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Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)

Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)

Titel: Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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dass Riesle nach einem Verbrechen nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als gleich an eine »Story« für den Kurier zu denken.

3. DREI SCHLECHTE ZEUGEN
    Kriminalhauptkommissar Stefan Müller nahm die Nickelbrille von der Nase, um sie mit seinem karierten Stofftaschentuch zu polieren. Dann schaute er auf seine Taschenuhr.
    »Also wirklich, Herr Hummel. Wir haben im Schnitt zwei Mordfälle im Kreis pro Jahr. Wollen Sie jetzt bei jedem dabei sein?«
    Er hauchte kräftig auf die kleinen runden Gläser, um seinen akribischen Putzvorgang fortzusetzen. Dann setzte er sich die Brille wieder auf und beugte sich über den Gerichtsmediziner, der in einem weißen Overall gerade die Leiche untersuchte.
    »Todesursache?«, fragte er trocken.
    »Vermutlich stranguliert«, gab der zurück. »Genaueres kann ich aber erst nach der Obduktion sagen.«
    Hummel zuckte mit den Schultern. »Herr Kommissar, ich versichere Ihnen, dass nicht wir die Mörder heimsuchen, sondern sie uns.«
    »Na ja, wenn ich an Ihren Ermittlungseifer beim Eishockeymord denke, bin ich da anderer Meinung«, konterte Müller. »Das alles ist ein ganz schöner Schlamassel. Glauben Sie, es macht Spaß, fünfundfünfzig Fahrgäste im Bahnhofsfoyer festhalten zu müssen? Ganz zu schweigen von dem Verwaltungsaufwand, ihre Personalien aufzunehmen und sie einzeln zu dem Fall zu befragen.«
    »Natürlich nicht«, gab Klaus zurück. »Aber wir haben ihn ja nicht ermordet.«
    Mit einem Großaufgebot an Beamten hatte Müller im Villinger Bahnhof den auf offener Strecke gebremsten Zug erwartet. Zuerst war sogar überlegt worden, die Ermittlungen an Ort und Stelle der Notbremsung am »Kirnacher Bahnhöfle« aufzunehmen, weil ein Tatverdächtiger dort offenbar flüchtig war. Müller hatte sich aber entschlossen, zusätzlich eine Großfahndung zu starten und weitere Einsatzkräfte die Umgebung nach verdächtigen Personen absuchen zu lassen – bislang ohne Erfolg.
    Die Befragung im Bahnhofsfoyer, das sonst um diese Uhrzeit geschlossen war, hatte bislang zu keinem Ergebnis geführt. Die Passagiere waren zunächst verstört, später dann aber vor allem genervt gewesen.
    Immerhin hatten diejenigen unter ihnen, die in Richtung Konstanz weiterreisen wollten, zwei geschlagene Stunden auf einen Ersatzzug warten müssen. Der, mit dem sie gekommen waren, war ja nun Tatort und musste von der Spurensicherung unter die Lupe genommen werden.
    »Große kräftige Gestalt und spitze Nase? Da werden wir die drei Herrschaften doch gleich mal mit auf die Polizeidirektion nehmen, um ein Phantombild nach ihren Beschreibungen anzufertigen«, äußerte Müller und blickte dabei eindringlich seinen Kollegen Winterhalter an, der ebenso wie Riesle und Burgbacher die Szenerie durch den Türrahmen verfolgte. In der Zugtoilette wäre es für alle viel zu eng gewesen.
    Erst als der Gerichtsmediziner seine Arbeit beendet hatte, nahm Winterhalter dem Opfer behutsam die Krawatte ab und ließ sie ganz vorsichtig in eine Cellophantüte gleiten. Später würde er den möglichen Spurenträger kriminaltechnisch unter die Lupe nehmen.
    »Mir solltet au unbedingt die Herrschafte um ihre Fingerabdrücke bitte«, sagte er dann schließlich zu Müller, der dies mit einem kurzen Nicken bestätigte.
    »Folgen Sie uns also bitte«, meinte Müller.
    Edelbert, der vom vielen Rotwein im Intercityexpress einen schweren und hochroten Kopf bekommen hatte, stöhnte.
    »Aber Monsieur le Commissaire«, säuselte er, als hieße der nicht Müller, sondern Maigret. »Lassen Sie uns das doch lieber morgen bei einem Tässchen Kaffee regeln. Wir haben alle einen furchtbar langen Tag hinter uns und …«
    »Kommt nicht infrage«, fuhr ihm Müller ins Wort, »wir müssen Ihr Erinnerungsvermögen noch heute Abend in Anspruch nehmen.«
    Kommissar Winterhalter mischte sich in die Unterhaltung ein. Im Dialekt, denn er war ein echter Schwarzwälder, der zudem nebenerwerbsmäßig einen kleinen Bauernhof betrieb – in Linach, zwanzig Minuten von seiner Dienststelle entfernt: »Außerdem müsstet mir eine Sonderkommission einsetze, solltet Ihre Angabe nit sehr bald zum Täter führe. Ihre Täterbeschreibung hat jetzt oberschte Priorität. Denn außer Ihne hat offenbar kein Fahrgascht den Mann regischtriert.«
    Es war mittlerweile fast zwei Uhr morgens. Der Gesichtsausdruck von Kriminalhauptkommissar Müller wurde zusehends verzweifelter.
    »Vielleicht hilft ja ein Glas Cognac«, schlug Burgbacher vor. Die drei Freunde saßen mit einem Beamten vom
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