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Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)

Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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begann sich zu bilden, wie dies Wolken im Spiel des Windes tun, und etwas Lebendiges schien sich darin zu befinden und ihm entgegen zu streben, so als würde es seine Witterung aufgenommen haben und nun sein Ziel suchen. Radik empfand keinerlei Angst und blickte dem Wesen offen entgegen, das immer mehr Gestalt annahm.
    Er erkannte nun klar Umrisse und sah die leicht nach unten gewölbte Linie des Rückens, den vorgestreckten, kräftigen Hals und die weit geblähten Nüstern. Dies also war das mächtige Tier, das Radik am Vortag mit Herzklopfen bewundert hatte. Er richtete sich auf und wollte sich dem weißen Ross zuwenden. Doch er fiel wieder zurück ins Kornfeld, das jetzt nicht mehr so weich war.
    Radik erwachte und lag neben der Bank auf dem Boden. Einen Augenblick brauchte er, um zu begreifen, dass er gerade aus einem Traum erwacht war.
    Er stand langsam auf, starrte ins Dunkel und vernahm die gleichmäßig tiefen Atemzüge des Vaters. Sonst war nichts zu hören, also waren die anderen durch Radiks "Ausflug" nicht gestört worden.
    Die innere Erregung war zu groß, um einfach weiterschlafen zu können und so schlich Radik zur Tür und ging leise hinaus.
    Draußen war es kaum kühler, als in der Hütte, aber die Luft roch frisch nach See und er nahm ein paar tiefe Atemzüge.
    Es schien zunächst vollkommen ruhig, doch als Radik stehen blieb und lauschte, nahm er das Rascheln der vom leichten Wind bewegten Blätter des nahen Birkenwäldchens und das gleichtönige Rauschen der schwachen Brandung wahr.
    Zwei Schritte weiter entfuhr ihm der letzte Rest an Schlaftrunkenheit, als er in ein paar Kleckse Hühnerscheiße trat. Wie zur Bestätigung gackerten leise die Hühner in der anderen Ecke des Hofes.
    "Ach ihr könnt wohl auch nicht schlafen?", dachte Radik und fragte sich, wovon wohl die Hühner träumen mochten und als er sich vorstellte, wie die Hühner auf Pferden über die Felder ritten, lachte er kurz laut auf.
    Er ging in Richtung des Mondes, der die Form einer dicken Sichel und die Farbe von dunklem Bernstein hatte und betrachtete diesen gedankenverloren. Als kleiner Junge war er einmal auf den Mond zugelaufen und hatte immer gedacht, dass er ihn erreichen oder sich ihm doch wenigstens soweit nähern müsste, dass er erkennen könnte, ob der Mond tatsächlich aus Honig besteht, wie seine Mutter immer gesagt hatte. Aber es gelang ihm nicht und letztendlich brachte es ihm nur eine Tracht Prügel des Vaters ein, der ihn am Morgen hatte suchen müssen und ihn zusammengekauert schlafend unter einer großen Eiche gefunden hatte. Als sein Vater ihn zurückbrachte, war er ganz enttäuscht, wie dicht sie noch am Dorf waren, obwohl er doch meinte, die ganze Nacht gelaufen zu sein.
    Der Mond stand jetzt ungewöhnlich tief und sah größer aus als sonst. Er schien fast genau aus der Richtung, in der am Abend zuvor die Sonne rot wie ein glühendes Holzscheit untergegangen war und als Radik nach Norden schaute, erblickte er einen hellen Schein am Horizont. Er wusste, dass dieser noch weiter nach Osten wandern und dann die Sonne in ihm aufgehen würde.
    Noch aber war der Mond Beherrscher des Himmels. Er erhellte die ganze Umgebung, wenn er auch nicht die brennende Kraft der Sonne besaß und obwohl er nur als Sichel am Firmament stand, strahlte er doch mit soviel Licht, dass die Büsche und Bäume der Umgebung lange Schatten warfen.
    Radik drehte sich um und entdeckte, dass auch er sich dunkel auf der mondhellen Wiese abzeichnete und sprang sogleich ein paar Mal hin und her, um zu sehen, wie sein Schatten ihm augenblicklich folgte. Früher hatte er versucht, schneller als der Schatten zu sein, vor ihm wegzulaufen oder auf ihn zu treten. Jetzt hatte er wieder Lust, es zu probieren, obwohl er sicher wusste, dass es nicht klappen konnte. Aber war nicht vielleicht in dieser Nacht alles möglich, war er nicht noch eben auf einem weißen Pferd durch die Felder geritten und ritten nicht nur die mächtigsten Götter auf weißen Pferden zur Jagd. Das war doch mehr als ein Traum!
    Radik griff einen Ast, der vor ihm am Boden lag und hielt ihn wie ein Schwert vor sich, dann sprach er zu seinem Schatten, der nun auch bewaffnet war.
    "Ich bin Radik, der Hüter des Tempels und Krieger des Svantevit! Ergebe dich, so werde ich dein Leben schonen!"
    Er sprang auf den Feind zu, der ihm aber geschickt im letzten Augenblick auswich und sich sofort wieder trotzig vor ihm aufbaute. Radik versuchte es erneut und begann nun, schneller zu werden, aber
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