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Steirerherz

Steirerherz

Titel: Steirerherz
Autoren: Claudia Rossbacher
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Obduktionsbericht der Grazer Gerichtsmedizin klären. Sandra hoffte, dass Letzteres
zutraf, und zwang sich – einige Schritte abseits –, ein paar Mal tief durchzuatmen.
Dann sah sie sich um. Bergmann sprach mit einem uniformierten Kollegen hinter dem
Absperrband, während die Kriminaltechniker in ihren weißen Schutzanzügen ihrer Arbeit
nachgingen. Die Gerichtsmedizinerin wartete nur ein paar Schritte von Sandra entfernt.
Die beiden Frauen nickten einander zu. Doktor Kehrer näherte sich schließlich mit
emotionsloser Miene. »Guten Morgen, Frau Mohr! Können wir die Leiche dann herunterholen,
damit ich sie mir mal genauer ansehen kann?«
    Sandra winkte den Chef der Kriminaltechniker
herbei und stellte ihm dieselbe Frage.
    »Von mir aus. Wir sind hier ohnehin
so weit fertig«, lautete Manfred Siebenbrunners Antwort. »Aber achten Sie darauf,
dass Sie meinen Tatort nicht kontaminieren. Zerstören Sie bitte die Schleifspuren
dort drüben nicht. Und die Reifenabdrücke dahinter.«
    »Das ist nicht unser erster Einsatz,
Herr Siebenbrunner«, merkte Sandra an und blickte zu dem jüngeren Kriminaltechniker
hinüber, der gerade die Spuren auf dem Boden vermaß. »Können Sie denn schon etwas
Konkretes sagen?«, erkundigte sie sich bei Siebenbrunner.
    »Wie es aussieht, wurde das Opfer
mit einem Kleintransporter oder Family-Van hergebracht und an den Fundort geschleift«,
erklärte der Cheftechniker der Tatortgruppe, »die Pfählung hat dann wohl direkt
hier stattgefunden«, fügte er hinzu und deutete auf eine weitere Blutlache etwa
zwei Meter hinter der Toten, die auch Sandra nicht entgangen war.
    »Und wie hat es der Täter geschafft,
den Pfahl samt der jungen Frau aufzustellen? Oder haben wir es gar mit mehreren
Tätern zu tun?«, fragte sie.
    »Es gibt in der Tat frische Schuhabdrücke.
Der Boden war noch feucht vom Regen der vergangenen Tage. Wenn die Spuren nicht
vom Bauern selbst stammen, könnten sie vom Täter sein.«
    »Also doch ein Einzeltäter?«
    »Wie gesagt: Es könnte ein Einziger
gewesen sein. Auf alle Fälle hätte ein Mann ausgereicht, um den Pfahl mit dem Mädchen
aufzustellen. Sehen Sie mal her …« Siebenbrunner hockte sich direkt vor den Pfahl.
»Der Täter hat ein PVC-Rohr in den Boden gesteckt. Ich gehe davon aus, dass er den
Zaunpfahl nur noch hier einführen und anschließend hochheben musste. Einfache Hebeltechnik.
Das schaffen sogar Sie, wenn Sie sich ein bisschen anstrengen.«
    Obwohl Sandra die letzte Bemerkung
des Kollegen überflüssig fand, überging sie diese. Normalerweise hätte sie gekontert,
doch momentan benötigte sie all ihre Kräfte, um den Brechreiz, der sie in kurzen
Abständen immer wieder überkam, zu unterdrücken. Also bückte sie sich wortlos, um
das aus dem Boden ragende Ende des PVC-Rohrs, in dem der Holzpfahl steckte, zu begutachten.
»Haben Sie schon ein Fund­ortvideo machen lassen?«, erkundigte sie sich bei Siebenbrunner.
    »Was glauben Sie denn? Das ist schließlich
nicht mein erster Einsatz, Frau Mohr«, entgegnete der Kriminaltechniker.
    Sandra ignorierte die verbale Revanche
des Kollegen und betrachtete die nackten Füße der Leiche, deren Zehennägel passend
zum Kleid in zartem Rosé lackiert waren. Vor allem auf den Fersen klebten Erde und
Schmutz. »Sie sagten vorhin etwas von Schleifspuren? Und Sie haben keine Abdrücke
von Frauenfüßen gefunden?«, wandte sie sich neuerlich an Siebenbrunner.
    »Das ist korrekt«, bestätigte dieser.
    »Sie ist dem Täter also nicht freiwillig
auf den Acker gefolgt … Möglicherweise
war sie bewusstlos oder auch schon tot«, kombinierte Sandra laut.
    »Könnte sein.«
    »Warum hat er sie nicht getragen?
Das Mädchen hat doch keine 50 Kilo gewogen …«
    Siebenbrunner
zuckte mit den Schultern und winkte zwei uniformierte Polizisten herbei, die ihm
helfen sollten, den Pfahl mit der Leiche aus dem Rohr im Ackerboden zu ziehen. Sandra
drehte sich um, damit ihr wenigstens dieser Anblick erspart blieb. Bergmann eilte
herbei und begrüßte die Gerichtsmedizinerin, die ebenso erfreut zu sein schien,
ihn zu sehen, wie er. Sandra verdrehte die Augen. Gab es denn wirklich keine Gelegenheit,
die dieser Mann ausließ, um sich an potenzielle Beischläferinnen heranzumachen?
Genervt wandte sie sich wieder ab, um einen weiteren Blick auf die Tote zu werfen,
die nun – noch immer mit dem Pfahl im Leib – auf der Erde des väterlichen Kürbisackers
lag. Der Hut war ihr beim Manöver der Kollegen vom Kopf gefallen, und Sandra
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