ich getan hatte, und ich eilte sofort zurück zu der Straße, auf der auch wir nach Jhalia g e kommen sind. Aber sie war schon fort, wahrscheinlich von einem wilden Tier verschleppt …“ Er schien die Tränen nicht zu beme r ken, die seine Augen nun überfluteten.
    Sinja konnte vor Aufregung nicht sprechen. War es mö g lich? Aber welch Zufall wäre es gewesen, hätten die Schwestern ihr den gleichen Namen gegeben, den auch E godow und seine Frau für ihr Kind erwählt hatten! Oder war Cindra gar nicht der Name ihrer Tochter gew e sen? Nein, es konnte nicht sein, sie machte sich nur etwas vor. Derlei Träumereien würden zu nichts führen. Sie konnte nicht damit rechnen, ihre Eltern zu finden und von ihnen zudem so schmerzlich ve r misst zu werden, wie der Mann seine eigene Tochter vermisste. Würde sie ihm erzählen, dass auch sie einst in der Nähe von Jhalia ausgesetzt wo r den war, so würde sie nur eine sinnlose Hoffnung in ihm wecken und seinen Schmerz noch vergrößern. Dennoch, da sie sich an die Gerüchte über den Fluch, der auf Egodow lastete, erinnerte, konnte sie nicht umhin, ihn zu fragen, warum er bei der ersten Erwähnung ihres Namens zusa m mengezuckt war. Und wirklich antwortete er: „Unsere Tochter trug einst den gleichen Namen. Wir ließen sie taufen, an dem Morgen, als sie g e boren wurde, obwohl Sorkan mich schon Tage vorher g e warnt hatte, ich müsse sie töten. Den Taufstein habe ich in dieser Nacht selbst angefertigt – sicher hat er ihr den Weg in den Himmel geebnet.“ Er konnte nicht weite r sprechen.
    Auch Sinja war überwältigt von einer Flut von G e danken, die alle nur einen einzigen Schluss z u ließen. Kein Wunder, dass sie sich Egodow so verbunden gefühlt und ihn doch so g e hasst hatte. Jetzt, da sie seine Beweggründe kannte, konnte sie ihn verstehen, und sicher würde sie ihm auch alles irgendwann einmal verzeihen. Nur – wie würde er re a gieren, wenn sie ihm ihren Taufstein zeigen würde? Sie hatte nie gefragt, warum die I n schrift nicht Sinja, sondern Cindra lautete und dies immer darauf zurückgeführt, dass die fahrenden Spielleute sie vielleicht hatten taufen lassen; jetzt kannte sie den wahren Grund.
    Eines jedoch verstand sie immer noch nicht: Wenn sie E godow den Tod bringen sollte, wie der Fluch es besagte, warum hatte ihr Traum sie dann davon abgehalten? Und, was ihr noch wichtiger war, wo mochte ihre Mutter sein, wenn sie wirklich noch lebte? So schlecht es Egodow auch gehen mochte, sie konnte mit ihrer Frage keinen M o ment länger warten: „Wo ist sie, meine … deine Frau?“
    Als seine Hand unwillkürlich zum Schwertknauf griff, fürchtete sie schon, einen schlimmen Fehler gemacht zu haben, und tastete schnell nach dem Messer unter ihrem Wams, bevor sie sich wieder beruhigte. Egodow zog Tal i van sehr langsam und behutsam aus der Scheide, bis das Schwert auf seinen Händen ruhte, und betrachtete es fast zärtlich. Endlich schien er zu einer Entscheidung g e langt und hob gerade zu sprechen an, als sich plötzlich in einer Ecke des Raumes ein Luftwirbel bildete, um Sekunden sp ä ter einen großen, hageren Mann freizugeben, der sich mit höhnischem Grinsen den beiden erstarrten Personen z u wandte: „Hast du etwa geglaubt“, fragte er den Mann mit unverhohlener Herablassung, „mich so hinte r gehen zu kö n nen? Du hast es doch schon einmal versucht und gesehen, was es dir gebracht hat!“
    Dann drehte er sich zu Sinja um, die ihn verständnislos a n sah: „Und du, meine kleine Cindra, hast wirklich übe r -
lebt … Na, was soll ich denn d a zu sagen? Leider hast du einen großen Fehler gemacht – wärst du nur in Aralei g e blieben, dann hättest du von mir aus noch ein wenig weite r leben können …“
    Jetzt begriff auch Egodow. „Aber
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher