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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra
Autoren: Michael Stuhr
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Ratlosigkeit, "aber verlassen denn viele Männer einfach ihr Schiff? Doch bestimmt nicht! Da muß doch so ein Finder bestimmt sehr lange suchen, bis er etwas findet."
    Der Kaufmann schüttelte traurig den Kopf. - Natürlich hatte dieser kindische Halbidiot überhaupt nichts begriffen. Er würde deutlicher werden müssen: "Nun, ich denke, es gibt viele Schiffe ohne Besatzung. - Alle Schiffe, die nicht schnell genug vor den Findern fliehen können!" Der Händler lachte brüllend los und Llauk fiel nach wenigen Augenblicken mit ein. Er hatte den Witz verstanden. Köstlich, einfach köstlich! Er kicherte immer noch still in sich hinein, als die beiden Erwachsenen sich schon lange wieder über das Geschäft unterhielten.

    "Wir sollten rechtzeitig in unser Quartier gehen, sonst bekommen wir keinen guten Platz mehr." Llauks Vater hatte gute Laune. All sein Tuch hatte er an seinem ersten Tag in Thedra losgeschlagen. Sechshundertelf Bronzestücke hatte er sicher in seinem Ledergürtel verstaut und das sechshundertzwölfte wurde gerade in einer Taverne zu gewürzter Speise und Wein.
    Llauk hatte kräftig zugelangt und auch den Wein für gut befunden. Im Augenblick kämpften in ihm die Schläfrigkeit des Satten und die Unternehmungslust des Trunkenen. Aber wenn der Vater sagte, dass nur noch jetzt gute Plätze in der Herberge zu haben waren, dann wollte er sich gerne fügen. Er war nämlich nicht bereit, sich etwa mit einem schlechten Platz zu bescheiden. Seine Zustimmung brachte er mit einem gewaltigen, allerdings ungewollten, Rülpser zum Ausdruck.
    Irgendwie war die Welt um ihn herum hier in dem Gasthaus viel schneller geworden, oder war er, Llauk, plötzlich so langsam, dass er die Kontrolle verlor?
    "Morgen werden wir noch einige Garnhändler besuchen", erklärte Llauks Vater mit einem besorgten Blick auf seinen Sohn. "Versuch mal, ob du aufstehen kannst."
    "Klar!" Mit aller Anmut, derer er fähig war, erhob Llauk sich von seiner Bank, während sein Vater krampfhaft den Tisch festhielt. Schwungvoll drehte Llauk sich um und entschuldigte sich höflich bei dem Mann, dem die Bank auf die Zehen gefallen war. "Lass uns gehen!", trompetete er in voller Lautstärke und fuchtelte wild mit seinem rechten Arm in der Luft herum, weil er versuchte, sich auf zwei Mannslängen Entfernung bei seinem Vater einzuhaken.
    Das grölende Gelächter um ihn herum störte ihn überhaupt nicht. Thedra war eine so schöne Stadt, kein Wunder, dass die Menschen hier so vergnügt waren.
    Schließlich kam der Vater und nahm Llauk bei der Schulter. Gemeinsam traten sie in die Nachtluft hinaus. Bis zum Hafen waren es nur wenige Schritte.
    "Lass uns noch ein wenig auf dem Kai spazierengehen", schlug der Vater vor.
    "Warum?", quälte Llauk mühsam hervor. Langsam wurde es ihm schlecht.
    "Ich denke, dass heute noch jemand die Fische füttern wird. - Das sollten wir nicht versäumen.“
    "Aha!" Willenlos trottete Llauk am Arm seines Vaters am Rand des Hafenbeckens entlang. Ihm war entsetzlich übel.

    Nachdem die Fische gefüttert waren, ging es Llauk wesentlich besser. Zwar wollten ihm seine Füße immer noch nicht so recht gehorchen, und auch seine Gedanken gingen ganz seltsame Wege, aber immerhin war diese entsetzliche Übelkeit verschwunden. Überrascht blieb er im Tor des Fremdenhauses stehen. Eigentlich hatte er sich die Unterkunft für die Nacht doch ein wenig anders vorgestellt.
    Das Fremdenhaus war die einzige Übernachtungsmöglichkeit für Besucher von außerhalb, die Thedra zu bieten hatte. – Die einzige Bleibe, die Thedra bieten wollte.
    Außer den Seeleuten, die natürlich auf ihren Schiffen übernachten durften, schliefen hier alle Menschen, die kein Wohnrecht in Thedra hatten. Auch war es den Thedranern nicht erlaubt, über Nacht Gäste in ihren Wohnungen zu beherbergen. `Fremde gehören ins Fremdenhaus!' so war es Gesetz in Thedra. - Und so trafen sich denn allabendlich Reisende aller Völker in der großen Felshöhle, die als Obdach diente.
    Verwundert war Llauk im Eingangstor stehengeblieben und sah sich das bunte Gemisch von Rassen an, mit dem zusammen sie hier heute übernachten sollten. Er hatte bislang nur Estadorianer, eigentlich mehr Leute aus Idur, und Sklaven kennengelernt. Schon am Tage hatte er erstaunt festgestellt, dass es offenbar auch freie Menschen anderer Rassen gab, die in Thedra Handel trieben, aber dass es so viele waren, das hatte er nicht gedacht.
    Bedingt durch Llauks Übelkeit war es nun doch schon recht spät
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