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Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)

Titel: Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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Philips Waffenknechte, achteten sehr genau darauf, dass sich niemand dem Packpferd näherte und lange Finger machte.
    Lenas Blick fiel auf eine junge Frau, die einen Säugling an der Brust trug und einen Handkarren zog, auf dem mehrere Körbe mit Eiern standen. Die Frau sah müde aus. Plötzlich fing das Kind laut an zu schreien. Doch die Mutter wurde nicht ungeduldig. Sie ließ ihren Karren los, knüpfte das Brusttuch auf, in dem das Kind geruht hatte, und wiegte es sanft. Dazu summte sie eine zärtliche Melodie. Lena wurde das Herz schwer. Was hätte sie darum gegeben, ein eigenes Kind zu haben …
    »Bertram sorgt gewiss dafür, dass wir ohne längeren Aufenthalt durchkommen«, hörte sie Philip sagen. »Für irgendetwas muss es doch gut sein, dass ich der Graf von Birkenfeld bin.« Er lachte.
    »Ich glaube, deine Silberstücke sind da wirkungsvoller«, entgegnete Said, denn Philip hatte seinen Knappen mit einem Beutel klingender Münzen losgeschickt, um ihnen einen schnellen Einlass zu verschaffen.
    Tatsächlich kehrte Bertram kurz darauf zurück.
    »Wir können passieren!«, rief er und reichte Philip den Geldbeutel. Philip wog ihn in der Hand. »Er fühlt sich noch immer schwer an. Wie viel hast du gezahlt?«
    »Einen Silberdenar. Daraufhin hätten sie sich fast vor mir verbeugt.« Der junge Mann grinste. Lena mochte Bertram, auch wenn sich hinter seinem fröhlichen Wesen noch etwas anderes zu verbergen schien. Irgendein Kummer, den er mit niemandem teilen mochte. Aber war er darin so anders als sie selbst? Sie warf einen letzten Blick auf die Mutter mit dem Kind, dann schüttelte sie die trübsinnigen Gedanken ab.
    »Los, kommt!«, rief Philip den beiden Waffenknechten zu. Die Händler, die vor ihnen standen, murrten zwar, als sie mit ihren Wagen beiseitefahren mussten, um Philip und seinem Gefolge Platz zu machen, aber nicht allzu laut.
    »Und, hast du inzwischen herausgefunden, warum die Wächter alle überprüfen?«, fragte Philip Bertram. Der schüttelte nur den Kopf.
    Nachdem sie das Tor hinter sich gelassen hatten, sah Lena sich neugierig um.
    Zunächst kam ihr Hamburg nicht viel anders vor als Halberstadt oder Quedlinburg. Kleine Fachwerkhäuser schmiegten sich eng aneinander, und nur die Hauptstraße war mit Kopfsteinen gepflastert. Auf den übrigen Wegen standen Schlamm und Dreck zum Teil knöchelhoch, und Lena war froh, auf einem Pferd zu sitzen. Am meisten wunderte sie sich aber über die vielen Schweine, die allenthalben frei herumliefen und im Unrat nach Fressbarem wühlten. So etwas kannte sie nur aus den Dörfern. Dazwischen drängten sich zahlreiche Menschen. Gassenjungen, Mägde mit Körben, eilende Boten und tatsächlich auch der eine oder andere besser gekleidete Bürger.
    Trotz des Durcheinanders kostete es die kleine Gruppe wenig Mühe, sich Platz in den überfüllten Gassen zu verschaffen. Die Leute traten beinahe ehrfürchtig beiseite. Allerdings war Lena nicht sicher, ob es nur aus Achtung vor ihrem Auftreten geschah oder vielmehr aus Angst. Sie wusste, dass mancher Adlige sich nicht scheute, die Menschen durch seine Knechte aus dem Weg prügeln zu lassen. Das wurde ihr besonders bewusst, als ihnen ein schwerer Wagen entgegenkam, der Fässer geladen hatte und von zwei mächtigen Kaltblütern gezogen wurde. Lena sah den verunsicherten Blick des Wagenführers, der vor allem Witold und Rupert galt. Fürchtete er wirklich, dass sie ihn mit Gewalt zurückdrängen würden? Philip nahm die Bedenken des Mannes gar nicht wahr. Völlig selbstverständlich wich er aus und lenkte seinen Rappen behutsam an dem schweren Gefährt vorbei. Der Wagenführer atmete erleichtert auf, und Lena fragte sich, welche Demütigungen er wohl schon erlebt haben mochte.
    Der Weg zum Hafen führte über zahlreiche Brücken. Manche waren breit, andere schmal, sodass sie nur hintereinander reiten konnten. Ganz Hamburg war von kleinen Kanälen durchzogen, die die Einheimischen Fleete nannten. Lena wagte sich kaum vorzustellen, wie es hier wohl im Hochsommer sein mochte. Schon jetzt stanken diese Fleete schlimmer als manche Abwassergrube. Den Bewohnern der Stadt schien der üble Geruch indes nichts auszumachen. Kinder spielten im Uferschlamm, Männer stakten Boote mit hochgestapelter Ladung, und zerlumpte Frauen schöpften ihr Wasser aus den trüben Fluten.
    Erst als sie das Nikolaifleet erreichten, das die Hafenmündung bildete, wurde die Luft wieder besser.
    Zahlreiche Möwen umschwirrten die Schiffe, die am Kai lagen.
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