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Sternenfaust - 043 - Verschwörung auf Kridania

Sternenfaust - 043 - Verschwörung auf Kridania

Titel: Sternenfaust - 043 - Verschwörung auf Kridania
Autoren: Luc Bahl
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gerufen hatte.
    In diesem Moment schlugen die Begeisterungsrufe abrupt in pures Entsetzen um!
     
    *
     
    »Das ist ein gutes Zeichen!«, sagte Sun-Tarin an Laetitia Frysher gewandt.
    Unwillkürlich hatte er ihren Arm ergriffen und kridanisch gesprochen. Im nächsten Augenblick fand er die Fassung wieder und löste vorsichtig den impulsiven Griff seiner krallenbewehrten Hand. Die meisten Menschen hätte dieser plötzliche Gefühlsausbruch nervös gemacht, sehr nervös sogar. Nicht so Laetitia, die in den vergangenen Monaten erstaunlich viel über die ehemaligen Feinde der Solaren Welten gelernt hatte und der es gelungen war, sich schnell in deren Denken und Fühlen hineinzuversetzen. Die natürlichen Waffen, die diese Klauen in den Augen der meisten Menschen darstellten, konnten in der Tat furchterregend sein. Hinzu kam, dass es unter Soldaten und Offizieren üblich war, sich die Krallen besonders scharf und spitz zu schleifen.
    Einige rot gefärbte Punkte auf ihrer Haut markierten die Stelle, an der Sun-Tarin zugepackt hatte. »Damit zeigt der allgegenwärtige Geist Gottes, der im jungen Raisa ruht, dass die Verfehlungen, die der Verkünder während seines Lebens begangen haben mag, vergeben und vergessen sind.« Der kridanische Austauschoffizier sprach jetzt wieder ruhiger und in fast perfektem Solar.
    Sie konnten aus ihrer Entfernung den jungen Raisa in seinem schwankenden Nest nur schlecht sehen, aber die kleine, vogelköpfige Gestalt, die sich vor dem strahlend blauen Himmel abzeichnete, schien in dem Nest herumzurutschen, um sich der Menge, die ihm zujubelte, von allen Seiten zu zeigen. Laetitia konnte zwar kaum nachvollziehen, weshalb der Anblick des unmündigen Herrschers derartige Begeisterungswellen erzeugte, half sich aber mit Vergleichen, die ihr bekannt waren.
    Als junges Mädchen war sie eine begeisterte Anhängerin von Findyark Rochell gewesen, seinerzeit der unbestrittene Interplanet-Champion aller Thai-Kick-Ligen. Eine Sportart, die sie damals als den schönsten und ausdrucksstärksten Vollkontakt-Kampf empfunden hatte. Als Findyark Rochell seine aktive Karriere schließlich unbesiegt beendete, um anschließend in einigen Multi-Vision-Events seine eigene Geschichte erfolgreich zu vermarkten, hatte auch sie ihm euphorisch und enthusiastisch zugejubelt. Dass der Vergleich etwas hinkte, störte sie herzlich wenig. Andererseits war sie diplomatisch genug, die gewagte Gegenüberstellung eines gut aussehenden Helden ihrer Jugend mit einem religiösen Kindherrscher für sich zu behalten.
    Ihre Gedanken und Erinnerungen hatten bewirkt, dass Laetitia für einen Moment unaufmerksam wurde. Deshalb konnte sie sich später nicht mehr genau daran erinnern, wie sich der Vorfall im Einzelnen abspielt hatte. Den geballten Aufschrei des Entsetzens aber würde auch sie so schnell nicht wieder vergessen. Wie mit einer stählernen Faust umklammerte ein Augenblick der Panik auch ihr Herz, als sah, wie der kleine Raisa aus dem Nest stürzte.
    Alles ging rasend schnell.
    Woher der flinke Schatten kam, der gleichzeitig mit dem Aufschrei der Massen an dem Gestänge des Turms hochschoss, wusste sie ebenso wenig, wie sie sich im Moment des Unglücks erklären konnte, weshalb der junge Kridan überhaupt aus dem Nest stürzen konnte. Sun-Tarin hatte ihr bei der Ankunft des heiligen Wagens erklärt, dass die Betreuer und Bewacher des unmündigen Herrschers selbstverständlich dafür gesorgt hätten, dass der Raisa in dem Korb fest angeschnallt sei und dass sich diese Gurte erst wieder öffnen ließen, wenn das Nest zu Boden gelassen worden war.
    Im Grund hätte der Raisa überhaupt nicht über den Rand stürzen können.
    Physiognomisch ähneln Kridan Vögeln. Aber selbst ihre genetischen Vorläufer in der Tierwelt Kridanias verfügen nicht über Flügel. Die flugfähige Fauna ihrer Welt besteht hauptsächlich aus insektoiden Kleinlebewesen und einigen Arten von Hautflüglern, die sich am ehesten als fliegende Schlangen und Reptilien beschreiben lassen.
    Unwillkürlich hielt Laetitia den Atem an und auch Sun-Tarin neben ihr schien wie erstarrt zu sein.
    »Das ist Milgor«, rief sie. Im gleichen Augenblick hatte er das herabstürzende Bündel erwischt. Ein erneuter Aufschrei pflügte wie eine Welle durch die Menge. Es wurde Laetitia bewusst, dass Chor und Orchester die Hymne abrupt abgebrochen hatten. Milgor hatte den kleinen Raisa zwar mit einer Hand zu packen bekommen, durch die Wucht des Sturzes nun aber selbst den Halt verloren.
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