Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition)
Autoren: Alex Reichenbach
Vom Netzwerk:
anderes wichtiger.
    Er setzte sich zu seiner immer noch beleidigt die Wand anstarrenden Tochter aufs Bett. «Mensch, Hase», sagte er. «Versteh doch, dass wir uns Sorgen um dich machen.»
    «Ach, also deshalb werd ich hier dauernd fertiggemacht», giftete Sara nach kurzem Blickkontakt. «Und wieso macht ihr euch angeblich so schlimme Sorgen, wenn ich fragen darf? Weil ich es wage, einen Freund zu haben, wie alle anderen auch?»
    «‹Wie alle anderen auch› verharmlost die Sache etwas, findest du nicht? Die Freunde der anderen sind wahrscheinlich nicht gerade irgendwelche Dealertypen von der Konstablerwache.»
    «Mann, leck mich doch am Arsch!» Sara ließ sich auf den Rücken fallen und zog sich die Decke über den Kopf.
    Winter seufzte. «Ach, Hase», sagte er und legte seine Hand dorthin, wo er Saras Arm vermutete.
    «Ich bin nicht dein Hase», kam es von unter der Decke. «Hau doch einfach ab und lass mich in Ruhe.»
    «Doch, du bist mein Hase», sagte Winter leise. «Und das wirst du auch immer bleiben.» Unter der Decke blieb es erstaunlich ruhig. «Wir sind jetzt beide müde», sagte er schließlich, «am besten, wir reden morgen weiter.»
    Sanft klopfte er auf die Bettdecke und verließ auf leisen Sohlen den Raum.
    Im Schlafzimmer starrte seine Frau apathisch vom Kissen aus auf den Fernseher. Sie reagierte nur mit einer vagen Bewegung der Augenlider, als er ihr sagte, Sara sei wohlbehalten zurück. In der Glotze lief eine große Samstagabendunterhaltungsshow. Für die ganze Familie. Auf der Bühne tobte sich eine so gut wie nackte Blondine mit großer Oberweite aus. «Wer ist das?», fragte er, während er in seinen Schlafanzug schlüpfte. «Britney Spears», murmelte Carola apathisch.
    Britney Spears? Galt die nicht als kreuzbrav? «Mein Gott. Die Mädchen haben es aber heute schwer, sich zu orientieren. Wenn das die Teenie-Vorbilder sind …»
    Carola drehte sich auf dem Kissen zu ihm um. «Was soll denn das heißen? Willst du mir sagen, du findest es okay, wie deine Tochter rumläuft?»
    «Nein, finde ich nicht. Aber wahrscheinlich ist es aus ihrer Sicht ganz normal.»
    «Aus ihrer Sicht?» Carola setzte sich auf. «Du hast ja gar keine Ahnung. Du müsstest sie mal den ganzen Tag erleben. Aber du bist ja nie da, du weißt ja gar nicht, was hier abgeht. Krank ist die. Gestört.»
    Winter seufzte. Es hatte Zeiten gegeben, da war er abends in ein familiäres Idyll zurückgekehrt. Fröhliche, aufgeweckte Kinder, die ihrem Vater zur Begrüßung in die Arme fielen, eine ausgeglichene, gelassene, ihre Mutterrolle mit schlafwandlerischer Sicherheit ausfüllende Frau.
    Diese Zeiten waren vorbei.

    Der Leiter des Kriminalkommissariats 11, Erster Kriminalhauptkommissar Fock, hatte nach Absprache mit Winter Sonntagsdienst angeordnet. Winter betrat schon um sieben sein Büro. Um halb neun war ein Treffen der Mordkommission 1 angesetzt, um alle auf den neuesten Stand zu bringen und die Aufgaben für den Tag zu verteilen. Darauf wollte er sich vorbereiten. Vielleicht fiel ihm dann auch wieder ein, was ihm gestern an dem Fundort so merkwürdig vorgekommen war. Erst Gerds Abschied, dann der Ärger zu Hause … das hatte ihm die Konzentration geraubt, mit der er normalerweise an einen Fall ging.
    Um kurz nach acht klingelte sein Telefon. Es war Hildchen, die Kommissariatssekretärin. «Guten Morgen, liebe Sorgen», begann sie vielsagend. «Erstens, euer Treffen in Sachen Mainleiche wird auf zehn Uhr verschoben. Zweitens, rate mal, lieber Andi, wer sich eben krankgemeldet hat. Kettler, dein Gerd-Ersatz. Und drittens sind wir ja nun hier ein ganz klein wenig unterbesetzt angesichts der Tatsache, dass wir heute Nacht unter anderem einen Raubüberfall im Gutleutviertel hatten und dann den merkwürdigen Tod von diesem CDU-Typen. Daher auch die Verschiebung. Der Chef hatte ohnehin schon beschlossen, Steffen kurzfristig für eine neue Sonderkommission von deiner MK abzuziehen. Jetzt fragt er an, ob es bei der Mainleiche rein zufällig möglich ist, dass du Ermittlungen und Sachbearbeitung vorläufig ganz alleine übernimmst. Es gäb ja eh nicht so viele Spuren zu verfolgen in dem Fall …»
    Winter dachte, er höre nicht recht. Es schien wirklich alles schiefzulaufen. Von dem «merkwürdigen Tod eines CDU-Typen» hörte er übrigens zum ersten Mal. Den hatte man offenbar jemand anderem übertragen.
    «Hildchen, sag dem Chef: Nein, nein und nochmals nein. Mein Mädchen aus dem Main wird nicht für irgendwelche Promis
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher