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Sternenfaust - 094 - Wandlungen

Sternenfaust - 094 - Wandlungen

Titel: Sternenfaust - 094 - Wandlungen
Autoren: Susanne Picard
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Schöpfungsmythen der Menschheit , dachte Dana unwillkürlich.
    »Viel ist in vergangenen Äonen vergessen worden«, sagte das Geschöpf. Seine Stimme hallte leicht, so als würden viele Stimmen wie eine sprechen. »Es muss neu erlernt werden, um die angestrebte Vollkommenheit am Ende des Wegs zu erlangen. Der alte Weg führte nicht zum Ziel der Vollkommenheit. Es schien plausibel, zum Anfang zurückzukehren und neu zu beginnen.«
    »War das deine Absicht? Bei uns neu zu beginnen?« Dana war trotz ihres Gefühlsaufruhrs in ihrem Inneren verblüfft.
    »Das ist korrekt. Vieles muss neu erlernt werden.«
    »Aber nicht hier und nicht bei uns«, sagte Dana entschlossen. »Du hast uns unsere Gefährten genommen. Das können wir nicht dulden. Wir sind dir unterlegen, und so können wir dich nicht zwingen zu gehen. Aber wir wünschen deine Anwesenheit auf unserem Schiff nicht. Wer sagt uns, dass du nicht weitere von uns in dich aufnimmst?«
    Dieses Wesen konnte, es durfte einfach nicht hier an Bord bleiben. Was, wenn es sich doch entschloss, die gesamte Mannschaft zu übernehmen? Das durfte einfach nicht passieren.
    Aber wie willst du es davon abhalten? , erklang leise eine Stimme in ihrem Kopf. Ich werde es davon abhalten, koste es, was es wolle. Keiner mehr soll das erleiden, was Pangata und Yngvar erlitten haben.
    »Es wurde vergessen, welchen Wert Individualität bei Wesen wie euch hat«, sagte die Entität nach einer Weile. »Er ist so hoch, dass eine vollständige Verschmelzung nicht toleriert wird.«
    »Völlig richtig!«, erwiderte Dana heftig. »Wir ertragen es nicht, in einer anderen Form zu leben als der, in der wir geboren wurden. Es bedeutet das Ende unserer Existenz.« Sie atmete tief durch. »Ich bin die Anführerin der Menschen hier. Ich muss auf jeden Fall verhindern, dass du noch mehr von ihnen in dich aufnimmst.«
    Die Entität sah Dana eine Weile direkt an und es kostete den Captain eine große Willensanstrengung, in der Schwärze der Augen nicht förmlich zu versinken.
    »Der, den du Yngvar nennst, ist nicht tot. Er wird nie sterben, jetzt, wo er in diese Form übergegangen ist. Diese Wandlung ist nicht schmerzhaft und bringt dem Individuum Erkenntnisgewinn.«
    Diese Worte weckten einen entsetzlichen Gedanken in Dana. Sie kannte doch Yngvar, sein Wissensdurst und seine Neugier waren unbezähmbar gewesen. Hatte er am Ende diese neue, seltsame Form der Existenz seinem Leben hier an Bord der STERNENFAUST vorgezogen? Der Gedanke war schrecklich und sie versuchte fieberhaft, ihn zu unterdrücken.
    »Wir bitten dich, verlass uns«, sagte sie und hoffte, dass sie ihrer Stimme einen festen Klang hatte geben können. Ihre Ohren rauschten, sie konnte sich selbst nur wie aus weiter Ferne hören. »Wir müssen unseren Weg gehen, so wie du deinen gehen musst. Doch unsere Wege sind nicht dieselben.«
    Die Entität sah Dana eine Weile schweigend an. »Das Bleiben bedeutet Schmerz für Wesen wie euch, da ihr glaubt, die Wandlung der beiden Individuen bedeute ihren Verlust.«
    »Das ist richtig.«
    Die Entität ließ ihren Blick über den Maschinenraum und die in respektvoller Entfernung stehenden Besatzungsmitglieder schweifen. »Dem kann nicht zugestimmt werden, doch ihr glaubt es. Der Weg des Lernens wird also woanders fortgesetzt werden müssen, denn zu bleiben, bedeutet Leid für euch und damit Förderung der Entropie. Das ist nicht statthaft. – Doch zu gehen bedeutet auch großen Schmerz für den, dessen Form an diesem Ort angenommen wurde.«
    Dana wurde blass. Yngvar? War doch noch etwas von ihm übrig, ein Rest Seele? Abt Barentius hatte das für möglich gehalten …
    Vielleicht gab es noch Hoffnung.
    »Wenn das so ist«, platzte es aus Dana heraus, »dann gib ihm – und Ildiko Pangata – ihre ursprüngliche Form wieder!«
    Das Wesen richtete seine tiefschwarzen Augen wieder direkt auf Dana.
    »Das ist nicht möglich. Beide Individuen besaßen den tiefen Wunsch, sich über ihr Wissen hinaus zu erheben zu können. Ihre Wandlung machte das möglich. Nun sind sie auf einer Ebene, deren Verlassen tiefes Leid und vielleicht die endgültige Zerstörung für sie bedeutet. Sie können nicht zurück.«
    Die Worte trafen Dana mitten in’s Herz.
    Vorbei.
    Es war, als erwache die Trauer um Yngvar erst jetzt. Sie versuchte, den bohrenden Schmerz in ihrer Brust zu ignorieren, der ihr die Luft zum Atmen nehmen wollte und sie ignorierte auch die hartnäckige und immer lauter werdende innere Stimme, die ihr sagte, dass es
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