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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition)
Autoren: John Niven
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Aperitifs, edler Weine und starker Digestifs. Diese gottverdammten Iren. Er betrachtete seinen Klienten, der in seinem feinen Anzug, seinen Viertausenddollar-Schuhen und mit einem leeren Glas in der Hand dasaß und ein trauriges Gesicht zog. Wie in einer Fellini-Verfilmung von Die Asche meiner Mutter .

fünf
    Professor David Bell betrachtete die anderen Mitglieder des Komitees, die um den langen Konferenztisch herum Platz genommen hatten. Sie waren nur zu sechst, und das Meeting hätte problemlos in einem kleineren Raum abgehalten werden können. Aber die altehrwürdige Tradition des F. W. Bingham Awards verlangte, dass die Dinge auf eine ganz bestimmte Art vonstattengingen. Also saßen sie hier im größten Konferenzraum des Shelton’s, einem der prachtvollsten und ältesten Herrenclubs in Mayfair. Das Licht und der Londoner Sommerregen fielen auf die hohen georgianischen Fenster hinter Bell, als dieser sich räusperte.
    Es war ein sehr langer und zwischenzeitlich sehr heißer Tag gewesen. Leere Mineralwasserflaschen und schmutzige Kaffeetassen standen auf dem Tisch herum, auf dem sich mehrere Dutzend Bücher zu Türmen stapelten. Papierstreifen und Post-its, die zwischen ihren Seiten hervorlugten, markierten jene Stellen, die die Anhänger des einen oder anderen Autors zu dem Zweck ausgewählt hatten, sie aus dem Werk ihres Kandidaten zu zitieren, um ihre Argumente zu untermauern. Von jedem hier im Raum wurde verlangt, das Œuvre jedes einzelnen Romanciers auf der Longlist zu lesen: über zweihundert Bücher verteilt auf zweiundzwanzig Autoren, die das Komitee letztendlich auf eine Shortlist von fünf Kandidaten eingedampft hatte. Sie waren um neun Uhr morgens hier zusammengekommen, um unter diesen fünf Kandidaten einen auszuwählen. Jetzt, gut dreizehn Stunden später, hatten sie ihre Aufgabe endlich abgeschlossen.
    Bell blickte in die Runde der müden Gesichter, von denen drei lächelten, zwei dagegen nicht einmal die Andeutung eines Lächelns zeigten.
    Zu den lächelnden Gesichtern gehörten das von Petronella Fuente, der Poetin und feministischen Literaturkritikerin, das von Marcus Finn, dem renommierten Moderator namhafter Kultursendungen, sowie das von Professor Dominic Lyons, dem Dekan der Universität von Deeping, der ehemaligen Alma Mater des großen F. W. Bingham persönlich. Die beiden anderen waren Amanda Costello, Romanautorin und Kolumnistin, sowie Gregor Trencher, der bekannte Akademiker. Bell, Lyons und Trencher bildeten seit mehr als zwei Dekaden den harten Kern dieses Komitees und hatten den Auswahlprozess bisher viermal durchlitten, da der Preis nur alle fünf Jahre vergeben wurde. Die verbleibenden drei Mitglieder des Komitees wurden im Rotationsverfahren ausgewählt, um für frisches Blut und neue Perspektiven zu sorgen.
    »Dann sind wir uns also alle einig?«, fragte Professor Bell.
    Costello schnalzte abfällig und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Miss Costello«, sagte Bell höflich, »wir haben Ihre Ansichten vernommen, und am Ende hat die Mehrheit entschieden. Ich muss Sie nun bitten, sich an die Traditionen dieses Komitees zu halten und unsere Verlautbarung, dass diese Entscheidung einhellig getroffen wurde, öffentlich zu unterstützen.«
    »Ja, ja«, blaffte Costello und warf Petronella Fuente einen finsteren Blick zu. »Ich kann nur einfach nicht glauben, dass Sie Ihre Stimme verschenken … an einen solchen Mann.«
    »Wir urteilen hier ausschließlich über das Werk«, erwiderte Fuente, »nicht über das Privatleben des Autors. Und so wie ich das sehe, sind seine Romane großartig.«
    »Darf ich Sie alle an die Modalitäten dieses Preises erinnern?«, fragte Trencher. »Da heißt es ausdrücklich: ›Von dem außerdem angenommen werden darf, dass er das Universitätsleben bereichert.‹« Er blickte in die Runde. »Wie Miss Costello bereits herausstellte: Darf man das von diesem Herrn wirklich annehmen?«
    »Ja, ich denke schon«, sagte Professor Lyons. »Als einzige Person an diesem Tisch, die nach Verleihung des Preises noch persönlichen Umgang mit dem Preisträger haben wird, wage ich, diesbezüglich jeden Zweifel auszuschließen. Sein Name dürfte von großer Strahlkraft nicht nur für die Studierenden, sondern auch für zukünftige Studenten sein.«
    »Ha!«, entgegnete Costello. »Die Bereicherung Ihrer finanziellen Mittel und die Bereicherung des kulturellen und intellektuellen Lebens Ihrer Universität sind wohl kaum ein und dasselbe.«
    »Das eine ist ohne das
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