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Strandglut 27 Short(s) Stories

Strandglut 27 Short(s) Stories

Titel: Strandglut 27 Short(s) Stories
Autoren: Nika Lubitsch
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dem kalten Kaffee umgeworfen. Das konnte doch nicht wahr sein, jetzt flötete er „dem Apendix“, wie Balsius seine Frau ab und zu nannte, doch tatsächlich Liebesbezeugungen ins Ohr. Als ob sie jetzt keine anderen Sorgen hatten. Nach einer halben Stunde dröhnte es aus der Sprechanlage:
    „Schon was gegessen heute, Annelie?“
    „Äh, nein! Und Brauer wartet dringend auf einen Rückruf.“
    „Soll er warten, bestell‘ uns ein Dinner für zwei in der Kantine und komm‘ damit mal rüber.“
    Annelie atmete tief durch. Jetzt würde er sie feuern, soviel stand fest.
    Kerzengerade betrat sie das Allerheiligste, zwei Teller Fafarelle mit Brokkoliröschen vor sich her balancierend. Blasius saß an seinem „Universum“, wie sie den polierten Schreibtisch zu nennen pflegte, die beiden unterschiedlichen Schuhe auf dem Tisch.
    „Sag, Annelie, wie viele Mitarbeiter habe ich heute früh gesehen?“
    Annelie zählte nach. „Acht bis zehn, schätze ich“.
    „Und niemand hat mir auf die Schuhe geschaut. Warum nicht?“
    „Weil, äh, weil man in ihr Gesicht schaut.“
    „Du meinst, weil man an meinem Gesicht ablesen will, was einem bevorsteht. So ist es doch, oder?“
    „Hhm, ja, vielleicht.“
    „Und aus Angst, irgendeine kleine Regung, einen Anflug von Irritation zu verpassen, verpassen alle, dass ich mich geirrt habe, nicht wahr?“
    „Wenn sie es so sehen wollen?“
    „Verdammt noch mal, ich bin schließlich nicht unfehlbar!“
    „Doch“, entfuhr es Annelie.
    „Komm, Mädchen, raus mit der Sprache, was heißt das?“
    „Dass sie der Vorstandsvorsitzende sind und unfehlbar.“
    „Na gut, wenn das die Mitarbeiter glauben, ist das ja nicht schlecht. Aber wenigstens meine engsten Mitarbeiter sollten vielleicht einkalkulieren, dass ich auch ein Mensch bin.“
    „So kennen wir sie aber nicht.“ Annelie war jetzt schon alles egal.
    „Das war deutlich. Danke. Und jetzt stell mich mal durch zu Brauer.“
    Annelie ging wieder in ihr Büro und stellte die Verbindung zum Aufsichtsratsvorsitzenden hin.
    „Prima Peter, dass du jetzt schon zurückrufst“, bellte Brauer durchs Telefon. „Aber du hast dich ja schon selbst zurückgepfiffen, also hat das Telefonat keinen Sinn mehr.“
    „Wie bitte“, fragte Blasius verständnislos.
    „Woher wusstest du eigentlich, dass wir die Entlassungen nicht mehr mittragen wollen?“
    „Ich habe damit gerechnet, dass ihr mich zum Sündenbock machen wolltet.“
    „Das stimmt nicht, Peter. „Aber auf jeden Fall, Glückwunsch zur gelungenen Pressekonferenz. dpa hat sich vor Freude ja geradezu überschlagen.“
    „Ich werde bei der nächsten Sitzung die Vertrauensfrage stellen.“
    „Die brauchst Du nicht zu stellen, du hast unser hundertprozentiges Vertrauen.“
    Als Peter aufgelegt hatte, lächelte er. Über Taste zwei gab er Mausgrau das Signal, dass er den Wagen vorfahren sollte. Als Mausgrau ihm die Tür aufhielt, fragte Peter:
    „Sagen Sie mal, Manskrow, warum tragen sie eigentlich immer grau?“
    „Da kann nichts falsch machen, Chef“, grinste Mausgrau.

Das Lied der Amsel

    Die Technoklänge tanzten mit ihrem Blut, ihr Atem ging stoßweise. Die Pulsuhr zeigt Laura, dass sie es ein bisschen gemächlicher angehen lassen sollte. Sie verlangsamte ihr Tempo, rannte noch ein bisschen auf der Stelle und steuerte die Parkbank an, auf der eine alte Dame ihr neugierig entgegenschaute. Laura ließ sich auf die Bank fallen und schloss die Augen. Der Schweiß rann zwischen ihren Brüsten herab und hinterließ einen dunklen Fleck auf ihrem T-Shirt. Ihr Herz wummerte im gleichen Takt wie die Band in ihrem Kopfhörer. Laura beugte ihren Oberkörper zwischen die Beine und atmete tief durch, der Kopfhörer machte sich selbständig.
    „Ist ihnen nicht gut, Kindchen?“ fragte die alte Dame.
    „Wieso?“ fragte Laura, die plötzlich wieder hören konnte.
    „Sie keuchen so.“
    Laura schaute auf die Pulsuhr. „Pulsfrequenz einhundertachtunddreißig, entschieden zu viel“, sagte sie.
    „Soll ich einen Arzt rufen?“
    „Nee, wieso, ich bin doch nur gerannt.“
    „Wovor rennen Sie denn weg?“ fragte die Weißhaarige, die Laura auf mindestens Mitte Achtzig schätzte.
    „Ich renne vor nichts weg, ich laufe halt.“
    „Ist jetzt sehr schön hier im Park, nicht wahr?“
    „Hhmm“, machte Laura, der nicht unbedingt nach einem Gespräch zumute war.
    „Haben Sie diese Amseln gehört, ist das nicht wundervoll. Überall Frühlingsgefühle“, sagte die Alte.
    „Ich höre Musik“,
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