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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Worth, Texas?«
    »Ja, das stimmt. Ich habe hier eine Elizabeth Eisenberg in der Buchhaltung, aber keinen Boyd Eisenhower.«
    »Er ist in der Abteilung für Telefonmarketing«, sagte Honey.
    »Das müsste unser Callcenter bei Relentless sein, aber da ist trotzdem kein Eisenhower eingetragen. Tut mir leid.«
    Honey legte auf. Der Kerl, der versucht hatte, ihr eine Hobbyranch am Suwannee River anzudrehen, hatte offenbar einen falschen Namen angegeben oder zumindest einen falschen Nachnamen. Honey dachte bei sich, dass »Boyd« kein Name war, den sich ein Mann für sich selbst ausdenken würde.
    Also wartete sie zehn Minuten und rief noch einmal an. Wie sie gehofft hatte, meldete sich eine andere Telefonistin. Honey gab sich als Ermittlerin des Kraftverkehrsamtes von Texas aus. In Denton hätte es einen schlimmen Unfall gegeben, sagte sie, an dem ein Mann beteiligt gewesen war, der behauptete, bei RTR zu arbeiten.
    »Leider ist sein Führerschein im Feuer geschmolzen«, erklärte Honey. »Wir versuchen lediglich, seine Angaben zur Person zu bestätigen.«
    »Was haben Sie für einen Namen?«, wollte die Frau von der Telefonzentrale wissen.
    »Also, das ist ja das Problem. Im Augenblick weiß der arme Kerl nur noch seinen Vornamen – Boyd«, erwiderte Honey. »Er war mit ungefähr achtzig Sachen auf der Interstate unterwegs, als er ausgeschwenkt ist, um einem Kaninchen auszuweichen, und sich siebenmal überschlagen hat. Hat sich ziemlich übel die Birne angehauen, aber jetzt ist er endlich aus dem Koma aufgewacht.«
    »Sagten Sie ›Boyd‹?«
    »Genau.« Honey buchstabierte der Telefonistin den Namen. »Ist es möglich, die Angestelltenliste nur nach Vornamen zu durchsuchen? Wenn nicht, können wir auch einen Officer rüber-schicken, damit er Ihre Gehaltslisten durchgeht.«
    »Sekunde, ich lasse gerade die Liste durchlaufen«, antwortete die Frau.
    »Das ist wirklich nett von Ihnen«, sagte Honey mit einem Hauch von etwas, das sie für einen milden Laura-Bush-Akzent hielt. »Ich sage Ihnen, der Kerl muss wirklich was für Karnickel übrighaben …«
    »Ich habe nur einen Boyd gefunden«, meldete die Frau von der Zentrale. »Der heißt mit Nachnamen Shreave. S-H-R-E-A-V-E.«
    Honey Santana kritzelte den Namen auf ihre Serviette.
    »Aber die Sache ist die, er scheint gar nicht mehr hier zu arbeiten«, fügte die Telefonistin hinzu. »Hier auf meinem Bildschirm heißt es, er hätte heute die Firma verlassen.«
    »Was für ein komischer Zufall. Hat er gekündigt oder ist er gefeuert worden?«
    »Tut mir leid, aber ich habe keine zusätzlichen Informationen. Sie sagen, er kommt wieder in Ordnung?«
    »Die Ärzte haben Hoffnung.« Honey gab sich Mühe, aufmunternd zu klingen.
    »Nun ja, ich werde ein kleines Gebet für ihn sprechen.«
    »Das ist wahrscheinlich keine schlechte Idee.«
     
    Boyd Shreave sah keinen Grund, seine Frau davon in Kenntnis zu setzen, dass er geschasst worden war. Sein Plan war, Eugenie Fonda zu überreden, im Callcenter aufzuhören und sich einen Job zu suchen, in dem sie tagsüber arbeitete. So könnten sie sich nach der Arbeit treffen und sich bis Mitternacht in ihrer Wohnung verlustieren, während Lily glaubte, er hinge noch immer bei Relentless am Telefon. Es würde Wochen dauern, dachte er bei sich, bis sie merkte, dass er keinen Gehaltsscheck mehr bekam, so verschwindend gering war sein Beitrag zum Familieneinkommen.
    Beim Frühstück überraschte Lily ihn mit der Frage: »Also, was steht heute auf dem Tagesplan?«
    Boyd Shreave hatte keinen Tagesplan, wie seine Frau sehr gut wusste; keine Hobbys, Interessen oder intellektuelle Vorlieben. Um sich bei gewissen Vorgesetzten oder Großkunden einzuschmeicheln, hatte er im Laufe der Jahre mit diversen Aktivitäten angefangen (und sie schnell wieder bleiben lassen): Tennis, In-lineskaten, Skeetschießen, Trockenfliegen-Binden, Backgammon, Bridge und sogar Bonsai-Gärtnern. Tatsächlich füllte nichts seine wachen Stunden angenehmer aus als das Tagesprogramm im Fernsehen, bei dem er sich unweigerlich überlegen fühlte. Besonders faszinierten ihn die zahlreichen Talkshows, in denen irgendwelche gestörten Kretins über die Vaterschaft ungewollter Bälger debattierten. Für Shreave war ihr heiserer Jammer mehr als müßige Kurzweil; er bestätigte seine eigene höhere Position in der natürlichen Ordnung. Gemütlich mit einem Tablett voller Snacks vor den Plasmaschirm gefläzt, fand er Hoffnung in dieser Kavalkade pöbelnder, schäumender Idioten –

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