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Steinbock-Spiele

Steinbock-Spiele

Titel: Steinbock-Spiele
Autoren: Robert Silverberg
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zeigen.«
    »Es ist ein Anfang.«
    »Hast du geglaubt, unser Programm zu stehlen, sei ein rationaler Weg, einen Wandel herbeizuführen, Silena?«
    »Bist du glücklich?« gibt sie zurück. »Ist das die Art von Welt, die du willst?«
    »Es ist die Welt, in der wir leben müssen, ob es uns gefällt oder nicht. Und wir brauchen das Programm, um durchhalten zu können. Ohne es stürzen wir ins Chaos.«
    »Gut. Laß das Chaos kommen. Laß alles zerfallen, damit wir es wieder aufbauen können.«
    »Leicht gesagt, Silena. Was ist aber mit den unschuldigen Opfern deines revolutionären Eifers, Silena?«
    Sie zuckt die Achseln.
    »Bei jeder Revolution gibt es unschuldige Opfer.« Mit einer biegsamen Bewegung steht sie auf und geht auf mich zu. Die Nähe ihres Körpers ist verwirrend und verlockend. Mit übertriebener Lüsternheit säuselt sie: »Bleib hier. Vergiß Ganfield. Das Leben ist schön hier. Diese Leute bauen etwas auf, das zu besitzen sich lohnt.«
    »Gib mir das Programm«, sage ich.
    »Man muß es inzwischen ersetzt haben.«
    »Das geht nicht. Das Programm ist für Ganfield lebenswichtig, Silena. Gib es mir.«
    Sie lacht eisig.
    »Ich bitte dich, Silena.«
    »Wie langweilig du bist!«
    »Ich liebe dich.«
    »Du liebst nichts als den Status quo. Der Stand der Dinge, wie er ist, verschafft dir Freude. Du hast die Seele eines Bürokraten.«
    »Wenn du mich immer schon so verachtet hast, warum bist du dann meine Monats-Frau geworden?«
    Sie lacht wieder.
    »Vielleicht zum Spaß.«
    Ihre Worte sind wie Messer. Plötzlich richte ich, zu meiner eigenen Überraschung, die Hitze-Pistole auf sie.
    »Gib mir das Programm, oder ich töte dich!« schreie ich.
    Sie ist belustigt.
    »Nur zu. Schieß. Kannst du das Programm von einer toten Silena bekommen?«
    »Gib es mir.«
    »Wie albern du mit dieser Pistole aussiehst!«
    »Ich brauche dich nicht zu töten«, sage ich. »Ich kann dich auch nur verwunden. Die Pistole kann Lichtverbrennungen hervorrufen, die Narben hinterlassen. Soll ich dir Narben beibringen, Silena?«
    »Was immer du willst. Ich bin dir ausgeliefert.«
    Ich richte die Pistole auf ihren Schenkel. Silenas Gesicht bleibt ausdruckslos. Mein Arm wird steif und beginnt zu zittern. Ich kämpfe mit den rebellierenden Muskeln, aber es gelingt mir nur für einen Augenblick, ruhig zu zielen, bevor das Zittern wiederkehrt. Ein triumphierendes Funkeln erscheint in ihren Augen. Die Röte der Erregung breitet sich auf ihrem Gesicht aus.
    »Schieß«, sagt sie trotzig. »Warum schießt du denn nicht?«
    Sie kennt mich zu gut. Wir stehen einen endlosen Augenblick außerhalb der Zeit – eine Minute, eine Stunde, eine Sekunde? –, erstarrt, dann sinkt mein Arm herab. Ich stecke die Pistole ein. Es wäre mir nie möglich gewesen, abzudrücken. Ein mächtiges Gefühl, durch einen heimlichen Höhepunkt gegangen zu sein, überfällt mich: von hier an wird es nur bergab für mich gehen, und wir wissen es beide. Schweiß läuft an mir hinunter. Ich fühle mich besiegt, zerbrochen.
    Silenas Züge verraten heftige Verachtung. Sie hat in diesen vergangenen Monaten eine exaltierte Bewußtseinsstufe erlangt, wo alle Handlungen willkürlich werden, wo Liebe und Haß und Revolution und Verrat und Treue ununterscheidbar voneinander sind. Sie lächelt das Lächeln eines Menschen, der in einem Spiel, dessen Regeln mir nie mitgeteilt werden, den Gewinnpunkt erzielt hat.
    »Du kleiner Bürokrat«, sagt sie ruhig. »Da!«
    Sie holt aus dem Schrank ein kleines Paket, das sie mir verächtlich zuwirft. Es enthält eine Spule Computerfilm.
    »Das Programm?« sage ich. »Das muß ein Witz sein. Du würdest es mir niemals geben, Silena.«
    »Du hältst das Hauptprogramm von Ganfield in der Hand.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich wirklich«, sagt sie. »Ganz authentisch. Los. Geh. Verschwinde. Rette dein stinkendes Ganfield.«
    »Silena –«
    »Geh.«
13
    Der Rest ist langweilig, aber einfach. Ich finde Holly Borden, die eine Ladung Bücher gekauft hat. Ich helfe ihr damit, und wir kehren mit der Untergrundbahn zurück nach Hawk Nest. Dort suche ich wieder unter der Buchhandlung Zuflucht, während ein Anruf über Old Grove, Parley Close, die Mill und vermutlich noch andere Distrikte geleitet wird, zum Distriktsvorsteher von Ganfield. Es dauert zwei Tage, die Schaltung herzustellen, weil die Distriktsrivalitäten Umwege erforderlich machen. Endlich bin ich verbunden und teile die gute Nachricht mit: Ich habe das Programm, auch wenn ich meinen Paß verloren
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