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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition)
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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und aus der Decke geschlagen auf einer blauen Plane unter dem Schaukelgestell lag.
    »Ich hab gestern Abend mit deinem Dad gesprochen. Wie ich höre, bist du eine ziemlich gute Schützin geworden, Maggie. Und sogar mit der Büchse ein Ass.« Er zwinkerte ihr zu.
    Sie wusste nicht, warum Brian sie Maggie nannte. Vielleicht hatte er ihren Vater falsch verstanden. Sie mochte die Art, wie er grinste.
    Die beiden Riesen hievten das tote Tier ins Boot und deckten es mit ihrer eigenen Plane zu. Margo hatte mit ihrem Großvater ein paar Ausflüge zu Brians Hütte unternommen, meistens war niemand dort gewesen. Sie lag gut dreißig Meilen stromaufwärts an einem Flussabschnitt ohne direkte Zufahrt und ohne Strom und schien sich auf ihren Pfählen zu neigen, als wollte sie dem Wasser noch näher sein. Die Bäume dort, erinnerte sich Margo, waren groß und moosbewachsen, und um ihre Stämme wanden sich Giftefeuranken. Am lebhaftesten stand ihr der Tag noch vor Augen, an dem ein Opossum in eine Kastenfalle getappt war. Ihr Großvater wollte es gerade erschießen, als Margo ihn darauf aufmerksam machte, dass sich im drahtigen Fell des Tieres Junge versteckten, ein Dutzend sich festklammernder winziger rosafarbener Wesen mit hervorquellenden Augen und durchscheinenden Gliedern und Nasen. Als er sah, wie fasziniert Margo war, ließ er die tollpatschige Mama davontrotten.
    »Ich hab den Alten, ich meine deinen Grandpa, bewundert. Möge er in Frieden ruhen«, sagte Brian. »Aber ich muss dir sagen, Kleine, mit dem einen oder andern Murray aus Murrayville hab ich’s nicht so.«
    »Brian hat Cal ein paar Zähne ausgeschlagen«, erklärte der andere Bärtige und kniff ein Auge zusammen. Seine Stimme war dünner als Brians und klang irgendwie nervös.
    »He, der Dreckskerl hat mich gefeuert«, verteidigte sich Brian. »Hatte aber nicht den Mumm, es mir selbst zu sagen, sondern hat seine Sekretärin vorgeschickt. Also bin ich in sein Büro und hab ihm die Meinung gesagt. Er hat geantwortet, dass ihm meine Art nicht passt, und da hab ich mir gedacht, dass ich ihm meine Art ein für alle Mal klarmachen sollte.«
    Der Mann, der hinten im Boot seinen Rausch ausschlief, gab Geräusche von sich. Er drehte sich auf den Sitzkissen um, und Margo sah, dass er einen Schnurrbart hatte.
    »Weckt jemand das Arschloch auf? Oder sollen wir ihn über Bord werfen?«, fragte Brian. Die beiden Männer lachten.
    »Liebling, nein …«, stöhnte der Betrunkene.
    »Wie’s aussieht, hat man Cal die Zähne wieder eingesetzt«, meinte Brian. »Ich hätte Lust, sie ihm noch mal auszuschlagen, schon um rauszukriegen, wie das mit dem Wiedereinsetzen geht.«
    Margo fragte sich, ob Brian wusste, dass Crane Cal ebenfalls ein paar Zähne ausgeschlagen hatte.
    »Das ist übrigens mein Bruder Paul. Pauly, das hier ist mein Traumgirl, das hübscheste Ding am Fluss. Wenn du deine Brille aufsetzen würdest, würde es dich wahrscheinlich genauso umhauen wie unseren Johnny hier.« Er wandte sich wieder an Margo: »Ich passe auf, dass mein Bruder keine Drogen mehr nimmt. Hier am Fluss braucht man keinen Turbo, Hauptsache, in deinem Bootsmotor steckt einer.«
    »Musstest du ihr das erzählen?«, beschwor ihn Paul. »Herrgott noch mal!«
    »Keine Sorge, sie quatscht bestimmt nicht«, beschwichtigte ihn Brian und zwinkerte Margo zu. »Ich hab ihn von dem Dreckszeug so gut wie geheilt, Maggie.«
    »Warum hältst du nicht einfach das Maul, Brian?« Paul drehte den Kopf so, dass er Margo jetzt aus dem linken Auge ansah. Sie fragte sich, ob er auf dem anderen blind war.
    Margo nahm zwei Zwanziger entgegen – das war mehr, als sie erhofft hatte – und schob sie in die Hosentasche. Die Jeans wurde ihr langsam zu eng, aber sie wollte das Munitionsgeld nicht für eine neue Hose vergeuden.
    Wieder stöhnte der Mann hinten im Boot.
    »Einen Fünfer, dass Johnny auf den Hirsch fällt«, wettete Paul.
    »Von mir aus kann er sich an ihm schubbern, wenn ihm nach Romantik ist«, meinte Brian. Seine große Hand ruhte jetzt wieder auf dem Steuerrad, und Margo stellte fest, dass der Handrücken von Narben überzogen war, von weißen Linien, als hätte ihn jemand immer wieder geschnitten, ohne ihn jedoch verletzen zu können. Zu gern hätte sie ihn berührt, um herauszufinden, wie die Narben sich anfühlten.
    »Besuch uns mal oben am Fluss, Maggie«, schlug Brian vor. »Du weißt ja, wo die Hütte steht.«
    Der blonde Mann rollte zur Seite, fiel von der Rückbank und plumpste auf den zugedeckten
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