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Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)

Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Iain Gale
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kräftesparendem Tempo den Hügel hinauf. Mit ihrem dumpfen Rhythmus trieben die Trommeln die Männer voran. Für einen Moment vergaß Steel seinen Vorsatz, nicht nach hinten zu blicken. Er sah Slaughter, neben dem ein junger Bursche marschierte. Sein Gesicht war schlammverkrustet, sein Uniformrock mit dem Blut und Hirn jenes Mannes bedeckt, den die Kanonenkugel getötet hatte. Trotz seiner Furcht lächelte der Bursche, der zu den jüngsten in der Kompanie gehörte, ein Junge von knapp sechzehn Jahren. Steel glaubte sich erinnern zu können, dass der Junge ein Farmhelfer aus Yorkshire war. Wahrscheinlich war er ein Ausreißer. Über den Lärm hinweg rief Steel ihm zu: »Truman, nicht wahr? Alles in Ordnung, Junge?«
    Der junge Bursche lächelte noch breiter. Ein gutes Zeichen.
    »Keine Angst. Du machst dich gut. Nicht schlecht für deine erste Schlacht.«
    Als Steel wieder nach vorn schaute, sah er nur Rauch und Mündungsfeuer. Der Lärm war unbeschreiblich. Ein altbekanntes Entsetzen erfasste Steel. Es war wie die plötzliche, unerklärliche Panik, die einen überkommt, wenn man am Rand eines Abgrunds steht. Ruhe bewahren, ermahnte sich Steel. Die Männer dürfen nicht sehen, dass du Angst hast. Kälte breitete sich in seiner Magengrube aus. Seine Beine wurden schwer wie Blei. Du hast keine Angst!, beschwor er sich und biss sich auf die Lippen, bis er Blut schmeckte. Gut. Er lebte noch. Und er würde auch das hier überstehen. Er musste nur einen Fuß vor den anderen setzen und weitergehen, immer weiter.
    Langsam bewegte Steel sich voran und verfiel in einen steten Rhythmus. Er hob seinen Degen. Jetzt war der richtige Zeitpunkt, sich an seine Leute zu wenden.
    »Grenadiere!«, rief er. »Folgt mir!«
    Wieder kämpften sie sich den Hang hinauf. Mit jedem Schritt fielen weitere Männer, als neue tödliche schwarze Kugeln auf sie hinuntergeschleudert wurden. Noch zweihundert Meter, schätzte Steel. Sie mussten einfach nur durchhalten, und sie würden ihr Ziel erreichen. Immer schön weitermarschieren.
    Plötzlich nahm Steel eine Veränderung im Schussrhythmus der Verteidiger wahr. Augenblicke später wurde der Grund dafür ersichtlich, als eine Kartätsche – dreißig Eisenkugeln in einem Leinenbeutel – auf die Angreifer abgefeuert wurde. Der Kugelhagel riss eine Bresche in die Männer links von Steel und zerfetzte ein Dutzend Körper in roten englischen Uniformjacken. Sekunden später ließ eine krachende Musketensalve erkennen, dass die französische Infanterie die richtige Schussdistanz gefunden hatte. Wieder fielen Männer. Irgendwo in den dichten Rauchschwaden links von Steel rief ein Offizier: »Angriff! Angriff, Jungs! Gott schütze die Königin!«
    Steel sah den Mann getroffen zu Boden stürzen, doch sein Ruf wurde entlang der Angriffsreihen aufgenommen. Die Soldaten fielen in Laufschritt, während Steel losrannte. Sein Atem ging keuchend, wobei ihm der stechende Geruch der Schießpulverschwaden in der Nase brannte. Die Männer stürmten durch ein Nebelfeld aus wogendem weißem Rauch. Als sie auf der anderen Seite der Wolke hervorkamen, erschien direkt vor ihnen, wie aus dem Nichts, ein schlammiger Graben. Steel rief den Männern hinter ihm zu, stehen zu bleiben, als er den Rand der Senke erreichte, die vielleicht anderthalb Meter tief war. Hinter Steel blieben seine Leute stehen. Links und rechts konnte er die hektischen Rufe der Corporals und Sergeants vernehmen. Ein Corporal links von ihm erteilte den Befehl: »In Ordnung, Männer, da wären wir. Runter mit den Faschinen. Wir gehen da rüber.«
    Als die Männer ihre Reisigbündel zu Boden warfen, keimten Zweifel in Steel auf. Irgendwas stimmte hier nicht. Das konnte nicht der Graben sein. Das wäre viel zu schnell gegangen. Nein, das war kein Verteidigungsgraben, das war bloß ein tief eingesunkener Schlammpfad. Steel rief dem Corporal zu: »Nein, nein! Lasst die Faschinen wieder aufheben. Hier sind wir nicht richtig. Folgt mir, Männer.«
    Der Mann sah überrascht aus, aber es war bereits zu spät. Denn die Männer in den vordersten Reihen hatten schon ihre kostbaren Bündel aus Ruten und Reisig in die Senke geworfen. Die Ersten versuchten, darüberzulaufen, merkten aber, dass die Vertiefung zu breit war, und rutschten in den Schlamm. Gleichzeitig wühlten sich Kanonenkugeln in die Reihen. Die französischen Kanoniere hatten sich eingeschossen und zielten direkt auf den schmalen Streifen des Pfades. Einige Männer gerieten in Panik; sie wussten nicht
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