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Street Art Love (German Edition)

Street Art Love (German Edition)

Titel: Street Art Love (German Edition)
Autoren: Katrin Bongard
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negativer Einfluss!«, poltert Charlys Vater los. »Und schon mal drüber nachgedacht, was für einen schlechten Einfluss Ihre Tochter auf meinen Sohn hat? Der schläft ja kaum noch, seit er sie kennt.«
    Charly wird rot und beißt sich auf die Unterlippe.
    »Charly hat mit der Sache nichts zu tun!«, wiederhole ich.
    »Ach nein?«, fragt mein Vater. »Und wer, Sophie, soll das auf dem Wandbild bitte sein?«
    »Irgendein Sprayer halt.«
    »Aber das ist schon Charlys, wie sagt man …
Tag
, was dieser Sprayer auf dem Bild dort an die Wand sprayt?«
    Seit wann kennt sich mein Vater mit so etwas aus? Sie haben sich wirklich gut auf meine Verteidigung vorbereitet.
    Alle sehen fragend zu Charly.
    »Okay, ist das, Charly, was da an die Wand gesprayt wird, dein …
Tag
?«, fragt Frau Moos.
    Charly nickt.
    »Na bitte!«, sagt meine Mutter.
    »Moment mal!«
    Charlys Vater steht auf und verschränkt die Arme vor der Brust. Er erinnert mich sehr an Charly.
    »Ich weiß genau, wie mein Sohn zeichnet, malt oder sprayt. Und das«, er zeigt auf das Bild am Flipchart, »ist absolut nicht sein Stil. Das könnte er gar nicht.«
    Frau Liebig sieht besorgt aus, als geriete die Sache hier etwas außer Kontrolle. Sie steht auf und stellt ein zweites Bild auf das Flipchart.
    »Vielleicht hilft das ja weiter.«
    Es ist die Vergrößerung eines Ausschnitts von dem Video. Ich sehe mich auf der Leiter, mit meinem blonden Pferdeschwanz, wie ich mich nach unten beuge und Maja eine Packpapierbahn abnehme. Nur dass man Maja von hinten sieht, sie ihre Kapuze aufhat, Handschuhe und Charlys Jacke trägt.
    Charlys Vater geht ungläubig an das Flipchart, kramt eine Lesebrille hervor und starrt auf das Foto. Dann dreht er sich zu Charly.
    »Warum hast du mir nicht gesagt, dass du beteiligt warst?«
    Meine Eltern lehnen sich befriedigt zurück. Die erste Schlacht ist gewonnen, es geht nicht mehr darum, wer , sondern nur noch darum, warum dieses Bild an die Wand gebracht wurde, und da alle wissen, dass ich vorher nichts mit Street Art zu tun hatte, sehen sie den Rest der Verteidigung als Kinderspiel an.
    »Charly hat damit nichts zu tun!«, wiederhole ich hartnäckig. »Ich habe das Bild gemacht.«
    »Sehen Sie«, sagt mein Vater zu Frau Moos, »wie stark sein Einfluss auf meine Tochter ist?«
    Die Mediatorin lächelt kurz, um alle zu beruhigen. »Okay, so kommen wir offensichtlich nicht weiter. Wie wäre es mit konstruktiven Vorschlägen, wie man nun verfahren kann? Frau Moos?«
    Die Rektorin richtet sich kerzengerade auf. »Das Bild muss weg, ganz klar. Und ich sehe nicht ein, dass die Schule dafür zahlen soll.«
    Ich atme auf. Immerhin ist das Wort
Schulverweis
bisher nicht gefallen, und jetzt geht es offenbar schon um das Urteil.
    »Ich kann es wieder wegmachen!«, sage ich.
    Charly sieht mich stolz an. »Warum? Es ist gut!«
    Sein Vater gibt ihm einen schnellen Klaps auf den Hinterkopf.
    »Herr Menz«, sagt Frau Moos leicht geschockt. »Ich weiß, dass es in letzter Zeit schwer für Sie beide war, aber Sie können Ihren Jungen nicht allein dafür verantwortlich machen. Und schlagen sollten Sie ihn schon gar nicht.«
    Herr Menz faltet erregt die Hände und legt sie auf den Tisch. Seine Fingerknöchel werden ganz weiß, so fest presst er sie zusammen. Er beherrscht sich nur mühsam.
    »Der Tod meiner Frau tut an diesem Tisch und in dieser Situation überhaupt nichts zur Sache.«
    Meine Mutter zuckt leicht zusammen, mein Vater zieht scharf die Luft ein.
    Ich starre Charly an. Seine Mutter ist gestorben? Wann, woran, wieso? Und warum hat er nie davon erzählt?
    »Herr Menz, das tut mir leid …«, sagt meine Mutter vorsichtig.
    Alle schweigen. Charly starrt auf die Tischplatte.
    Frau Moos räuspert sich. Ihre Stimme hat einen neuen, sehr viel sanfteren Klang. »Ich denke, wir sind an einen guten Punkt gekommen.« Sie sieht in die Runde. »Ich schlage vor, dass Charly und Sophie das Bild am Sonntag gemeinsam beseitigen, denn dann kann ich die Sache mit gutem Gewissen als erledigt betrachten. Sollte eine anschließende Renovierung der Wand allerdings nötig sein, komme ich natürlich noch einmal auf die Erziehungsberechtigten zurück.«
     
    Sonntagmittag zwölf Uhr wird als Termin festgesetzt. Charly und sein Vater verlassen fluchtartig den Raum, während meine Eltern mit der Nacharbeit beginnen. Schließlich geht es auch darum, zu verhindern, dass diese Sache in meine Schulakte wandert. Ich will nur gehen, schnell. Am liebsten würde ich Charly
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