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Suter, Martin

Suter, Martin

Titel: Suter, Martin
Autoren: Allmen und die Libellen
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sich in einen der Sessel und wartete.
Carlos stellte sich ein paar Schritte hinter ihn und tat wachsam.
    Einer der Geschäftsleute checkte aus, deponierte aber sein
Gepäck. Der andere checkte aus und reiste ab. Der dritte gab den Schlüssel ab
und sagte: »Auf Wiedersehen.«
    Terry Werenbusch hatte Verspätung.
    Ein Mann, der aussah, als habe er eine lange Autofahrt
hinter sich, kam an und versicherte sich, dass sein Zimmer kein
Nichtraucherzimmer war.
    Ein Paar sehr unterschiedlichen Alters checkte ohne Gepäck
ein.
    Die Teilnehmer einer Veranstaltung in einem der beiden
Seminarräume tröpfelten herein.
    Endlich kam Terry Werenbusch. Er zog einen geräumigen
Rollkoffer hinter sich her und entdeckte Allmen sofort.
    Der stand auf, begrüßte ihn aus der Distanz und
komplimentierte ihn zum Lift. Carlos folgte ihnen.
     
    Terry Werenbusch gab ein seltsames Bild ab, als er die
Schalen aus ihrer Polsterfolie wickelte. Schüchtern, fast ehrfürchtig und mit
leicht hängendem Unterkiefer hielt er die Kunstwerke in den Händen. Mit jedem
ging er ans Fenster, prüfte es bei hellem Tageslicht, vertieft,
selbstvergessen, ohne auf Allmen und Carlos zu achten.
    Erst als er beginnen wollte, die Schalen in das Seidenpapier
und die Polsterfolie zu verpacken, die er seinem Rollkoffer entnommen hatte,
machte sich Allmen bemerkbar.
    Terry sah verwundert auf, erinnerte sich und warf einen
dicken gelben Umschlag aufs Bett. Er enthielt - nach Carlos' Zählung, Allmen
ließ sich nicht zum Zählen herab - exakt fünfhundert Tausendernoten.
    Sie fuhren in die Lobby hinunter wie Hotelgäste, die sich
ein erstes und letztes Mal im Lift begegnet sind, und trennten sich grußlos,
ohne sich noch einmal umzuwenden.
     
    Die Rückfahrt verlief ohne Zwischenfälle. Der Himmel war
jetzt wolkenlos, die Temperaturen lagen weit über null, die Straßen waren
schneefrei, und Herr Arnold war nicht mehr auf die Verkehrsmeldungen
angewiesen. Es lief wieder Glenn Miller.
    Allmen ließ Herrn Arnold vor dem Hotel Confederation
halten und warten, bis er ausgecheckt hatte.
    Während Carlos packte, gab Allmen telefonisch einen
äußerst sachdienlichen Hinweis an die Kantonspolizei St. Gallen.
     
    Der Wärmeeinbruch hatte den Schnee im Park der Villa
Schwarzacker bis auf ein paar gräuliche Flecken weggeschmolzen. Nach den
letzten Frosttagen hatten die Blätter zu fallen begonnen. Der Föhnwind holte
sie von den Bäumen und trieb sein Unwesen damit. Carlos war den ganzen Tag
damit beschäftigt, die Wege freizuhalten. Der Verwalter der Treuhandfirma hatte
ihm schon genug Vorwürfe gemacht, dass er sich ausgerechnet an einem Tag, an
dem es schneite, freigenommen hatte. Allmen war unruhig. Aber er konnte nicht
gut die Polizei anrufen und nachfragen. Er musste darauf warten, dass sie sich
bei ihm meldete, wie es der Beamte am Telefon angekündigt hatte. »Für eventuelle
Rückfragen«, wie er sich ausgedrückt hatte.
    Er hätte sich jetzt gerne mit Klavierspielen abgelenkt
und vermisste seinen Bechstein. Dessen Ersatz würde die erste Anschaffung
sein, die er sich leisten wollte.
    Er versuchte, mit Hilfe von Kommissar Maigret auf andere
Gedanken zu kommen, normalerweise ein todsicheres Rezept. Aber das
Kriminalistische an der Geschichte erinnerte ihn zu sehr an seinen eigenen
Fall.
    Er legte das Buch zur Seite, ging ans Büchergestell und
griff zu seinem anderen Fluchthelfer aus der Wirklichkeit: William Somerset
Maugham. Der Erzählband war englisch, und er las The Back
of Beyond. Aber auch George Moon, der scheidende Resident von Timbang
Belud, vermochte ihn nicht wie sonst zu fesseln. Er stellte sich an die rückwärtige
Glaswand und starrte in die schwarzgrüne Hecke, aus der vor kurzem Terry
Werenbusch auf ihn geschossen hatte.
    Carlos hatte das Einschussloch mit einem Klebeband
repariert. Wenn Allmen so davorstand, lag es genau auf der Höhe seines Herzens,
das jetzt wild klopfte beim Gedanken daran, wie knapp er dem Tod entgangen und
wie unerschrocken er dem, der ihn beinahe ermordet hatte, begegnet war.
    Er legte eine cd von Neil
Young ein, Harvest. Aber das Album erinnerte ihn an
die Zeit im Charterhouse und dadurch an Terry. Er drückte auf off.
    Kurz vor fünf hielt er es zu Hause nicht mehr aus. Er zog
sich um, bestellte Herrn Arnold und ließ sich in die Goldenbar fahren. Dort
trank er eine Margarita und versuchte, Kellermann, Kunz und Biondi nicht bei
ihrem Gespräch über den Mord an Tanner zuzuhören. Man wisse noch nichts Neues,
bekam er mit. Die
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