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Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel
Autoren: André Norton
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abgebogen war, als sie den Raski gespürt hatte. Und diese Straße führte – zu dem Paß ihres Traumes!
    War der Traum dazu bestimmt gewesen, ihr den Weg zu weisen? Oder war er eine Warnung, den gezeigten Weg nicht zu nehmen?
    In ihrem Traum war die Straße noch glatt und ganz gewesen, und trotz all des Grauens der Feuersbrunst hatte sie keine Drohung empfunden, also, schloß sie, war er nicht als Warnung gedacht. Ja, vielleicht war es nicht einmal ein Traum, sondern eine ausgestrahlte Vision gewesen, doch nicht einer ihres Volkes, sonst hätte sie die Technik sofort erkannt. Was war es also gewesen? Ein Schatten der Vergangenheit?
    Theorie und Erklärung waren ihr so vertraut wie ihr Name. Erlebnisse, die zu einer ungeheuren Gefühlserregung führten, konnten dem Ort, der Szene dieser Handlungen, eine bildhafte Erinnerung daran aufprägen, die noch lange Zeit später zumindest von jenen aufgenommen werden konnte, die für sie besonders empfänglich waren. Sie hatte bereits dreimal gesehen, wie Truppen des Könighaupts von Rogs zerrissen worden waren, und das war nachweislich vor ihrer Geburt geschehen. Wieviel stärker mußte da der Tod einer ganzen Stadt sich auf den Ort des Grauens einprägen!
    Elossa barg das Gesicht in den Händen und verdrängte die Visionserinnerung. Sie konzentrierte sich auf das Drängen, das ihre Pilgerung beherrschte. Auch das deutete auf den Paß. Sie griff nach Beutel und Stab, schritt auf die alte Straße und machte sich daran, ihr zu folgen. Doch sie war noch nicht weit gekommen, als sie zu schwanken begann. Grimmig biß sie die Zähne zusammen.
    Zwar zog sie sich hastig hinter eine Gedankenbarriere zurück, obgleich sie wenig gegen übermächtige Gefühle half. Elossa war, als hagelten von allen Seiten unsichtbare Schläge auf sie ein, um sie zurückzutreiben. Was hier lag, hatte keine Substanz, aber weiterzugehen war, wie durch einen Bach mit starker Strömung zu waten, die sie von den Füßen reißen wollte.
    Mehr als Wind wehte durch den Paß. Grimm brauste ihr entgegen, so tief und heftig wie die alles überschwemmende Wut des Rogs und des Sargons – und er schrie nach Rache! Elossa kam kaum noch voran, sie taumelte von einer Seite der Straße zur anderen.
    Einmal wurde sie vorwärtsgezogen, dann zurückgerissen. Es erweckte ganz den Anschein, als hielten die Kräfte einander hier im Gleichgewicht, und sie war ihr Spielball. Trotzdem gewann sie an Boden, wenn auch nur einmal einen Schritt, dann einen halben.
    Elossa kämpfte. Sie war so sehr von diesen beiden Kräften gefangen, die sie genau spürte, daß sie gar nicht wagte, auch nur zu versuchen, sich zu befreien. Nein, sie mußte es bis zum Ende durchstehen.
    Weiter. Ihr Atem klang keuchend in ihren Ohren. Schmerz drückte ihr die Rippen zusammen. Sie stieß ihren Stab in einen Spalt ein wenig vor ihr, und dann zog sie sich mit ungeheurer Anstrengung zu ihm, um das gleiche zu wiederholen.
    Sie hatte kein Zeitgefühl mehr. Es mochte Morgen sein oder Spätnachmittag oder schon ein neuer Tag. Aber sie kämpfte sich weiter.
    Plötzlich stolperte sie in einen Flecken absoluter Stille. So abrupt endete die Wirkung der gegnerischen Kräfte, die sie als Spielball benutzt hatten, daß sie gegen einen Felsblock sackte.
    Im Augenblick war sie sich nur ihres heftigen Herzschlags bewußt und des Rasselns ihres Atems. Sie war so kraftlos wie in der Nacht, als sie ihre Gabe an den Raski erschöpft hatte.
    Schließlich hob sie den Kopf. Abrupt hielt sie den Atem an. Sie war nicht allein!
    Ihre Anstrengungen hatten sie zum anderen Ende des Passes gebracht. Wie in ihrem Traum wirbelten Nebelschwaden am Hang und verhinderten die Sicht. Aber gegen diesen Nebel, fast unmittelbar vor ihr, hob sich etwas ab …
    Trotz ihrer Selbstkontrolle entrang sich ihr ein Schrei, und Furcht erfüllte sie. Sie umklammerte ihren Stab, das einzige, was sie als Waffe benutzen konnte. Gegen – das?
    Der Form nach war es menschenähnlich. Zumindest stand es aufrecht auf zwei Gliedmaßen und hielt zwei weitere vor sich. Eine davon war halb hinter einem ovalen Schild verborgen, das es von Hals bis Oberschenkel verdeckte. Die andere, eine versengte Klaue, besaß gerade noch genug halbverkohlte Finger, mit denen es einen Schwertgriff umklammern konnte. Auf einem von Ruß geschwärzten Totenschädel, von dem da und dort noch ein paar verkohlte Hautfetzen hingen, saß ein Helm.
    Es hatte keine Augen mehr – und trotzdem sah es! Es blickte in ihre Richtung. Nichts,
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