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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra
Autoren: Michael Stuhr
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und ein riesiger Jumper schoss mit hoch aufgerichteten Scheren aus seiner Mulde. Ysell wich zurück, doch ein zangenartiger Griff um die hartlederne Beinschiene brachte sie zu Fall, und noch bevor sie überrascht aufschreien konnte, war die zweite Schere des Jumpers über ihr. Ohne nachzudenken riss Ysell ihren schweren Knüppel mit beiden Händen in die Bahn des herabsausenden Mordwerkzeugs, das daran abprallte. Sie wollte sich zur Seite rollen, aber die Schere, die ihre Wade umklammerte, hielt unerbittlich fest. Immer stärker wurde der Druck, lange würde die Beinschiene das nicht mehr aushalten. Das riesige, krebsartige Tier versuchte kraftvoll mit der anderen Schere an Ysells Körper heranzukommen. Immer wieder stieß das scharfkantige Instrument wuchtig auf die ungeschützten Körperpartien herab, doch noch gelang es Ysell, die Schere mit Hilfe des Knüppels von sich fern zu halten.
    Der Riesenkrebs durchschaute Ysells Abwehrtechnik schnell. Plötzlich griff er den Knüppel direkt an und begann, ruckartig daran zu reißen. Ysell merkte, wie ihr das Holz durch die Finger glitt. Der Jumper war unglaublich stark. Mit einem mächtigen Ruck riss er ihr das Holz aus den Händen und in hohem Bogen flog es davon. Ysell wusste, dass sie tot war, denn schon sauste die armlange Schere auf ihren Unterleib hinab. Mit bloßen Händen griff sie in die Bahn des mörderischen Werkzeugs und brachte es tatsächlich einige Fingerbreit vom Ziel ab, so dass es sich knapp neben ihr in den Sand bohrte. Die Schere begann sich zu öffnen und drängte nun von der Seite auf Ysell zu. All ihre Kraft aufbietend drückte sie das Mordinstrument von sich fort, aber der Jumper war viel stärker als sie. Es war hoffnungslos. In wenigen Augenblicken schon würde sie nachgeben müssen und dann...
    Ysell gab sich verloren, denn die Trossleute waren mit den Tragtieren wenigstens zweihundert Schrittmaß weit entfernt. Kalt und leidenschaftslos starrten die Insektenaugen des Jumpers auf sie herab, und Ysell sah, wie die Gier gelblichen Schleim aus seiner Fressöffnung triefen ließ. Verbissen und mit äußerster Anstrengung versuchte sie, die ruckartig auf sie zu drängende Schere fern zu halten und das Unvermeidliche vielleicht doch noch zu verhindern, bis die Hunde heran waren. – Das war sie Bogan schuldig, denn er hatte sie ausgebildet. Ysell kämpfte um ihr Leben, aber sie kämpfte auch, um Bogan nicht zu enttäuschen. - Bogan, mit dem alles begonnen hatte...
    DAS BUCH BOGAN

    YSELL

    Ysell rannte so schnell sie konnte um die Ecke des Marktplatzes, duckte sich unter einem Mauervorsprung hindurch, rutschte auf Knien und Ellbogen durch eine verdeckte Öffnung in der Wand, richtete sich hastig auf und raste mit jagendem Herzen die finstere Gasse entlang. Jetzt hieß es aufzupassen und den Wachen nicht unter die Augen zu kommen, bis der Aufruhr sich gelegt hatte.
    Ysell wurde ein wenig langsamer und schaute sich um. Nichts war von den Verfolgern zu sehen; es würde sicher eine Weile dauern, bis die dicken Kerle sich durch das enge Loch gezwängt hatten - wenn sie es überhaupt fanden. Sie konnte sich ein boshaftes Grinsen nicht verkneifen. - Elfjährige Mädchen waren eben doch gewitzter als erwachsene Männer. -Denen fehlte es nun mal eindeutig an Findigkeit und Phantasie.
    Ysell fiel in leichten Trab. Erstaunlich, wie humorlos die Wachen waren, fand sie. Gleich zu fünft hinter ihr herzujagen, bloß weil sie sich einen kleinen Spaß gemacht hatte...
    Mit schnellen Schritten ging Ysell weiter zwischen den hohen, lehmbraunen Mauern hindurch, in denen nur da und dort eine schmale Fensteröffnung davon zeugte, dass es sich um die Rückseiten zweier Häuserzeilen handelte.
    Ysell war in Sicherheit, das wusste sie. Sorgen machte sie sich bloß um Sabé, ihren Komplizen. Gleich nach ihrer Entdeckung waren die beiden in verschiedene Richtungen geflüchtet und sie hätte gern gewusst, ob auch er den Wachen hatte entkommen können. Gewiss, Sabé war schnell und wendig, aber er neigte auch ein wenig zum Leichtsinn, fand Ysell. Mittlerweile war sie noch langsamer geworden und schlenderte fast durch die vergessene Gasse hinter den Häusern, die nur sie, Sabé und ein paar andere Kinder kannten. Niemand war hinter ihr. Gleich würde sie am Ende der Gasse über die alte Mauer klettern und sich wieder unter die Leute mischen, dann würde sie endgültig in Sicherheit sein.
    Eine heiße Welle der Freude stieg in Ysell auf, als sie daran dachte, wie sie die Wachen
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