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Street Art Love (German Edition)

Street Art Love (German Edition)

Titel: Street Art Love (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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die mir aus erzieherischen Gründen nicht geholfen hat, mir aber immerhin angeboten hat, mich um zwölf zur Schule zu fahren.
    »Ich will mit!«, quengelt Max. »Ich will das Bild sehen.«
    Mein Vater zeigt es ihm auf seinem iPhone, aber das kennt er schon, und das interessiert ihn auch nicht.
    »Ich will es in echt sehen.«
    Ja, das verstehe ich.
    »Kann er nicht mitkommen?«, frage ich, weil ich etwas moralische Unterstützung gebrauchen könnte. Außerdem habe ich Angst, mit Charly allein zu sein.
    »Es ist viel zu kalt!«, sagt meine Mutter.
    »Ich zieh mich warm an«, beharrt Max.
    »Er stört mich nicht«, sage ich.

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    MAX HAT SICH DURCHGESETZT, und ich bin froh darüber. Er wird vermutlich die ganze Zeit herumplappern, dann ist es nicht so still. Charly und ich würden wahrscheinlich die ganze Zeit schweigen. Das könnte ich nicht ertragen. Irgendwann hat Charly mich mal gemocht, da bin ich mir sicher. Sein Vater hat gesagt, er hätte wegen mir nicht geschlafen. Aber das war, bevor es sein Vater vor mir und allen anderen laut erwähnt hat, und das ist bestimmt ein weiterer Grund, mich zu hassen.
    »So, hier sind wir«, sagt meine Mutter und hält vor der Schule. Natürlich ist das Schulgelände wie ausgestorben.
    »Wenn Charly kommt, ruft ihr den Hausmeister an, der macht euch auf und gibt euch auch Wasser«, sagt meine Mutter, die offenbar doch noch eine Menge im Hintergrund geregelt hat. »Wo hast du dich mit Charly verabredet?«
    Ich hüstele verlegen. Ich habe mit Charly kein Wort geredet, keine Mail und keine SMS geschickt und auch keine bekommen.
    »Hier vor der Schule«, lüge ich.
    Wir steigen aus und holen das Material aus dem Kofferraum. Max schnappt sich einen Eimer.
    »Soll ich den Hausmeister anrufen?«, fragt meine Mutter.
    »Mach ich schon. Du kannst fahren.«
    »Gut, und wann soll ich euch abholen?«
    »Ich rufe dich an. Danke fürs Herbringen.«
    Meine Mutter nickt, drückt uns beide kurz, setzt sich in ihr Auto und braust los.
    Max hüpft aufgeregt auf und ab. »Wann geht es los?«
    »Wir warten noch auf Charly«, sage ich. Natürlich ist er zu spät.
     
    Erst zwanzig Minuten später wird mir klar, dass er nicht kommt. Das war eigentlich klar. Er hat nichts mit dieser Sache zu tun. Aber egal, was ich vorher gedacht oder gefühlt habe, jetzt vermisse ich ihn. Sehr sogar. Und nicht nur, weil er mir beim Arbeiten helfen würde.
    Ich rufe den Hausmeister an, der uns deutlich spüren lässt, dass wir seine Sonntagsruhe stören. Brummig kommt er auf das Schultor zu und öffnet es umständlich.
    »Ich bräuchte auch noch Wasser.«
    »Die Turnhalle ist offen.« Er sieht zu Max. »Aber keinen Unsinn anstellen da drin!«
    Ich bedanke mich artig und laufe langsam Richtung Turnhalle.
    Ich hoffe immer noch, dass Charly kommt.
    »Kann ich schon vorlaufen?«, fragt Max.
    »Ja, immer geradeaus, das graue Gebäude.«
    Max flitzt los, und ich bleibe stehen, hole mein iPhone heraus und sehe nach, ob Charly mir eine SMS oder Mail geschickt hat. Nichts. Auch beim zweiten Kontrollieren.
    »Sophie! Da ist ein Bild«, ruft Max und rennt mir wieder entgegen.
    »Ich weiß.«
    Max nimmt mich an der Hand und zieht mich mit, und ich stolpere mit den Eimern voller Spachtel und Geschirrspülmittel hinter ihm her. Ich finde es nett, dass er so begeistert ist, aber das macht es mir nicht gerade leichter, das Bild abzunehmen.
    »Schau mal!«
    Im ersten Moment kann ich es nicht glauben. Wie hat er das geschafft?!
    Max strahlt mich begeistert an. »Das kenne ich, das bist du, oder? Das hast du doch in klein.«
    Ich starre auf die Wand, mein Wandbild ist verschwunden, stattdessen hänge ich da, riesengroß, als Comicfigur in Charlys Style, lehne lässig an der Wand, mit diesem Blick, und habe die Arme verschränkt. Und unten an den Füßen ist mein Tag.
Msss.
Mir schießen die Tränen in die Augen.
    Ich lasse die Eimer fallen und setze mich auf den Boden. Es ist kalt, aber das stört mich nicht. Ich kann gar nicht aufhören hinzusehen.
    »Sophie? Was ist?«, fragt Max und schiebt sich auf meinen Schoß.
    »Ich seh mir nur das Bild an.«
    »Wer hat das gemacht?«
    »Charly.«
    Es ist ein gutes Bild, teils gesprayt, teils gestenzelt, teils gemalt. Es leuchtet in kräftigen Farben und ist schwarz umrandet. Wann hat er das gemacht? Ich habe eine Woche gebraucht, er muss es in zwei Tagen geschafft haben. Und er hat es für mich gemacht. Für heute.
    »Sophie?«, fragt Max leise und etwas beunruhigt, weil ich immer noch die
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