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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)
Autoren: Phil Rickman
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vom Herrn des Lichts stehen könnte. Das hat mir als Argument ausgereicht. Ich hätte versuchen müssen, zu ihr durchzukommen. Ich habe sie genauso dämonisiert wie sie mich.»
    «Du hast getan, was du konntest», sagte Lol. «Das tust du immer.»
    Sie versuchte zu lächeln. Die Schäden in der Kirche würden beseitigt werden. Es würde teuer werden, aber die Wunden würden heilen. So war es immer gewesen, und so würde es immer sein, selbst wenn die Kirche als museale Institution in einem säkularen Staat endete, in dem das Christentum nur noch als Exzentrizität belächelt wurde.
    Als sie den Parkplatzbereich kurz vor Coleman’s Meadow erreichten, hatten die Wolken den Mond freigegeben, und der Cole Hill zeichnete sich als dunkle Masse vorm Horizont ab.
    Und da stand Gomers Jeep.
    Gomer lehnte an der Seite, immer noch im Overall, und rauchte eine Zigarette, während er hinter seinen dicken Brillengläsern in das Licht ihrer Scheinwerfer blinzelte. Dann hob er die Hand und stapfte zu ihnen, im Gesicht sein vertrautes Grinsen. Merrily öffnete die hintere Tür für ihn, und er setzte sich auf den Rücksitz.
    «Schöne Weihnachten, Frau Pfarrer. Lol, mein Junge.»
    «Gomer …», Merrily stellte den Motor und die Scheinwerfer aus. «Wo ist Bliss?»
    «Ist durchs Gatter auf die Weide, er un ein paar von seinen Leuten. Wird schon schiefgehn.»
    Gomer machte es sich auf dem Rücksitz bequem, die Zigarette im Mundwinkel, die Hände auf den Bauch gelegt.
    «Das warn maln paar tolle Tage, stimmt’s, Frau Pfarrer?»
    Merrily drehte sich auf ihrem Sitz zu Gomer um.
    «Gomer, Sie haben doch gesagt, Blore hätte bei der Grabung Gerry Murrays Bagger eingesetzt, oder?»
    «Ar.»
    «Und was genau hat Gerry Murray da gemacht?»
    «Hat die Grassode weggekratzt, so was in der Art. Weiß nich genau. War aber ne faule Sache, dasser da angeheuert worn is, soviel is ma sicher.»
    «Mmm.» Merrily sah Lol an. «Das würde jedenfalls erklären, wie es Blore geschafft hat, modernes Mauerwerk unter einem von den Steinen zu platzieren, oder? Bei wem könnte man sicherer sein, dass er die Klappe hält, als bei dem Grundstücksbesitzer, der will, dass hier gebaut wird?»
    «Blore gibt ihm die Anweisungen», sagte Lol, «und dann schütten sie das Loch wieder zu. Und der Regen … bessere Bedingungen hätten sie gar nicht haben können.»
    «Wir müssen dafür sorgen, dass sich Bliss auch darum kümmert. Wenn wir den Fall vor Gericht bringen können, dreht sich die Situation, und Jane bekommt vielleicht doch noch ihr Henge.»
    Gomer richtete sich lauschend auf. Eine Autotür wurde zugeschlagen. Gomers Hand schoss zum Türgriff.
    «Das is mein Jeep, Frau Pfarrer! Son Mistkerl vergreift sich an meim Jeep!»
    Er sprang aus dem Auto und rannte in die Dunkelheit wie ein sehr zorniger, junger Mann. Merrily rief:
«Nein!»
    Sie drehte sich verängstigt zu Lol um, doch Lol war Gomer schon nachgelaufen.
    Oh Gott, oh Gott, oh Gott.
    Hastig griff sie nach dem Zündschlüssel, startete den Motor und schaltete die Scheinwerfer an. Sah eine Gestalt aus dem Jeep kommen, einen Arm erhoben. Ein Aufblitzen.
    Sah sie alle einen unendlichen Augenblick lang im Lichtkegel der Scheinwerfer stehen.
    Alle vier – drei in Bewegung, einer wie erstarrt.

Heilige Nacht
    Menschen schritten da, doch seltsam,
    ihre Worte kamen nicht bei mir an.
    Thomas Traherne
    «Shadows in the Water»

«So ist es überhaupt nicht», sagte Bliss. «Noch nicht.»
    «Nein?»
    «Also gut, wir haben es mit Mördern zu tun, die
beinahe
unmenschlich sind. Aber wenn sie
tatsächlich unmenschlich
werden, ist die Polizei überflüssig. Dann gibt es nichts mehr, an das man sich halten kann. Und wenn es so weit kommt, will ich diesen Job nicht mehr machen.»
    Sieben Uhr morgens am ersten Weihnachtsfeiertag. Die Heilige Nacht war vorüber.
    «Er hat es nicht mal aus Zorn auf die Kirche oder so getan», sagte Bliss. «Es war etwas viel Normaleres. Etwas viel Menschlicheres – er war
beleidigt
. Man hatte ihn zur Marionette degradiert. Ausgenutzt. Und schlimmer …» Bliss merkte, dass sein Merseyside-Dialekt stärker wurde, und nahm sich zusammen. «Sie haben etwas von ihm verlangt, was
unter seiner Würde
war. Sie haben ihn
herabgesetzt
. Er wurde wie das Mädchen für alles behandelt: Oh, und wenn du schon dabei bist, Gregory, dann könntest du eben noch in der Kirche vorbeigehen. Und kauf eine Dose Sprühlack, okay? Guter Junge.»
    «Er hat Jahre in die Verbesserung seiner Technik gesteckt»,
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