Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sub Terra

Sub Terra

Titel: Sub Terra
Autoren: James Rollins
Vom Netzwerk:
erforderlich machten, die eine oder andere Regel zu beugen oder gar zu brechen. Bens Spezialität waren Höhlenabenteuer: verlassene Diamantminen in Südafrika, verschüttete Klosterruinen im Himalaja, Tiefseetunnel vor der karibischen Küste – und jetzt, hier in Australien, ein phänomenales Höhlensystem, das zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden war. Es lag in einem entlegenen Abschnitt der Black-Rock-Militäranlage. Ben hatte diese außergewöhnlichen Höhlen vor vier Jahren entdeckt und vermessen, als er hier stationiert gewesen war.
    Es war alles perfekt gelaufen, bis sein pummeliger deutscher Kunde, Hans Biedermann, ausrutschte und sich das Bein brach. Ben hätte ihn dort verrecken lassen sollen, als Strafe dafür, dass er seine Warnung nicht ernst genommen hatte. Doch stattdessen hatte er versucht, Biedermanns armseligen Hintern aus der Höhle zu schaffen. Biedermanns Wehgeschrei lockte die Militärpolizei herbei, und Bens Bemühungen wurden damit belohnt, dass man ihn festnahm.
    Er wandte der Zellentür den Rücken zu und ließ sich auf das von Motten zerfressene Feldbett fallen. Dann lehnte er sich zurück und betrachtete eingehend die Flecken an der Decke. Er hörte die harten Schritte von Stiefelabsätzen auf dem Gang und wie jemand der Wache etwas zuflüsterte. Die schwere Zeitschrift klatschte auf den Boden. »Hier drin, Sir. Die vierte dort hinten.« Er hörte Angst in der Stimme des Wachpostens.
    Die Schritte kamen näher und hielten plötzlich an. Ben stützte sich auf die Ellbogen, um zu sehen, wer vor seiner Zelle stand. Er erkannte das Gesicht seines alten Kommandeurs. Glatze, Hakennase, bohrende graue Augen. »Colonel Matson?«
    »Irgendwie wusste ich, dass Sie hier enden würden. Sie waren schon immer ein Unruhestifter.« Doch das Lächeln in den Mundwinkeln milderte die Schroffheit des Gesagten. »Wie hat man Sie behandelt?«
    »Als wäre es das Hilton, Sir. Der Zimmerkellner ist allerdings ein bisschen langsam.«
    »Wie üblich.« Der Colonel bedeutete der Wache, die Zelle zu öffnen. »Folgen Sie mir, Sergeant Brust.«
    »Ich heiße jetzt Mr Brust, Sir.«
    »Wie auch immer«, sagte der Colonel stirnrunzelnd und wandte sich ab, »wir müssen miteinander reden …«
    Die Wache unterbrach ihn. »Soll ich ihm Handschellen anlegen, Sir?«
    Ben blickte Colonel Matson mit Unschuldsmiene an.
    »Ja«, sagte Matson, »das wäre besser. Trauen Sie nie einem Zivilisten.«
    »Okay, okay«, meinte Ben und nahm Haltung an. »Sie haben gewonnen. Sergeant Brust meldet sich zum Rapport.«
    Nickend winkte Colonel Matson die Wache fort. »Dann mal los, Sergeant. Gehen wir in mein Dienstzimmer.«
    Ben folgte ihm aus dem Gefängnis. Nach einer kurzen Fahrt kamen sie beim Verwaltungsgebäude an. Das Dienstzimmer des Colonels hatte sich nicht verändert. Derselbe Walnussschreibtisch, den klebrige Ringe von Kaffeetassen verunzierten; die Wände mit Transparenten der republikanischen Old Guard geschmückt; die Seitenwand von Trophäen gesäumt. Während der Fahrt hatte das zögerliche Verhalten des sonst so temperamentvollen Mannes Ben verraten, dass er etwas Wichtiges zurückhielt.
    Der Colonel bot Ben einen Stuhl an, stützte sich dann auf die Schreibtischkante und musterte ihn. Sein Gesicht war wie versteinert.
    Ben versuchte, dem Blick standzuhalten. Schließlich sagte sein alter Kommandeur mit müder Stimme: »Was zum Teufel ist mit Ihnen passiert? Sie waren der Beste der Besten und sind einfach verschwunden.«
    »Ich hatte ein besseres Angebot.«
    »Was denn? Reiseleiter für Yuppies mit Midlifecrisis auf Nervenkitzeltouren?«
    »Ich spreche lieber von ›Abenteuerurlaub‹. Außerdem verdiene ich genug, um die Schafstation meines Vaters über Wasser zu halten.«
    »Einen gewissen Ruf haben Sie sich auch erarbeitet. Als Hansdampf in allen Höhlen. Ich habe von der Höhlenrettungsaktion in den Staaten gelesen. Der große Held, was?«
    Ben zuckte mit den Schultern.
    »Aber das war nicht der Grund, weshalb Sie gegangen sind. Es war Jack, nicht wahr?«
    Bens Miene wurde ausdruckslos, als der Name seines Freundes fiel. »Ich habe an die Guard geglaubt. Und an die Ehre. Ich habe Ihnen geglaubt.«
    Colonel Matson schnitt eine Grimasse. »Manchmal muss man auf Grund politischer Einflussnahme das Recht beugen und die Ehre Ehre sein lassen.«
    »Blödsinn!« Ben schüttelte den Kopf. »Der Sohn des Premierministers hat jeden einzelnen Schlag, den Jack ihm verpasst hat, verdient, nach dem Mist, den er mit seiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher