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Süße Worte, heißes Flüstern

Süße Worte, heißes Flüstern

Titel: Süße Worte, heißes Flüstern
Autoren: Barbara McCauley
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weil er das bei einem seiner zahlreichen Jobs gelernt hatte, mit denen er die Zeit zwischen Highschool und Wehrdienst überbrückt hatte. Dazu hatte er eines der Zimmer gestrichen und natürlich den Zaun vor dem Vorgarten repariert.
    Die Arbeiten hatten ihm Freude gemacht. Er hatte ganz vergessen, wie befriedigend es sein konnte, mit den Händen etwas zu schaffen. Es kam ihm vor, als sei es Ewigkeiten her, dass er einmal zufrieden und ein wenig stolz auf ein Stück erfolgreich beendete Arbeit hatte blicken können; dass er sich darüber gefreut hatte, etwas Nützliches getan zu haben, und vor allem, dass er das Gefühl gehabt hatte, irgendwo dazuzugehören.
    Er hatte sich über seine Adoptiveltern nie beklagt, und es gab auch keinen Grund dazu. Sie hatten ihn auf ihre stille, zurückhaltende Art geliebt. Trotzdem, etwas gab es, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was, das ihm verschlossen geblieben war. Wenn er in die offenen, fröhlichen Gesichter um sich herum blickte, die geschäftigen Menschen hier beobachtete und an sein sonstiges Leben außerhalb Ridgewaters dachte, dann war es wieder da, ein Gefühl von Fremdheit und Isoliertheit
    “… und der Ofen, den man zum Backen braucht, ist so groß, dass du da mit einem Buick reinfahren kannst”, sagte Charlie gerade, und Seth merkte, dass er ihm schon geraume Zeit nicht mehr zugehört hatte.
    Er riss sich aus seinen Gedanken, um sich auf das zu konzentrieren, was Charlie Thomas ihm erzählte.
    “… und das Fundament für den ersten Ofen hat mein Großvater noch selbst gebaut, zusammen mit dem Großvater von Andrew Philpot. Das war vor achtzig Jahren. Der erste Ofen wurde noch mit Holz befeuert, und damit ist es gar nicht so einfach, drei Tage lang eine konstante Temperatur von hundertfünfunddreißig Grad zu halten. Aber alle haben mitgemacht. Später hat Henry Willards Vater dann den neuen Ofen mit Gasbefeuerung gebaut …”
    “Seth! Seth!”, riefen die Zwillinge schon von Weitem und stürmten auf ihn zu. Hannah folgte ihnen. “Du musst kommen”, redeten sie durcheinander und waren ganz außer Atem. “Sie schneiden jetzt den Kuchen an.”
    “Entschuldigen Sie die Unterbrechung, Mr Thomas”, sagte Hannah, als sie die Männer erreicht hatte.
    “Hallo, Mr Thomas”, sagten die Kinder. Dann nahm jedes der Mädchen Seth bei der Hand und versuchte ungeduldig, ihn wegzuziehen.
    Seth zögerte noch einen Augenblick. “Der Kuchen, dieses Monstrum, soll wirklich gegessen werden?”, fragte er die beiden Erwachsenen.
    “Ja, was denn sonst?”, antwortete Hannah und verabschiedete sich von Charlie Thomas. “Wozu ist ein Kuchen denn da?”
    Sie beeilten sich, durch die Menschenmenge zu kommen, die sich inzwischen in der Mitte um den Bürgermeister herum versammelt hatte.
    Das Stadtoberhaupt begann gerade mit seiner Rede, die das feierliche Anschneiden des Kuchens jedes Jahr einleitete. Mayor Mooney dankte zunächst der Bäckerei und sagte einige Worte über Gemeinschaftssinn und Tradition. Dann hob er ein silbernes Messer mit einer dreißig Zentimeter langen Klinge wie ein Schwert über seinen Kopf, woraufhin die Menge in tosenden Applaus losbrach, unter dem er den Kuchen nun anschnitt. Neben ihm stand ein silberner Teller, auf den er das erste Stück mit großer Sorgfalt platzierte. Den Teller hob er danach hoch, um ihn den Umstehenden zu zeigen, die jetzt verstummten.
    “Das erste Stück gehört wie immer einem unter uns, den wir damit besonders ehren wollen”, verkündete der Bürgermeister feierlich. “Es ist in diesem Jahr …” Es folgte eine dramatische Pause, in der er im Publikum ein Gesicht zu suchen schien. Sein Blick verharrte zunächst auf Hannah, dann auf Seth.
    Oh nein, dachte Seth.
    “Seth Granger!”
    Hannah schien genauso verblüfft zu sein wie er. Maddie und Missy hüpften vor Vergnügen auf und ab. Seth wurde in die erste Reihe geschoben und dann auf die Bühne gezogen, sodass er, ehe er richtig wusste, was mit ihm geschah, dem Bürgermeister gegenüberstand. Der kam in einigen Sätzen noch einmal auf Seths Rettungsaktion zu sprechen, bevor er ihm den Teller mit dem Kuchen überreichte.
    Etwas unbeholfen stand Seth mit dem Teller da und merkte, dass die Menschenmenge zu seinen Füßen mucksmäuschenstill geworden war. Man wartete. Eine quälend lange Sekunde – dann fiel ihm zum Glück endlich ein, was es nur sein konnte, worauf alle warteten. Er trennte mit der Gabel, die mit auf dem Teller lag, einen Bissen ab und schob ihn tapfer in
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