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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman
Autoren: Michael McBride
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losreißen. Er kam ihr weit mehr als bekannt vor, und sie verspürte ein Gefühl engster Vertrautheit zwischen ihnen. Langsam konnte sie auch die Details um ihn herum erkennen. Hinter ihm brannte ein riesiges Feuer, dessen Rauch träge durch den Höhleneingang nach draußen kroch. Neben ihr lag April, und die Decke über ihnen war fast bis zum Zerreißen gespannt, damit Darren, der neben April lag, auch noch was davon abbekam. Beide starrten sie angsterfüllt an, unfähig, ihren Blick von ihr loszureißen. Sie blinzelten nicht einmal.
    »Wieder ein Traum?«, fragte April.
    Bei Gott, bitte lass es nicht schon wieder einen von diesen Träumen sein.
    Das macht mich fertig. Ich will, dass das aufhört!
    Ich hoffe, es geht ihr gut.
    Was zum Teufel ist bloß los mit diesem Mädchen?
    Die Stimmen schwirrten durch ihren Kopf, kämpften um die Vorherrschaft und vertrieben jeden klaren Gedanken. Keiner ihrer Freunde bewegte die Lippen, trotzdem konnte sie ihre Stimmen hören, wie sie aus allen Richtungen auf sie einstürmten. Jill wollte sich die Hände gegen die Ohren pressen, um dem Krach ein Ende zu setzen, aber sie konnte es nicht, konnte es nicht, konnte …
    Sie ist wunderschön …
    Die Flut von Worten riss abrupt ab, ihr Kopf wurde klarer, und ihre Aufmerksamkeit war von nichts anderem mehr erfüllt als diesem Jungen.
    »Danke«, flüsterte sie.
    Er lächelte. »Muss ja ein ganz schön fieser Albtraum gewesen sein. Deine Schreie hätten selbst einen Toten aufgew…« Der Junge zuckte zusammen, als wäre er selbst erschrocken über seine Wortwahl. »Aber jetzt geht es dir schon wieder besser, oder?«
    »Ja«, sagte Jill und wurde rot. »Ich komme mir vor wie eine durchgedrehte Irre.«
    »Das geht schon in Ordnung«, sagte er mit einem seltsam schiefen Grinsen. »Unter den gegebenen Umständen, schätze ich, hat jeder das gute Recht durchzudrehen.«
    »Sie hat immer diese Träume«, erklärte April.
    »Was für ein Zufall. Ich auch.«
    Jill lächelte, und plötzlich merkte er, wie nahe er an ihrem Gesicht war. Unwillkürlich zuckte er zurück, stolperte und fiel direkt vor ihr auf den Rücken wie ein Käfer. Der Schein des Feuers hinter ihm fiel jetzt direkt auf sein Gesicht und beleuchtete eine Unzahl bläulich-violetter Male um seine Augen.
    »O mein Gott!«, keuchte Jill.
    »Das sagen sie alle.«
    »Ich meine, deine Augen … was ist mit dir passiert?«
    »Es sieht schlimmer aus, als es ist.«
    »Jill sieht in ihren Träumen die Zukunft voraus«, unterbrach April. »Nur wegen ihr sind wir noch am Leben.«
    »Interessant«, sagte Mare, wieder mit einem fast schon überheblich wirkenden Grinsen. »Dann kannst du mir ja sagen, was ich als Nächstes tun werde, oder?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Jill verlegen.
    »Gut. Ich auch nicht. Sonst würde das Leben ja auch nur halb so viel Spaß machen.« Er nahm ihre Hand. »Ich bin Mare.«
    »So wie das englische Wort für Stute?«, fragte Jill, bereute ihre Bemerkung aber sofort.
    Der Junge kicherte. »Ja … wie das englische Wort für Stute.«
    »Tut mir leid, was ich da gesagt habe. Ich bin …«
    »Nein, warte! Lass mich mal raten … du bist Jill, richtig?«
    »Das wusstest du doch bereits, du Knallkopf. Ich wollte sagen, dass ich normalerweise nicht so komisch bin.«
    »Das weiß ich.«
    »Wieso, bist du ein Hellseher?«
    »Manche behaupten das zumindest.«
    »Und, was siehst du jetzt gerade?«
    Mare ließ endlich ihre Hand wieder los. Er war so von ihren Augen und den Bewegungen ihrer Lippen gefesselt gewesen, dass er nicht sagen konnte, ob das noch als Händeschütteln durchging oder ob es bereits Händchenhalten war.
    »Ich sehe ein umwerfendes Mädchen …«
    »Komm schon, Jill«, sagte April, schob die Decke beiseite und rappelte sich hoch. »Lass uns was zu essen holen.«
    »Aber ich …«, begann Jill, doch April hatte schon ihre Hand ergriffen und zog Jill auf die Beine.
    »Bis später, Mary.«
    »Ich heiße Mare.«
    »Trotzdem sehen wir besser zu, dass wir was von diesen Bohnen abbekommen, bevor alles weg ist.«
    »Absolut«, sagte Mare und stand ebenfalls auf. Dann trat er einen Schritt zurück und verneigte sich wie ein Höfling vor seiner Königin. »Es war mir ein Vergnügen, Eure Bekanntschaft zu machen.«
    »Mach dir keine Gedanken wegen April«, flüsterte Jill im Vorbeigehen. »Sie ist ein totaler Morgenmuffel.«
    Dann zwängte der Typ, der neben April geschlafen hatte, sich zwischen die beiden Mädchen und warf Mare einen verachtenden, fast
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