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Süßer der Punsch nie tötet

Süßer der Punsch nie tötet

Titel: Süßer der Punsch nie tötet
Autoren: Friederike Schmöe
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langen, dunklen Koteletten, die unter seiner Kochmütze hervorwucherten. Katinka ging hinüber.
    »Palfy, Privatdetektivin. Herr Meurer, ich muss mit Ihnen sprechen.«
    »Jetzt? Keine Zeit! Was machen Sie überhaupt hier? Wer hat Sie reingelassen?«
    »Sie könnten helfen, einer Unschuldigen in einem Mordprozess …«
    »Caro? Sie ist doch nicht etwa angeklagt?«
    »So schnell schießen die Preußen nicht. Aber die Schlinge zieht sich zu.« Katinka konnte sich allmählich vorstellen, selbst bei der Commedia dell’Arte eine gute Figur zu machen.
    »Warten Sie am Personaltisch auf mich. Ich komme, so schnell ich kann. Willi, wo sind die Leberknödel?«
    Zehn Minuten später rutschte Meurer neben Katinka auf die Bank. »Ich habe nur ein paar Minuten.« Er goss zwei Gläser mit Orangensaft voll. »Was ist mit Caro?«
    »Sie kennen sich?«
    »Wir mögen uns. Nicht, was Sie denken. Sie hat einen Geliebten. Einen von hier. Nein, ich mag ihre Art, wie sie ans Kochen herangeht. Nicht verbissen, nicht zwanghaft, nicht nur auf Moden und den schnellen Erfolg aus.«
    Katinka fragte sich, ob man dasselbe nicht von Claudius Gefell sagen konnte. »Sie haben an diesem Kochfestival teilgenommen.«
    Meurer wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht und leerte sein Glas. »Wenn Sie hier Tag und Nacht stehen und den Touristen das Maul stopfen, haben Sie manchmal das Gefühl, Ihr Leben verharrt im Nichts. Ich habe diesen Beruf gewählt, weil ich Kochen mal kreativ fand. Eine Kunst, wie Geige spielen oder malen.«
    »Das ist aber nicht so?«, fragte Katinka.
    »Es ist ein Knochenjob. In spätestens zwei Jahren will ich mich mit einem Partyservice selbstständig machen. Hochpreisig. Um andere Kunden zu haben als diese«, er wies hinter sich, »Fresssäcke. Für die ist das Essen gut, wenn es viel ist.«
    »Und heiß«, ergänzte Katinka.
    »Und pünktlich auf dem Tisch steht. So habe ich mir das nicht vorgestellt.«
    »Was denken Sie über die Morde?«
    Meurer goss Orangensaft nach. »Ausgeschlossen, dass Caro die Todesfälle provoziert hat. Für ein bisschen Werbung ihre Teilnehmer vergiften? Niemals. Sie müssen verstehen, Frau Palfy: Die meisten Köche haben mit großer Liebe zu ihrer Arbeit angefangen. Kochen ist für uns Passion, Hingabe. Dann kommt irgendwann die Ernüchterung: Der durchschnittliche Konsument will satt werden. Ist legitim. Aber Innovationen will er nicht. Was das Essen betrifft, ist der Deutsche erzkonservativ. Und der Franke erst recht.«
    »Sie meinen, Caro Terento ist genauso desillusioniert?«
    »Kann gar nicht anders sein. Ich habe immer auf einem Kreuzfahrtschiff kochen wollen. Habe ich drei Jahre lang gemacht. Ödnis pur. Kochen in mehreren Schichten, um alle satt zu kriegen. Die Essenszeiten müssen akribisch eingehalten werden, sonst klappt’s nicht mit dem Platzwechsel im Speisesaal. Rund um die Uhr haben wir den Leuten das Maul gestopft: Frühstück, zweites Frühstück, Mittagessen, Nachmittagsimbiss, Dinner, Mitternachtssuppe. In den Jahren auf See habe ich zehn Kilo abgenommen.«
    Katinka nickte mitfühlend. »Daher stellt so ein Wettbewerb für Sie und Ihre Kollegen eine Möglichkeit dar, aus der Routine auszubrechen.«
    Meurer schüttete das zweite Glas Saft hinunter. »Sie stehen Tag für Tag am selben Herd, mit denselben Kollegen, kochen dieselben Gerichte, Speisekarte rauf und runter. Da bleibt die Schöpferkraft schnell auf der Strecke.« Er schüttelte den Kopf. »Der Wettbewerb war ein Segen. Man musste sich in zwei Sparten beteiligen: Mit einer Menüfolge und einer Spezialität. Ich habe mir Leberkäse mit Kartoffelsalat rausgesucht. Gibt’s hier an jeder Straßenecke. Simpler geht’s nicht. Und schlechter auch nicht. Was die Leute ihren Verdauungsorganen zumuten! Für mich war klar: nur beste Zutaten. Kartoffelsalat ganz mager anmachen, den Leberkäse von einem vertrauenswürdigen Metzger beziehen. Geschickt würzen, Vorsicht mit Salz und Pfeffer, ein Hauch Muskat, denn Muskat trägt schnell auf. Ich habe einen trapezförmigen Leberkäse gehabt, dreieckige Spiegeleier, alles mit Safran bestäubt. Chili für den Kartoffelsalat.«
    »Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.«
    Meurer lachte.
    »Wie läuft so ein Wettbewerb?«, wollte Katinka wissen. »Wie gehen die Teilnehmer miteinander um?«
    »Sie hassen einander. Sie hassen sich dermaßen, dass man sich nicht mehr traut, aus einem fremden Topf zu naschen. Entweder dir klopft einer auf die Finger, oder du hast eine Portion Rattengift im
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