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Steirerblut

Steirerblut

Titel: Steirerblut
Autoren: Claudia Rossbacher
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Tasse Kaffee. Mizzi starrte den Kriminalbeamten immer noch verständnislos an.
    »Michl hat uns schon erzählt, dass Mephisto nachts oft bellt«, erklärte Sandra.
    »Noch eine Frage, Frau Oberhauser: Wieso haben Sie eigentlich in aller Herrgottsfrüh die Böden im Erdgeschoss aufgewaschen?«
    »Franziska war nicht da. Also hab ich das übernommen.«
    »Um sechs Uhr morgens?«, fragte Bergmann ungläubig.
    Mizzi zuckte mit den Schultern. »Damit die Böden noch vor dem Frühstück trocken sind«, bestätigte sie erneut. Was aus ihrem Mund so selbstverständlich klang, konnte Bergmann nicht begreifen. »Aber warum denn dieser Aufwand? Wegen eines einzigen Frühstücksgasts?«, fragte er verständnislos.
    »In meinem Gasthof ist es immer sauber. Egal, wie viele Gäste da sind. Wir sind ja hier nicht im Saustall. Aber wenn Sie es genau wissen wollen: Zuerst wollte ich nur die Gaststube aufwaschen, das war nämlich dringend notwendig. Und weil ich schon mal dabei war, hab ich gleich den ganzen Flur, die Gästetoiletten und den Korridor sauber gemacht.«
    »Alles in einem Aufwasch quasi«, meinte Bergmann.
    »Ist Putzen vielleicht ein Verbrechen?«, fragte Mizzi missmutig.
    »Nein. Natürlich nicht«, antwortete Sandra und sah dabei die ankommende Franziska an. »Hast du nachher noch ein paar Minuten Zeit für mich?«, fragte sie die große, stämmige Frau, die mit ihr die Schulbank gedrückt hatte. Franziskas schwammiges Gesicht wirkte noch blasser, als sie es in Erinnerung hatte. Ihre klobige Hand zitterte, während sie die Kaffeetasse vor Bergmann abstellte. Sie nickte stumm, dann humpelte sie in Richtung Küche, in der sie schließlich wieder verschwand.
    »Sie ist mit den Nerven völlig am Ende«, berichtete Mizzi. »Du weißt doch, dass sie sehr sensibel auf so was reagiert. So ein grausliches Verbrechen …«, sagte die Wirtin zu Sandra.
    »Meinen Sie damit den Mord an Eva Kovacs oder den Missbrauch an Frau Edlinger durch den eigenen Vater seinerzeit?«, fragte Bergmann und beobachtete seelenruhig, wie der Zucker aus dem bunt bedruckten Säckchen in seinen schwarzen Kaffee rieselte.
    Das war einer jener wenigen Momente, in denen Sandra die Kaltschnäuzigkeit ihres Kollegen bewunderte.
    Mizzi schnappte nach Luft und sah erst Bergmann, dann Sandra an. »Hast du ihm das unbedingt erzählen müssen?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    »Ja, Mizzi. Als Kriminalbeamtin musste ich das tun. Aber falls es dich beruhigt, der Missbrauch an der Franzi ist längst verjährt. Es gab damals weder eine Anzeige noch einen offiziellen Strafantrag, wie du dich sicher erinnerst.«
    Bergmann sah Sandra von der Seite an und wandte sich wieder ab, bevor sich ihre Blicke treffen konnten. Sandra wusste selbst, dass ihre Antwort fast wie eine Entschuldigung geklungen hatte. Dieses verdammte Kaff und seine Bewohner ließen sie immer wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen. Ob sie es wollte oder nicht. Sie fürchtete sich schon davor, was das morgige Mittagessen bei der Mutter in ihr auslösen würde. Hoffentlich blieb ihr wenigstens Mike erspart. Es reichte schon, dass er für heute auf dem Programm stand, wenn auch nur dienstlich, was die bevorstehende Begegnung zumindest ein wenig erträglicher erscheinen ließ.
    »Was wurde eigentlich aus dem alten Edlinger? Lebt der Mann noch?«, fragte Bergmann.
    »Ja«, antwortete Sandra, die Max am Abend zuvor ausführlich zu den Edlingers befragt hatte. Bevor sie wie ein alberner Teenager mit ihm herumgeknutscht hatte, worüber sie sich heute noch mehr ärgerte als gestern. »Franzis Mutter ist inzwischen verstorben, die Geschwister sind längst weggezogen«, konzentrierte sie sich wieder auf den Fall. »Fritz Edlinger hat vor einigen Monaten einen Schlaganfall erlitten«, erzählte sie weiter. »Er kann seither weder sprechen noch sich bewegen. Die Franzi wohnt bei ihm im Haus und pflegt ihn.«
    »Sie kümmert sich um ihren alten Vater, so gut sie kann. Wie es sich für eine brave Tochter eben gehört.« Mizzi nickte zustimmend.
    Brave Tochter? Sandra traute ihren Ohren nicht. Selbst Bergmann schien zu dieser Aussage kein spontaner Kommentar einzufallen. Hatte Franziska ihrem Peiniger wirklich verziehen und opferte sich, nach allem, was er ihr angetan hatte, auch noch für ihn auf? Oder war sie so sehr ihrer Opferrolle verhaftet, dass sie noch immer nicht anders konnte, als den Bedürfnissen des Täters zu entsprechen? Selbst wenn dieser nur dahinvegetierte und gar nicht mehr in der Lage war, sich
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