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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich
Autoren: Charlie Higson
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einige Male tief Luft und rang um Fassung, bevor er das Gebäude betrat.
    David Clasnet lächelte freundlich, als James ihm die Nachricht überreichte.
    »Ich habe alles vom Fenster aus beobachtet«, sagte er. »Ein guter Schlag. Ich muss gestehen, es hat mir Spaß gemacht.«
    »Das kann ich von mir nicht gerade behaupten«, erwiderte James. »Es wird mir nichts als Scherereien einbringen.«

Der alte Bootsmann
    S ind Sie bereit, Bond?«
    »Ich glaube schon, Sir.«
    »Guter Junge. Ich werde Sie nämlich heute hart rannehmen.«
    »Das ist nichts Neues, Sir«, sagte James. »Das tun Sie jedes Mal.«
    »Bond, Sie wissen, Sie sollen einem Lehrer nicht widersprechen. Wenn ich streng wäre, würde ich Sie dafür ein paar Runden rennen lassen.«
    »Tut mir Leid, Sir.«
    »Wenn ich’s mir recht überlege, werden Sie trotzdem ein paar Runden laufen. Viermal um Dutchman’s herum. Los geht’s!«
    Bond seufzte und rannte los. Nicht dass es ihm tatsächlich etwas ausmachte. Er war nie glücklicher als beim Laufen. Dann spürte er, wie seine Muskeln arbeiteten, sein Herz pochte, seine Lunge sich mit Sauerstoff füllte. Es verschaffte ihm einen klaren Kopf, weckte ihn auf und half ihm, den dicken Klumpen in seinem Magen zu verdauen, der von Codroses unbekömmlichen Mahlzeiten herrührte.
    Wenn er rannte, fühlte er sich lebendig.
    Schon immer war er lieber gerannt als gegangen, aber erst in Eton war ihm klar geworden, was für ein guter Läufer er wirklich war. Mr Merriot hatte sein Talent auf den ersten Blick erkannt.
    Mr Merriot war sein Tutor und zu seinen Aufgaben gehörte es, James in Eton zu betreuen. Außerdem war er Betreuer der Leichtathleten. Er war ein großer, schlanker Mann mit grauen Augen, wirren Haaren und einer mächtigen, krummen Nase, die wie eine Flosse aus seinem Gesicht hervorstach. Der schwarze Talar war zu schmal für ihn und spannte fast um die Taille. Man sah Merriot so gut wie nie ohne Pfeife im Mund, die allerdings die Hälfte der Zeit nicht brannte.
    James mochte Merriot. Er war freundlich und hilfsbereit und wurde nicht müde zu betonen, dass er für die Schüler da sei und nicht umgekehrt, so wie es einige andere Lehrer zu glauben schienen. Seine Fächer machten Spaß und es war nicht schwer, ihn dazu zu bringen, abzuschweifen und über seine Lieblingsthemen zu reden, anstatt den eigentlichen Stoff zu unterrichten.
    Und er glühte förmlich vor Begeisterung, wenn es ums Laufen ging.
    Immer wieder erzählte er den Jungen von seiner Zeit in der königlichen Marine. Damals hatte er Großbritannien bei den Olympischen Spielen von 1924 vertreten und sogar eine Bronzemedaille gewonnen. Ein Reitunfall hatte seiner Karriere ein jähes Ende gesetzt und so war er Lehrer geworden. Sein Enthusiasmus und sein Eifer hatten dazu beigetragen, dass das Laufen in der Schule immer beliebter wurde. Es war mühevoll gewesen. Anfangs gab es keine richtige Laufbahn und abgesehen vom jährlichen Hindernislauf fanden die meisten Rennen auf der Straße statt. Um zu trainieren, mussten die Jungen auf ein freies Stück Land ausweichen, das man allgemein Dutchman’s Farm nannte.
    Heute zeigte sich der Himmel in einem düsteren Grau und ein gelber Nebel lag über dem Feld und verschluckte alle Farben. An einem Tag wie diesem verfiel man leicht in eine trübe Stimmung, aber James hatte die Erfahrung gemacht, dass Laufen ein gutes Gegenmittel war, und überdies konnte man dabei sehr gut nachdenken.
    Als er seine Runden gedreht hatte, stand er, die Hände auf die Knie gestützt, da und rang nach Atem.
    »Wir müssen an Ihrer Kraft arbeiten«, sagte Mr Merriot. Den Blick auf die Stoppuhr gerichtet, baute er sich vor James auf. »Ich sehe Sie als Langstreckenläufer, Bond.«
    »Wirklich, Sir?«
    »Ja. Der Sprint ist nur was für Angeber, die eigentliche Bewährungsprobe findet auf der Langstrecke statt. Sie sind groß gewachsen, mein Junge, das ist gut. Und obwohl Sie noch ein Neuling sind und ein Unterstufler, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es viele gibt, die es auf der langen Distanz mit Ihnen aufnehmen können. Und wenn wir erst einmal an Ihrer Kondition gearbeitet haben …«
    James wusste nicht, was er sagen sollte, also sagte gar nichts.
    »Und jetzt werde ich Ihnen ein kleines Geheimnis verraten, Bond«, sagte Merriot und zündete erneut seine Pfeife an. »Sie müssen mir versprechen, es für sich zu behalten.«
    »Natürlich, Sir.«
    »Natürlich, Sir!« Merriot hatte die Angewohnheit, das, was man gerade gesagt
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