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Stille Tage in Clichy

Titel: Stille Tage in Clichy
Autoren: Henry Miller
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nicht, daß sie damit einverstanden sein wird», sagte ich und genoß sein Unbehagen. «Sie meint es ernst. Außerdem, wenn sie wirklich nicht alle Tassen im Schrank hat, vergißt sie vielleicht ganz das Geld.»
    «Das ist ein Gedanke, Joey», rief er begeistert. «Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Du hast eine kriminelle Ader. Aber hör zu, laß mich bloß nicht allein mit ihr, verstehst du? Du kannst uns zuschauen - ihr macht das nicht das geringste aus. Sie würde es mit einem Hund treiben, wenn wir's verlangten. Die ist einfach somnambul.»
    Ich zog meinen Schlafanzug an und kroch ins Bett. Sie blieb lange im Badezimmer. Wir fingen an, uns Sorgen zu machen.
    «Sieh lieber mal nach, was los ist», sagte ich.
    «Geh du», sagte er. «Ich hab Angst vor ihr.»
    Ich stand auf und klopfte an die Badezimmertür.
    «Herein!» rief sie mit derselben dumpfen, tonlosen Stimme.
    Ich öffnete die Tür, sie stand splitternackt da, mit dem Rücken zu mir, und schrieb mit dem Lippenstift ein Gedicht an die Wand.
    Ich ging zurück, um Carl zu holen. «Sie muß den Verstand verloren haben», sagte ich. «Sie beschmiert die Wände mit ihren Gedichten.»
    Während Carl ihre Verszeile laut vorlas, kam mir ein wirklich guter Gedanke. Sie wollte zweihundert Francs. Gut . Ich selbst hatte kein Geld, aber ich vermutete, daß Carl etwas hatte - er hatte erst am Tag zuvor sein Gehalt bekommen. Ich wußte, daß ich im Faust , der in seinem Zimmer lag, zwei- oder dreihundert Francs zwischen den Seiten finden würde. Carl hatte keine Ahnung, daß ich seinen Geheimtresor entdeckt hatte. Eines Tages war ich zufällig darauf gestoßen, als ich ein Wörterbuch suchte. Ich wußte, daß er in dem Faustband  immer eine kleine Summe versteckt hielt, denn ich hatte mich mehrmals davon überzeugt. Einmal hungerte ich zwei Tage lang mit ihm, obwohl ich wußte, daß im Faust Geld war. Ich war einfach neugierig, wie lange er es vor mir verheimlichen würde.
    Mein Kopf begann jetzt rasch zu arbeiten. Ich würde die beiden in mein Zimmer lotsen, das Geld aus dem Buch holen und es ihr überreichen. Und wenn sie dann das nächste Mal ins Badezimmer ging, würde ich die Scheine wieder aus ihrer Handtasche nehmen und sie in Goethes Faust zurücklegen. Carl sollte ihr ruhig die fünfzig Francs geben, von denen er gesprochen hatte, das würde für das Taxi reichen. Daß ihr die zweihundert Francs fehlten, würde sie erst am Morgen bemerken, und wenn sie wirklich verrückt war, würde sie sie überhaupt nicht vermissen, und wenn sie nicht verrückt war, würde sie sich vermutlich sagen, daß sie das Geld im Taxi verloren hatte. In jedem Fall würde sie das Haus verlassen, wie sie es betreten hatte — in Trance. Sie würde gar nicht auf den Gedanken kommen, sich beim Hinausgehen unsere Adresse zu notieren, da war ich sicher.
    Es lief alles wie am Schnürchen, nur daß wir sie ficken mußten, ehe wir sie loswurden. Es ging alles unerwartet glatt. Ich hatte ihr die zweihundert Francs zu Carls Überraschung gegeben und ihn beschwatzt, die fünfzig Francs für ein Taxi heraus zurücken. Sie war inzwischen eifrig damit beschäftigt, mit Bleistift ein neues Gedicht auf ein Blatt Papier zu schreiben, das sie aus einem Buch gerissen hatte. Ich saß auf dem Diwan, und sie stand splitternackt vor mir, ihr blanker Hintern starrte mir ins Gesicht. Ich wollte doch einmal sehen, ob sie wohl weiterschrieb, wenn ich ihr einen Finger in den Spalt steckte. Ich tat das sehr behutsam, so als durchforschte ich die zarten Blütenblätter einer Rose. Sie kritzelte weiter, ohne den geringsten Ton der Billigung oder Mißbilligung, sondern öffnete nur zu meiner Bequemlichkeit ein wenig mehr die Beine. Sofort hatte ich eine riesige Erektion. Ich stand auf und schob ihr meinen Pint hinein. Sie legte sich nach vorn über den Tisch, den Bleistift noch immer in der Hand. «Bring sie hier herüber», rief Carl, der im Bett lag und sich jetzt wand wie ein Aal. Ich drehte sie herum, führte ihn von vorne ein und zerrte sie, indem ich sie hochhob, hinüber zum Bett. Carl stürzte sich sofort auf sie, grunzend wie ein Wildschwein. Ich ließ ihm seinen Spaß und dann übernahm ich sie wieder von hinten. Als ich fertig war, verlangte sie Wein, und während ich ihr ein Glas eingoß, fing sie an zu lachen. Es war ein unheimliches Lachen, mit nichts zu vergleichen, was ich je zuvor gehört hatte. Plötzlich hielt sie inne, verlangte Papier und Bleistift und eine Schreibunterlage. Sie setzte sich
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