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Stuermische Gefahr

Stuermische Gefahr

Titel: Stuermische Gefahr
Autoren: Alia Cruz
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Sie war allein. Vollkommen allein und Katrina war auf dem Weg. Sie wartete auf sie. Warten und weglaufen, das war alles, was sie in ihrem Leben zustande gebracht hatte. Sie war gut damit gefahren und gut darin.
    Nur die letzten Tage hatte sie dieses Muster durchbrochen. Wo hatte sie das hingeführt? In dieses Zimmer. Das Zimmer eines Jungen, im Sumpfgebiet von New Orleans. Sie hätte einfach wieder weglaufen und warten sollen. Sie hätte nie die Wahrheit über Aidan erfahren. Hätte ihn für einen Verbrecher halten können und ihn so schneller vergessen. Vielleicht wäre sie in New York tatsächlich frei gewesen. Aber nein, sie hatte ja unbedingt endlich was tun müssen. Jetzt konnte sie noch nicht mal mehr weglaufen. Am Ende blieb nur das Warten.
    Sie hörte den Wind. Sie lauschte. Sie hatte immer Cameron für den größten Feind gehalten. Im Endeffekt war auch er nur ein Mensch gewesen. Ein kleiner sterblicher Mensch. Das da draußen war der wahre Feind. Gegen die Natur waren sie alle machtlos. Sie war die wahre Macht dieser Erde. Eine Macht, die niemand aufhalten konnte. Katrina würde kommen. Unaufhaltsam. Ohne Rücksicht, ohne Skrupel. Es wäre ihr egal, dass sie, Scarlett, noch nicht wirklich gelebt hatte. Dass es da noch so viel gegeben hätte, dass sie hätte tun wollen. Dass sie nur so wenig von der Welt gesehen hatte. Da waren noch so viele Orte, die sie gerne besucht hätte. Die Niagarafälle in Kanada, die Elefanten in der Savanne, den Eifelturm in Paris, die Liste war endlos. Katrina wäre es auch egal, dass sie jetzt hier mutterseelenallein saß und nicht allein sterben wollte.
    Das Haus knackte. Vielleicht erzählte es nun seine letzte Geschichte, bevor der Sturm alles verschlucken würde. Sie faltete ihre Hände ineinander. Sie zitterte. Sie war in den letzten Jahren immer allein gewesen, aber das war nichts im Vergleich zu diesem Moment. Ob Aidan erfahren würde, was aus ihr geworden war? Würde er in den nächsten Jahren noch an sie denken? Sie musste sich nicht mehr selbst belügen. Jetzt war es Zeit , ehrlich zu sich selbst zu sein. Sie liebte ihn. So wie es einem nur einmal im Leben passiert. Sie hatte ihn gesehen und gewusst, dass er der Eine war. Der Eine, der alles andere in den Schatten gestellt hatte. Der Eine, bei dem sie sich bedingungslos hätte fallen lassen können.
    Wenn, ja wenn er sich nicht schon einer anderen Sache verschrieben hätte. Spezialagent, würde er es wirklich schaffen für sie auszusteigen? Hätte sie damit leben können, wenn er Cameron noch getötet hätte? Nach allem was passiert war, konnte sie die Frage mit J a beantworten.
    Sie schloss die Augen. Angst. Sie hatte noch nie solche Angst in ihrem Leben gehabt. Noch nicht mal im Haus von Cameron Evans und auch die letzte Nacht nicht. Ob Cameron tot war? Sie hatte nicht genau gesehen, ob er mit dem Kopf aufgeschlagen war. Aber da er ihr nicht gefolgt war, keine weiteren Schüsse gefallen waren, musste er wohl tot sein. Es war vorbei, sie konnte sich nicht mehr zusammenreißen. Wozu auch, es war niemand hier, für den sie hätte stark sein müssen. Sie hielt die Tränen nicht mehr zurück. Sie ließ sie einfach über ihre Wangen laufen. Sollte Katrina kommen und sie holen, aber sie wäre wenigstens in den letzten Momenten ihres Lebens ehrlich zu sich selbst gewesen. Mehr konnte sie nicht mehr tun.
    „Scarlett!“
    Oh Gott, jetzt hörte sie schon Aidans Stimme. Allein und kurz davor , von einem Hurrikan verschluckt zu werden. Kein Wunder, dass sie durchdrehte.
    „Scarlett, bist du hier?“
    Scarlett riss die Augen auf. Das konnte nicht sein. Er war nicht hier. Sie bildete sich das nur ein. Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Hörte sie tatsächlich Schritte auf der Treppe? Nein, sie täuschte sich, das Haus gab diese eigenartigen Geräusche ab.
    „Verdammt , Scarlett, wo bist du?“
    Sie öffnete den Mund , doch sie brachte keinen Ton heraus. Die Zimmertür wurde aufgerissen und da stand er. Er füllte den gesamten Türrahmen. Er war so riesig. Seine blonden Haare waren vollkommen zerzaust und seine mitternachts blauen Augen ruhten auf ihr.
    Sie konnte nichts sagen. Wie konnte er tatsächlich und wahrhaftig hier sein ? Bildete sie sich das alles ein? Er lief auf sie zu, kniete sich vor sie. Seine Arme umschlossen sie und zogen sie ein Stück aus der Ecke. Sie nahm seinen männlichen Geruch wahr und spürte seine harten Muskeln. Er war real, er war hier! Bei ihr! Sie wollte etwas sagen, aber sie konnte nicht, die
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