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Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)

Titel: Stella Menzel und der goldene Faden (German Edition)
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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drehte die Weste um und sah noch eins –
    «Mama!», schrie Stella. «Mama! Komm! Schnell!»
     
    «Ich hatte dir doch gesagt, du sollst die Weste in der Plastikhülle von der Reinigung lassen», sagte Isabel, «und oben und unten einen Knoten reinmachen.»
    «Tut mir leid», sagte Stella. «Hab ich vergessen.»
    «‹Hab ich vergessen›», sagte Isabel und verdrehte die Augen.
    «Mottenlarven nicht gut», sagte Gruscha. «Das ist richtiges Wort, ja? Larven?»
    Isabel nickte.
    «Können wir das reparieren?», wollte Stella wissen.
    «Sehr schwer zu nähen», sagte Gruscha und stippte die Bluse vorsichtig in ein Gebräu aus warmem Wasser vermischt mit Babyshampoo und Feinwaschmittel. «Aber nur zwei Löcher, so du hast Glück.»
    Stella war erleichtert.
    «Hinterher du trocknest zwischen zwei Handtücher, ja?», empfahl Gruscha. «Und dann du hängst auf gepolsterte Bügel, damit keine Falten.»
    «In Ordnung», sagte Stella.
    Gruscha hob die Weste aus dem Wasser und prüfte sie genau. «Hm», sagte sie, «du sagst, Weste verzaubert?»
    «Ja, sie ist was ganz Besonderes», sagte Stella.
    «Dann du darauf aufpassen. Ja?»
    Stella nickte.
     
    Eine knappe Woche später, an einem verregneten Mittwochnachmittag, ein paar Stunden vor Großtante Galinas Ankunft und vier Tage vor der Hochzeit, war Stella einigermaßen bereit für das große Hochzeitswochenende. Ihr Zimmer war halbwegs aufgeräumt für ihre Tante. Sie musste nur noch ihre blauen Ballerinas putzen und polieren und ihre gewaschene blaue Seidenweste bügeln. Sie war gerade dabei, einen Plan für die Schnitzeljagd zu zeichnen – allein, weil Marco bei einem ganztätigen Fußballlager war –, als jemand an die Zimmertür klopfte. Ihre Mutter, mit Bügeleisen und Bügelbrett.
    «Willst du immer noch mit Papa zum Flughafen und Tante Galina abholen?», wollte sie wissen.
    «Jaaaaa!», sagte Stella.
    Isabel bemühte sich sehr, das Jaaaaa zu überhören. «Er ist spät dran. Er kommt um halb sieben und holt dich ab. Putz deine Schuhe und bügle die Weste also bitte vor sechs, damit alles aus dem Weg ist, wenn Galina kommt.»
    Stella schaute auf die Uhr. Es war Viertel vor fünf. «Warum sechs und nicht halb sieben?»
    Also wirklich!
    «Um sechs erwarte ich einen Gast, und ich glaube, du würdest ihn gern begrüßen», sagte Isabel.
    Stella verzog das Gesicht. Die Gäste ihrer Mutter waren gewöhnlich langweilige Leute: mittelalte Frauen, die in der Küche saßen, schwarzen Kaffee tranken und über ihre Exmänner schimpften. «Muss ich deinen Gast begrüßen?», jammerte Stella.
    «Natürlich nicht. Ich begrüße Gregor liebend gern auch ohne dich. Er kann nicht zur Hochzeit kommen und bringt deshalb sein Geschenk vorbei.» Sie löste eine Sperre unter dem Bügelbrett, und die Beine schossen heraus.
    «Gregor?» Stella war sich nicht sicher, ob sie richtig gehört hatte.
    Isabel nickte. «Ja.»
    War das möglich? Stellas Kehle wurde ganz trocken. Sie öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus. Sie schluckte schwer. «Gregor wer?», brachte sie mühsam hervor.
    «Rogatzki», erwiderte Isabel und steckte den Stecker vom Bügeleisen in die Steckdose.
    Stellas Schrei war unten im Flur, draußen auf der Straße und bis zur nächsten Ecke zu hören.
     
    Kaum zwanzig Minuten später waren Louise und Julia – zwei der fünf Freundinnen, die Stella gleich angerufen hatte, um mit ihrem Glück zu prahlen – uneingeladen bei ihr erschienen, ausgerüstet mit zwei CD s von den Prin-ces of Prussia, zwei Kameras und einem Autogrammbuch.
    «Das ist das Aufregendste, was mir jemals passiert ist!», sagte Louise, die gerade ihre Fingernägel lackierte. «Ich kann nicht glauben, dass ich den Großen Gatzki kennenlerne! Wir müssen unbedingt Fotos machen. Sonst glaubt uns das keiner. Fotos sind sowieso viel besser als Autogramme. Ein Autogramm kann jeder fälschen.»
    «Fotos kann man mit Photoshop bearbeiten», sagte Julia und bürstete ihre Haare. «Das ist auch Fälschung.»
    «Passt auf. Wir wissen nicht, wie viel Zeit er hat», sagte Stella. «Also merkt euch, zuerst werde
ich
mit ihm fotografiert. Und wenn dann keine Zeit mehr bleibt, euch auch mit ihm zu fotografieren, können wir wenigstens mit Photoshop eure Köpfe auf meinen Körper montieren … Den Unterschied merkt sowieso keiner.»
    «Und wenn ich deinen Körper nicht will?», sagte Julia, die eindeutig runder und kleiner war als Stella.
    «Du bist so was von herrschsüchtig», sagte Louise zu Stella.
    «Ich bin
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