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Street Art Love (German Edition)

Street Art Love (German Edition)

Titel: Street Art Love (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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hinterherrennen.
    Endlich reißen sich meine Eltern los. Schon auf dem Weg zum Auto werten sie den Verlauf der Verhandlung aus.
    »Das war natürlich eine unerwartete Wendung«, sagt meine Mutter. »Der arme Junge.«
    »Seinem Vater scheint es auch nicht gut zu gehen«, sagt mein Vater und drückt meine Mutter kurz an sich. »Ohne dich, das könnte ich mir gar nicht vorstellen.«

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    WIR KOMMEN SPÄT NACH HAUSE . Max und Irina sitzen vor dem Fernseher. Irina sieht erschöpft aus. Ich kann sie gut verstehen, Max kann sehr anstrengend sein.
    Er springt auf uns zu. »Wo wart ihr? Ich habe Hunger.«
    »Ich koche etwas«, sagt mein Vater, und wir sehen ihn alle überrascht an. »Falls etwas im Gefrierschrank ist«, fügt er schnell hinzu.
    Irina geht, und meine Mutter erzählt Max von dem Wandbild, ohne die kleine Gerichtsverhandlung zu erwähnen, was mich erleichtert. Ich bin zwar stolz auf das Bild, aber ich schäme mich für den Ärger, den ich Charly und seinem Vater gemacht habe.
    »Ich will es auch sehen!«, kräht Max.
    »Kannst du. Bis Sonntag«, sage ich düster und gehe in mein Zimmer. Vielleicht sollte ich mich freuen, dass meine Eltern keinen großen Aufstand um die Sache gemacht haben, aber in diesem Fall wäre es mir fast lieber gewesen, sie hätten sich über mich aufgeregt. So bin ich allein mit meinen Schuldgefühlen.
    Zum Glück ruft Maja an. »Wie war es? Hast du alles erzählt?«
    »Nichts über dich«, sage ich, und sie atmet erleichtert auf. »Es war überhaupt ganz harmlos, wir sollen das Bild nur am Sonntag entfernen.«
    »Also ich und du?«
    »Nein. Sie denken immer noch, es waren Charly und ich, obwohl ich ihnen gesagt habe, dass es anders ist. Ich hatte den Eindruck, niemand will die Wahrheit wissen.«
    »Na ja«, Maja hüstelt nervös. »Wenn es ihn nicht stört.«
    »Aber ich fühle mich schlecht. Weißt du, es hat sich etwas geändert.«
    »Was?«
    »Ich bin nicht mehr weiß.«
    Maja lacht. »Nein, ich schätze, da hat sich jetzt ein wenig Schwarz dazugemischt.«
     
    Etwas später kommt Max in mein Zimmer. Er hat eine Menge aufgeschnappt und will nun von mir wissen, worum es eigentlich geht.
    »Ich habe in der Schule ein großes Bild an eine Wand gemacht und muss es nun wieder abmachen.«
    »Warum?«, fragt er mit großen Augen.
    »Die Schule will das nicht.«
    »Warum?«
    Ich zucke mit den Achseln. Ich habe keine richtige Antwort darauf.
    »Papa hat mir das Bild gezeigt. Ist das Charly?«, fragt er, und ich nicke. »Ich habe Mist gebaut. Alle denken, Charly war das, dabei habe ich das Bild gemacht. Aber jetzt geben sie ihm die Schuld.«
    Max sieht mich an. »Du magst ihn gerne.« Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, und ich nicke wieder.
    »Und wie ist es mit Irina?«, frage ich schnell, damit wir nicht weiter über Charly reden und ich womöglich zu heulen anfange.
    »Sie ist nett«, sagt Max ehrlich. »Aber du bist meine Schwester.«
    Jetzt heule ich doch und nehme ihn schnell in den Arm. »Und du bist der beste Bruder auf der Welt.«
    »Schon gut!«, sagt er mit tiefer Stimme und klopft mir auf den Rücken. »Ich bin ja da.«
    Ich habe ihn in den letzten Wochen wirklich vermisst.
     
    Am Samstag beschäftige ich mich mit den verschiedenen Techniken, Tapeten von Wänden zu lösen. Da ich das Bild mit Tapetenkleister an die Wand gehängt habe, sollte es auch wie eine Tapete wieder abgehen. Man kann dafür Tapetenlöser nehmen oder Wasser mit einem Spritzer Geschirrspülmittel. Also eigentlich ganz einfach. Es wird allerdings nicht sehr angenehm, bei der Kälte mit Wassereimern auf der Leiter zu stehen.
    Ich habe meinen Eltern gebeichtet, dass die Leiter noch an der Schule steht, und versprochen, sie nach der Säuberungsaktion wieder nach Hause zu bringen. Ich suche mir kleine Eimer und Spachtel im Haus zusammen, und dabei werde ich immer trauriger. Es ist, als ob das Entfernen des Bildes auch die Beziehung zu Charly beendet. Beziehung? Falls es die überhaupt je gegeben hat. Und nun bin ich mir ziemlich sicher, dass er mich nicht mehr sehen will, nach dem schrecklichen Gespräch in der Schule. Und nach dem Abkratzen meines Wandbildes bei dieser Kälte wird er mich wahrscheinlich hassen. Ich könnte es jedenfalls verstehen.
     
    Am Sonntag haben meine Eltern einen großen Frühstückstisch gedeckt, aber ich habe keinen Appetit. Ich kaue an einer Scheibe Toast herum und denke an Charly, und mein Magen zieht sich zusammen.
    »Bist du gut vorbereitet?«, fragt meine Mutter,
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