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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung
Autoren: Raymond E. Feist
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Kaiserreich eröffnete eine neue Ordnung, und es schien, als würde dieses bemerkenswerte Paar, das seine Erneuerung herbeigeführt hatte, selbst das leuchtendste Beispiel von allen sein. Männer, die diesen Wechsel mit Vorbehalt begrüßt hatten, fühlten sich zur nochmaligen Prüfung veranlaßt. Sie waren soeben Zeugen des Inbegriffs der Ehre geworden. Nicht zu versuchen, die von Lady Mara und Lord Hokanu gesetzten Maßstäbe zu erreichen, hieß die Bedeutung und Beschämung neu zu erlernen.
    Der Junge auf dem goldenen Thron, der gerade einem geliebten Vater entsagt hatte, bemühte sich, den schweren Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken, Er warf einen raschen Blick auf seine Braut Jehilia und schluckte erneut. Dann straffte er seine Schultern, die plötzlich von dem Gewicht des kaiserlichen Mantels niedergedrückt zu werden schienen, und winkte seinen Herold herbei.
    Als nächste wurde Lady Mara von den Acoma, Gute Dienerin des Kaiserreiches, aufgerufen.
    Sie schien es zuerst nicht zu hören, so sehr waren ihre Augen auf den leeren Gang gerichtet, den Hokanu gerade erst verlassen hatte. Dann richtete auch sie sich auf und erklomm die Stufen zum Podest, um sich vor dem Licht des Himmels zu verbeugen.
    Justin hatte genug von eingeübten Reden. Er konnte es nicht mehr ertragen, sich an Formen zu halten, die er einstudiert hatte. »Mutter!« rief er, und ein schelmisches Grinsen verzog seine Lippen. »Du, die jeden bisherigen Guten Diener und jede bisherige Gute Dienerin im Dienst gegenüber unserem Kaiserreich übertroffen hat …« Justin machte eine Pause und erhielt einen Rippenstoß von Jehilia. Er warf ihr einen überraschten Blick zu und fuhr fort: »Du wirst die Regentschaft unserer Herrschaft übernehmen, bis zu unserem fünfundzwanzigsten Geburtstag.«
    Höflicher Applaus erfüllte die Audienzhalle, an Stärke zunehmend, bis Jubel ausbrach, zuerst von der Ehrengarde der Acoma, dann als Antwort von den Kaiserlichen Weißen und den Kriegern der Shinzawai. Dann standen die Lords nacheinander auf und riefen Lady Mara ihre Anerkennung zu. Justin winkte, um den Anstand aufrechtzuerhalten, doch es dauerte lange, bis wieder Ordnung einkehrte. In die Welle aus zögernd unterdrückter Bewunderung sprach er hinein: »Für Euch, Lady Mara, der größten Dienerin des Kaiserreiches, halten wir es für angemessen, einen neuen Titel zu schaffen.« Justin stand auf, die Hände hoch erhoben. »Wir ernennen Lady Mara zur Herrin des Kaiserreiches! «
    Der Lärm wurde ohrenbetäubend. Mara stand inmitten der bewundernden Blicke, verblüfft und zufrieden – und traurig.
    Sie hatte niemals um Macht oder öffentliche Verherrlichung gebeten. Alles, wonach sie immer gestrebt hatte, war, den Namen ihrer Familie zu retten.
    Wie seltsam es war, daß sie im Laufe ihres von den Göttern zugestandenen Lebens begonnen hatte, alle Nationen als ihre Familie zu betrachten, und daß ihr Sohn, das Kind eines barbarischen Sklaven, den höchsten Thron und den Titel Licht des Himmels erworben hatte.

    Lord Kedas Neugier bezüglich des geheimnisvollen Mannes, der die Rüstung eines Kaiserlichen Weißen trug, wurde nicht vor dem Nachmittag befriedigt, als der junge Kaiser eine geschlossene Sitzung mit wenigen Auserwählten im Arbeitszimmer seiner Privatgemächer einberief.
    Der Raum war kein kleines Zimmer, sondern selbst eine große Halle; die goldumrandeten Läden glänzten und waren mit alten Gemälden versehen. Justin hatte seine kaiserliche Rüstung abgelegt und für dieses Treffen eine goldumrandete Robe angezogen, die er aus der Garderobe seines Vorgängers geliehen hatte. Der Stoff hing von seiner jungen Gestalt herab, er war am Saum und an den Schultern mit seltenen Metallklammern zusammengesteckt.
    Lord Keda trat ein. Er verbeugte sich vor dem niedrigen Podest, auf dem der Junge sich auf Kissen niedergelassen hatte, dann blickte er interessiert auf die anderen Versammelten.
    Lady Mara trug noch das Rot der Trauer. Bei ihr war der geheimnisvolle Leibwächter, sein Haar feucht von einem kürzlichen Bad, der aufrechte, hagere Körper nicht mehr in einer weißen Rüstung verborgen. Er trug jetzt eine unauffällige Robe, die geschickt in Grün eingefaßt war. Das Gesicht des Mannes war von regloser Wachsamkeit. Geschickte Hände lagen ordentlich gefaltet in seinem Schoß. Nur die Augen verrieten seinen Intellekt, und sie beobachteten, ohne daß ihnen etwas entging. Schnell mußte der Bursche sein, entschied Lord Keda, und er schien Menschen
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