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System Neustart

System Neustart

Titel: System Neustart
Autoren: William Gibson
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ich mir diese Möglichkeit verbaut. Aber dann ist meine Freundin in Schwierigkeiten geraten. Essig und braunes Papier.«
    »Essig?«
    »Ein improvisiertes Putzmittel. Was eben gerade zur Hand ist.«
    »Ich beschwere mich ja nicht. Aber was ist mit Gracie? Wird der uns nicht verpetzen?«
    »Das ist das Schöne daran«, sagte er und legte ihr die Hände auf die Hüften. »Er weiß gar nichts über uns. Na ja, ein bisschen vielleicht über dich, von Sleight, aber Sleight ist jetzt plötzlich führungslos, seit Gracie ein heimlicher Gast Ihrer Majestät ist. Ich glaube, det hat genug damit zu tun, zu dieser ganzen Sache auf Distanz zu gehen. Und der Alte sagt, dass es noch viel besser kommt.«
    »Inwiefern?«
    »Die amerikanische Regierung scheint Gracie nicht zu mögen. Da drüben tauchen dauernd alle möglichen Dinge auf. Die unterschiedlichsten Behörden interessieren sich für ihn. Hier wird man irgendwann feststellen, dass ihm irgendjemand einen Streich gespielt hat, aber dann wird er zu Hause echte Probleme bekommen. Hoffe ich jedenfalls. Langfristig mache ich mir mehr Sorgen um Big End.«
    »Warum?«
    »Da ist irgendwas im Busch. Etwas, das zu groß ist, um es in den Griff zu bekommen. Aber der Alte sagt, darum ging es genau: Big End ist jetzt aus irgendeinem Grund zu groß, um ihn in den Griff zu bekommen. Vielleicht ist es das, was gemeint ist, wenn man sagt, dass etwas zu groß ist, um zu scheitern.«
    »Er hat Merediths letzte Schuhkollektion aufgespürt. In Tacoma. Er hat sie gekauft und ihr geschenkt. Das Ganze lief über irgendeine neue Firma, die Künstler ins Visier nimmt und ihnen hilft.«
    »Von denen möchte ich nicht unbedingt »ins Visier‹ genommen werden.«
    »Und er hat mich bezahlt. Mein Steuerberater hat heute Morgen angerufen. Was mir etwas Sorgen bereitet.« »Warum?«
    »Hubertus hat mir genau den gleichen Betrag gezahlt, den ich für meinen Anteil an der Lizenz eines Curfew -Songs bekommen habe, die an einen chinesischen Autohersteiler ging. Das ist ein Haufen Geld.«
    »Und wenn schon.«
    »Das sagst du so! Ich möchte nicht in seiner Schuld stehen.«
    »Das tust du auch nicht. Ohne dich stünde er jetzt wahrscheinlich ohne Chombo da, weil ich dann gar nicht erst hier aufgetaucht wate. Und wenn er ihn gegen Milgrim ausgetauscht hätte, hätte er es irgendwann mit Sleight und Gracie zu tun bekommen. Ich hab ihm damit keinen Bären aufgebunden, und das weiß er. Du bist belohnt worden, weil du einen entscheidenden Beitrag zu seinem Erfolg geleistet hast.«
    »Und jetzt ist er unterwegs nach Island.«
    »Soll er doch. Wie kommst du mit Küchen klar?«
    »Kochen? Nur sehr bedingt.«
    »Nein, du sollst eine gestalten! Ich hab eine Wohnung in Berlin. In einem Neubau im Osten - das ursprüngliche Gebäude bestand ganz aus Asbest und musste abgerissen werden. Ein einziges riesiges Zimmer und ein Bad. Keine Küche, lediglich ein paar Rohranschlüsse, die aus dem Boden ragen, irgendwo in Mitte. Da müssen wir uns etwas einfallen lassen, wenn wir dort wohnen möchten.«
    »Willst du in Berlin leben?«
    »Vorläufig ja. Aber nur, wenn du das auch willst.«
    Sie sah ihn an. »Als ich das Cabinet verlassen habe«, sagte sie, »um zu dir in den Lieferwagen zu steigen, hat mir Robert gratuliert. Ich hab ihn nicht gefragt, wozu. Er hat sich ziemlich merkwürdig benommen, seit du aufgetaucht bist. Hast du eine Ahnung, was er damit meinte?«
    »Ach. Ja. Als ich auf dich gewartet hab, haben wir eine Weile gequatscht, und da hab ich ihm erzählt, dass ich dich fragen will, ob du mich heiraten möchtest.«
    Sie starrte ihn an. »Und da hast du gelogen.«
    »Keineswegs. Es hat sich nur noch keine Gelegenheit ergeben. Wahrscheinlich glaubt er, dass wir verlobt sind.«
    »Und du?«
    »Das ist deine Entscheidung. Traditionsgemäß«, sagte er und legte das Bungeeseil beiseite.

86. Spitzendeckchen
    Fiona ließ sich gerade die Haare schneiden.
    Milgrim blieb in der Kabine, las Hollis' Buch zu Ende und vergrub sich dann tiefer in das archivalische Kellergeschoss der Internetseite des Cabinet, wo er zum Beispiel herausfand, dass die Aquarelle in den Gängen, die zu Hollis' Zimmer führten, aus dem frühen 20. Jahrhundert stammten, und zwar von dem im Ausland lebenden amerikanischen Exzentriker Doran Lumley. Das Cabinet besaß dreißig davon und hängte sie in stetem Wechsel auf.
    Er schaute sich in der Kabine um, und dabei musste er an Hollis' Zimmer denken und daran, wie sehr es ihm gefallen hatte. Die Raumausstatter
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