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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price
Autoren: Die Elfling Saga
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gegen ein weiteres Balg einzuwenden, das man zur Arbeit schicken konnte.
    Königin Ealdfrith hatte nie an den Geliebten ihres Gemahls Anstoß genommen. Die beiden hatten eine politische Ehe geführt, und sie hatte weder Liebe noch Treue von ihrem Gatten erwartet. Und nachdem Vater Fillan Christus an ihren Hof gebracht hatte, war sie ihren eigenen Interessen gefolgt: Beten und Fasten. Aber dieses Ding . Das Ding war nicht einmal eine Frau gewesen.
    Es war eines der Geschöpfe gewesen, welche der Teufel in die Welt schickte, ein Dämon, dessen ganzes Streben darauf ausgerichtet war, Menschen zum Lügen und Stehlen, zu Mord und Gier, zu Lust und Neid und zu allen anderen Sünden zu verleiten, welche das Leben auf Erden so elendig machten. Der Dämon war in Gestalt einer Frau aus dem Wald gekommen, diesem wilden, unheiligen Ort – doch nur in der äußeren Gestalt –, und weil das nicht seine wahre Gestalt war, war er imstande gewesen, eine Erscheinung von unirdischer Schönheit vorzugaukeln. Er hatte den König in Bann geschlagen. Als die Geschichten an den Hof der Königin gelangten – von den Erzählern romantisch ausgeschmückt, versteht sich –, wie der König die Schöne auf einer Jagd im Wald gefunden und sie vor sich hoch zu Ross heimgeführt hatte, hatte die Königin vor Empörung laut aufgeschrien. Das war eine Beleidigung nicht nur für sie, sondern auch für ihren neuen Glauben. Der Teufel, der sich durch die Wiederkunft Christi bedroht fühlte, versuchte den neuen Glauben zu vernichten, solange dieser noch schwach war.
    »Die Elfenfrau war wunderschön«, sagte Athelric und blickte auf das Gesicht seines sterbenden Bruders hinab. »So schön – geradezu unheimlich schön. Wenn man sie anblickte, lief es einem kalt über den Rücken.«
    »Hast du je ihren Rücken gesehen?«, fragte Unwin, und Hunting lachte. Die Waldgeister – man behauptete das jedenfalls, ganz gleich, ob man sie Elfen oder Teufel nannte – vermochten sich nie ganz als Menschen zu verkleiden. Deshalb wandten sie einem nie den Rücken zu, denn, wie schön sie auch zu sein schienen, von hinten sahen sie wie gespaltene, verfaulte, ausgehöhlte Bäume aus.
    »Was weißt du schon!«, sagte Athelric. »Du hast sie nie gesehen. Du hast ja ständig mit deiner Mutter auf den Knien gelegen.« Höhnisch lächelnd winkte er ab und deutete auf Vater Fillan und den mit Juwelen geschmückten Leichnam.
    Unwins großer Mund schmollte noch mehr, als er die vollen Lippen fest zusammenpresste und sich eine Antwort verbiss. Er verstand die Schmähung. Laut Athelrics Meinung war jeder Mann, der zu einem Friedensfürsten betete, welcher seine Anhänger aufforderte, auch die andere Wange hinzuhalten, wenn jemand sie schlug, ein Feigling und ein Schwächling.
    »Das Geschöpf war eine Teufelin«, erklärte Vater Fillan mit fester Stimme. »Beweis ist, dass sie bei der Geburt des Sohns des Königs starb. Sie vermochte nicht den Funken von Gottes Schöpfung zu ertragen, nicht einmal in einem halbsterblichen Kind.«
    Athelric wollte gerade fragen, ob jede Frau, die im Kindbett starb, demnach eine Teufelin sei, als der König hustete und erneut die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. »Ich muss ihm die Letzte Ölung verabreichen«, sagte Vater Fillan.
    Athelric hielt mit ausgestrecktem Arm den Priester zurück. »Du bleibst fern von ihm! Solltest du dich nähern und auch nur ein einziges Wort deiner üblen Zaubersprüche von dir geben, schlag ich dich nieder!« Dann beugte Athelric sich über den König und küsste ihn auf die Stirn. »Geh, mein Bruder! Geh deinen Weg sicher zu Wodens Halle.«
    Leise begann Vater Fillan ein Totengebet zu sprechen. Der rasselnde Atem des Königs verstummte. Man hörte nur das geflüsterte Gebet. Wulfweard rang hörbar nach Luft, ansonsten herrschte Schweigen. Unwin drückte den Jungen an die Brust. Das Kerzenlicht waberte über dem Leichnam, der so zerbrechlich war, dass er sich kaum unter der Bettdecke abzeichnete.
    Das Gebet war zu Ende. Tiefe Stille herrschte im Gemach. Unwin räusperte sich, ehe er sprach. »Der Rat darf nie und nimmer den Bastard wählen.« Er hustete abermals. »Es gibt keinen Grund zu erwähnen, dass unser Vater je –«
    »Ich werde den Ältesten seine letzten Worte vortragen«, unterbrach ihn Athelric. Er und Unwin wechselten Blicke über das Bett. Als Antwort auf Unwins unausgesprochene Frage fuhr Athelric fort: »Mein Bruder, der König, hat Elfling zum Nachfolger benannt. Es ist meine Pflicht, seinen
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