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Suesser Als Blut

Suesser Als Blut

Titel: Suesser Als Blut
Autoren: Suzanne McLeod
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einwandfrei. Covent Garden ist der Ort, an dem die meisten Hexen anzutreffen sind. Man kann dort jeden Zauber bekommen, den das Herz begehrt: einen Frisurenzauber, wenn der Mopp mal wieder nicht richtig sitzen will, oder einen Knebelzauber gegen den lauten Nachbarn, ja sogar einen Strafzettelabwehrzauber – obwohl so was natürlich verboten ist. In dieser Gegend zu arbeiten hat seine Vorteile, aber man muss natürlich auch auf der Hut sein. Eine verärgerte Hexe begnügt sich meist nicht damit, dich anzuschreien … Ein Gesicht voller eitriger roter Pickel sieht nie gut aus.
    »Was sagst du zu dieser Affenhitze?« Katies Stimme drang aus der Küche, wo sie sich mit Freddie, dem Koch, unterhielt. »Im Fernsehen haben sie gesagt, dass es seit zehn Jahren nicht mehr so heiß war!«

    Das war mein Stichwort, und ich fächelte mir mit der Speisekarte Luft zu, vor allem im Nacken, wo die schweißnassen Spitzen meines kurzen Haars klebten. Meine weiße Leinenweste war ja okay, aber die schwarze Leinenhose war ein Missgriff. Das Problem ist, ich bin kein Rocktyp und Shorts wären zu unprofessionell. Ich ließ meinen magischen Blick durchs Café schweifen. Für einen richtig guten Abwehrzauber, der die ganze Gewerbefläche absichert, braucht man ein ganzes Kapitel Hexen – dreizehn an der Zahl -, und das kostet eine schöne Stange Geld. Das konnte Freddie sich nicht leisten. Deshalb machte ich im Austausch für das eine oder andere Gratissandwich hier regelmäßig sauber.
    Das Café war magiefrei, aber von meinem Handy ging ein verdächtiger Schein aus. Kacke. Ich nahm es und warf einen Blick auf den daumennagelgroßen Kristall auf der Rückseite. Ein schwarzer, sternenförmiger Riss zerteilte den Kristall, als hätte sich ein Schiefer hineingebohrt.
    Verdammte Pixies. Und dabei war ich so vorsichtig gewesen, als ich hinter ihnen aufkehrte. Trotzdem war der Kristall beim Knacken der diversen Pixiezauber zersprungen. Jetzt musste ich mir einen neuen kaufen, wenn ich nicht riskieren wollte, dass das Handy beim nächsten Einsatz gebraten wurde. Und solche Dinger waren nicht gerade billig.
    Konnte mein Tag noch schlimmer werden?
    Resigniert ließ ich das Handy auf den Tisch fallen und warf gereizt einen Blick auf die Zeitungen. Am Kristall lag’s eigentlich gar nicht – obwohl das schlimm genug war -, denn London ist teuer, trotz des Mietgeldzuschusses, den ich zusätzlich zu meinem Gehalt bekam. Es lag auch nicht an den Pixies, sondern an den Vampiren. Warum waren sie auf einmal von ihrem blütenweißen, politisch korrekten Kurs abgewichen?
    Die Vampire waren in den letzten zehn, zwanzig Jahren aus ihren Särgen hervorgekrochen (nicht, dass ich je erlebt hätte, dass einer tatsächlich in einem Sarg schlief) und hatten ihr öffentliches
Image gründlich abgestaubt. Dank der Blutsauger hatte der Tourismus einen enormen Aufschwung genommen, und nicht wenige von ihnen – die präsentableren – gehörten nun zur Edel-Prominenz des Landes.
    Eigentlich erstaunlich, was man mit einer geschickten Werbekampagne, unbegrenzten Geldmitteln und ein paar Hochglanzfotos alles erreichen kann. Jetzt, wo Touristen und verblendete Teenager wie Katie ihnen förmlich die Türen einrannten, hatten die Vampire weder Mangel an Nahrung noch an Einkünften. Selbst der derzeitige Hype um den Mord hatte weniger damit zu tun, dass der Beschuldigte ein Vampir war, als vielmehr, dass er zur Hautevolee des Londoner Nachtlebens gehörte. Ich seufzte. Zumindest sorgten die neuen Gesetze dafür, dass die sechzehnjährige Katie noch zwei Jahre warten musste, bevor sie dem Objekt ihrer – von den Medien provozierten – Anbetung legalerweise die Halsschlagader hinhalten durfte.
    Ich war vierzehn Jahre alt gewesen, als es mir passierte.
    Ich rieb meinen Nacken, wo der Phantomschmerz des Bisses pochte, der bei der alten Erinnerung wieder aufflammte. Vierzehn – das war vor zehn Jahren und in einem anderen Leben gewesen. Damals – wie auch heute – hatte sich das Gesetz wenig um eine wie mich geschert.
    »Bitte, da hast du ihn, Genny.« Katie knallte mir meinen Saft hin und machte sich sofort wieder über die Zeitungen her.
    Ich nahm einen tiefen Schluck. Kälte breitete sich in meinem Magen aus, anstatt der Wärme, die ich ersehnte. Nun, das musste wohl bis später warten. Ich schnippte gegen Katies Zeitung. »Steht was über mein Schinkensandwich drin?«
    »Hm«, murmelte sie zerstreut, »kommt gleich.«
    »Ich hoffe, du erwartest kein Trinkgeld«,
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