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Süchtig

Titel: Süchtig
Autoren: Matt Richtel
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muss man kein Raketenwissenschaftler sein.«
    Kindle sank in sich zusammen. Seine Kiefermuskeln waren angespannt. Er lehnte sich an die Untersuchungsliege und atmete langsam ein und aus, um nicht die
Beherrschung zu verlieren. Eine Methode zur Stressbewältigung, die er offenbar geübt hatte. Dann wandte er sich an mich.
    »Es ist nicht so, wie Sie denken. Ja, Annie lebt. Sie haben sie ja gesehen. Aber der Rest – das stimmt alles nicht. Ich hatte damit nichts zu tun.«
    »Hören Sie doch auf«, sagte Elliott.
    Kindle hob die Hand. »Wir hatten diese geniale Innovation. Aufmerksamkeit als Zahlungsmittel. War das Gehirnwäsche? Nein. Hören Sie mir gut zu. Wir wollten den Leuten nicht vorschreiben, was sie zu denken hatten, sondern das Denken nur unterhaltsamer machen. Schwerpunkte setzen. Der Einkauf über das Internet sollte eine in hohem Maße stimulierende Erfahrung werden. Das ist eine natürliche Entwicklung, die ohnehin stattfindet. Aber wir hatten den Trend erkannt. Wir hätten ihn mitgestalten, uns an die Spitze setzen können. Einige der wichtigsten Geschäftsleute der Welt waren interessiert. Und dann … Elliott, Sie und Annie mussten es auf die Spitze treiben. Sie wollten mich ruinieren.«
    Elliott legte ihm die Hand aufs Knie. »Genug. Vergessen Sie nicht, was Sie Annie all die Jahre lang angetan haben. Das reicht jetzt.«
    Er kam auf mich zu und zog die Narkosepistole. Ich klappte den Laptop zu und händigte ihn Elliott aus.
    »Sie haben keine Beweise. Verschwinden Sie«, sagte er. »Haben wir uns verstanden?«
    Ich sah ihm in die Augen. »Ich denke, ich kann den Mund halten.«
    Er ging zur Tür.
    »Noch etwas, Idle. Vergessen Sie Annie. Inzwischen
ist Ihnen ja wohl klar, dass sie die Sache nicht wert ist.«
    »Klar doch. Dann haben Sie sie ganz für sich allein.«
    Elliott lachte. »Hören Sie auf. Annie ist Ihnen doch egal. Sie können sie gar nicht lieben, haben sie nie geliebt. Das haben Sie sich nur eingebildet. Denken Sie darüber nach, dann werden Sie einsehen, dass ich Recht habe. Fangen Sie ein neues Leben an. Es geht nicht anders. Annie Kindle ist für Sie unerreichbar.«
    Ich schüttelte den Kopf. Er versuchte es immer noch mit Gehirnwäsche. Die Tür schloss sich hinter ihm.

    Ich ging nach draußen und sah mich im Gang um. Auf einem Stuhl saß Mike und las eine Illustrierte.
    »Und?«, fragte ich.
    Er machte ein Siegeszeichen.
    »Blackjack. Das wird ein höchst interessanter Podcast.«
    Mike hatte Andy Goldsteins Laptop mit Audiosoftware und einem Mini-Mikrofon ausgestattet. Bei eingeschaltetem Computer wurden alle Gespräche aufgezeichnet und auf einen Empfänger übertragen, an dem Mike saß. Selbst wenn der Laptop vernichtet wurde, hatten wir immer noch die Aufnahme.
    Für weitere Einzelheiten blieb keine Zeit.

59
    Die Monkey war ein zwanzig Meter langes Hausboot, aber der Liegeplatz in der Callville Bay Marina war leer. Annie war entkommen.
    Mit geballten Fäusten starrte ich in der Abenddämmerung auf den riesigen Lake Mead hinaus.
    »Das Boot ist vor einer halben Stunde ausgelaufen«, sagte eine Stimme. »Man kann es noch sehen.«
    Erin erschien hinter einem Stand mit Fischködern. Sie deutete auf den Horizont, wo die Monkey in der Ferne noch sichtbar war. Das Boot kam nur langsam voran. Während ich Erin lauschte, suchte ich mit den Blicken die Marina ab.
    »Du lebst also«, sagte sie. »Das ist schon einmal ein guter Anfang.«
    »Hast du Annie gesehen?«
    »Das Boot legte gerade ab, als ich ankam.«
    Ich spürte, wie sie neben mich trat. Ein Mann mit nacktem Oberkörper reinigte ein Skiff mit überdimensionalem Außenbordmotor. Ich ging zu ihm. Erin folgte mir.
    »Was hast du vor?«
    Ich drehte mich zu ihr um. »Sie haben dich reingelegt.«

    »Wer?«
    »Sie haben Belastungsmaterial in deiner Wohnung deponiert. Sie …« Ich verstummte. Ich brachte es nicht über mich, ihr zu sagen, dass sie benutzt worden war, um die Bombe zu zünden. Der Augenblick würde kommen. »Sie haben dich benutzt. Es waren die Leute, die Andy Goldstein auf dem Gewissen haben.«
    Die Erkenntnis stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie war das Opfer und stand dennoch im Verdacht, Menschen getötet zu haben, die sie liebte. Ich wollte ihr sagen, wie leid es mir tat und dass es nun bald wieder aufwärts gehen würde, aber wir standen bereits vor dem Mann mit dem Boot. Für ein Wassertaxi zur Monkey bot ich ihm den Inhalt meiner Brieftasche – ganze zweiundachtzig Dollar.
    »Ist die Polizei informiert?«,
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