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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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gefährlich klingendes Rauschen, ebenso ein noch gefährlicher klingendes Gebell und ein unheimlich klingendes vielstimmiges Zischeln oder Piepsen oder Wispern, wie von einer ganzen Kolonie von Fledermäusen.
    »Was sind denn das für Stimmen, die so leise ... Und dabei ist überhaupt keiner zu sehen.«
    »Ah, du siehst sie nicht? Tja, das liegt wahrscheinlich an deinen Augen. Die sind ja an das Licht der Sonne gewöhnt. Und es liegt natürlich auch an den Verstorbenen selbst. Sie besitzen nämlich keinen irdischen Leib, sondern eine eigene Seelenform, und die ist glashell, fast durchsichtig, ungefähr wie die einer Qualle. Das gilt übrigens auch für ihr Gewand. Alle haben sie das gleiche, Toga-ähnliche Kleid an.«
    »Und die wispern alle so merkwürdig?«
    »Natürlich, weil sie uns beobachten und es dir übelnehmen, dass du als Lebender hier herumspazierst. Sie haben ja das Wasser des Vergessens noch nicht getrunken. Weißt du, manche brauchen lange, bis sie sich ins Wasser trauen. Andere müssen erst schwimmen lernen. So lange sind sie unberechenbar.«
    »Und? Können sie uns gefährlich werden?«
    »Theoretisch schon. Aber ich bin ja bei dir.«
    Schweigen.
    Luciano versucht sein unbehagliches Gefühl abzuschütteln. Aber wie soll das gehen, wenn der Dämon der Angst ihn immer heftiger bedrängt? Denn mit jedem Schritt wird das Rauschen lauter, das Gebell beängstigender, das Wispern intensiver. Bald glaubt er im Gesicht, am Hals und an den Händen Berührungen wie von Fledermausflügeln, um nicht zu sagen, den Lippen von Vampiren zu verspüren. Oder bildet er sich das in seiner Beklemmung nur ein? Der Todesengel zeigt jedenfalls keinerlei Anzeichen von Beunruhigung. Aber durch noch etwas fühlt sich Luciano in zunehmendem Maße beunruhigt: Zu dem erwähnten sonderbaren Geruch gesellt sich allmählich ein weiterer, nicht weniger sonderbarer Duft, und der ist alles andere als lieblich oder, um es ungeschminkt zu sagen, erinnert ihn frappant an bestimmte menschliche Gerüche. Mit jedem Atemzug wird er intensiver, und Luciano hat bald mit Brechreiz zu kämpfen.
    Glücklich erreichen sie das Ufer. Und augenblicklich fällt der unsichtbare Dämon der Angst aufs Neue über Luciano her. Denn das Rauschen ist mittlerweile zu einem ohrenbetäubenden Brüllen angeschwollen, und mit einem Schlag wird klar, warum: Weil die Strömung dieses Flusses der des Flusses Schwarza gleicht. Dieser durchrauscht das Höllental, ist jedoch im Vergleich dazu ein sanftes Bächlein.
    Der Engel wendet sich nach Luciano um. »So. Und jetzt hinein ins Wasser. Und vergiss nicht: Ja nicht trinken.« Er breitet seine Flügel aus, erhebt sich in die Lüfte.
    Ja nicht trinken? Diese Anweisung hätte er nicht zu wiederholen brauchen. Denn jetzt weiß Luciano, wo jener alles andere als liebliche Duft herkommt: vom Wasser, in das er tauchen und das er ja nicht trinken soll. Und er weiß jetzt, warum dieser Fluss »Der Verhasste« heißt.
    Mehrere Augenblicke lang ist er fast geneigt, auf dem Absatz kehrtzumachen. Dann wirft er, kurz entschlossen, alle Bedenken von sich und tritt vorsichtig ins Wasser. Doch alle Vorsicht ist vergeblich, denn es wird sofort grundlos, mit unglaublicher Gewalt reißt ihn die Strömung mit, und er hat Mühe, sich durch hastige Schwimmbewegungen überhaupt über Wasser zu halten, noch dazu mit der vollständigen Kleidung, die natürlich augenblicklich vollgesogen ist. Wie soll man da verhindern, dass Wasser in Mund und Nase dringt? Nein, er kann es nicht verhindern, so sehr ihn auch davor ekelt. Aber gottlob, es gelingt ihm zu verhindern, das Eingedrungene zu schlucken. Er hofft es jedenfalls.
    Weit abgetrieben, erreicht er endlich das andere Ufer. Inzwischen ist sein Ekel so heftig, dass sich, kaum ist er ans Trockene geklettert, sein gesamter Mageninhalt auf die Uferkiesel ergießt. Erst danach hat er Zeit, sich vor dem grauenerregenden Gebell und den noch grauenerregenderen Bestien, die es ausstoßen, zu entsetzen. Während er noch, kraftlos und nach Atem ringend, am Ufer kniet, springen diese auch schon zähnefletschend um ihn herum, bellen ihm die Ohren voll, blasen ihm ihren übelriechenden Atem ins Gesicht, schicken sich offenbar an, ihn gnadenlos zu zerfleischen. Soll er sie mit Steinen bewerfen, um sie zu verjagen? Oder werden sie dann vielleicht nur noch aggressiver? Und wo ist eigentlich der Engel? Wieso hilft der nicht?
    Während er sich das noch überlegt, ist dieser gottlob auch schon zur Stelle, gibt
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