Stauffenbergs Gefaehrten
Augenblick wartend nebeneinander, und Klausing schaute mich plötzlich an. Ich hatte das Gefühl, er schaut mich mit ganz groÃen Augen an.«
»Ein stummer Abschied?«
»Das ist eine Interpretation.«
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Antje Vollmer
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Erich Fellgiebel (1886â1944)
»Man muss eben mal seinen Kopf riskieren«
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I.
Unrechtsregime haben die perfide Eigenschaft, sich nicht nur mit vernichtender Härte an ihren Gegnern zu rächen. Als würde es nicht schon reichen, sie zu verfolgen, einzusperren oder gar zu töten, werden oft auch noch ihre Motive in Zweifel gezogen. So erging es den Teilnehmern am Staatsstreich vom 20. Juli 1944. Einem wurde dabei besonders übel mitgespielt: dem General der Nachrichtentruppe, Erich Fellgiebel. Am Tag des Attentats auf Hitler hat der 57-Jährige die Aufgabe, die Kommunikation aus dem Hauptquartier »Wolfschanze« zu unterbinden und zugleich die Kontakte der Mitverschworenen untereinander zu ermöglichen.
Schon in den ersten Analysen der Gestapo wird Fellgiebel unterstellt, er habe »nichts getan, um das Gelingen des Putschversuches nachrichtentechnisch zu unterstützen«. Ihm habe schlicht der Mut gefehlt. Ein Geheimdienstbericht an den US -Präsidenten listet am 1. Februar 1945 fünf Ursachen für das Scheitern auf; Punkt zwei lautet: »General Fellgiebel hatte versäumt, die Funkverbindungen von Hitlers Hauptquartier in OstpreuÃen zu zerstören, so daà die Nachricht von der Bombenexplosion und Hitlers Ãberleben hinausgelangen konnte, bevor die Verschwörer die Macht übernehmen konnten.« Darauf gestützt, kritisiert Allen Welsh Dulles, während des Krieges Chef des US -Geheimdienstes OSS in der Schweiz, 1946 in seinem Buch Verschwörung in Deutschland das »Versagen« Fellgiebels. Dulles wird assistiert von Hans Bernd Gisevius, selbst Teilnehmer am Staatsstreich, der in seinem Buch Bis zum bitteren Ende über Fellgiebel schreibt: »Die Fernschreibzentrale wurde nicht gesprengt, sondern nur für Stunden blockiert.« Dieser Teil des Auftrags, für den Fellgiebel gebürgt habe, »blieb unausgeführt«. John Wheeler-Bennett schlieÃlich, der historische Berater des britischen Foreign Office, behauptet 1953 in Nemesis der Macht , Fellgiebel habe nicht einmal seine Mitverschworenen in Berlin angerufen. Versuche, das Bild zu korrigieren, wie der von Oberst a.D. Wolfgang Müller am 16. August 1947 mit einem Artikel in der Zeitung Das Deutschland der andern, verpuffen. Ein Millionenpublikum kann 2009 in dem Kinofilm Operation Walküre den General als ständig betrunkenen Zögerer sehen, der von Stauffenberg (alias Tom Cruise) auf der Toilette zum Mitmachen erpresst werden muss.
Das ist der späte Triumph einer gezielten Diffamierung. Denn Erich Fellgiebel hat keineswegs versagt. Er gehörte vielmehr zu den entschlossensten Widerstandskämpfern â und er hat sein Metier beherrscht.
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II.
Am 4. Oktober 1886 bei Breslau als ältestes von vier Kindern des Gutsbesitzers Albert Fellgiebel geboren, wuchs Erich auf dem elterlichen Gut Buchenhagen bei Posen auf. Das Posener Land ist flach, die Weite weckte bei den Fellgiebel-Kindern Sehnsucht nach Freiheit â im Denken wie im Handeln. Der Vater erzog sie streng, achtete auf Pünktlichkeit und prägte ihr Pflichtgefühl mit dem Satz: »Man tut, was man zugesagt hat.« Wie sich Erichs Schwester Gertrud (Truda) erinnert, war diese altpreuÃische Dienstauffassung später bei ihrem Bruder am deutlichsten ausgeprägt »in seiner Anforderung an sich selbst und dem, was er auch von anderen dann fordern konnte«. Das traf wohl vor allem auf den beruflichen Umgang zu, denn gegenüber seinen Kindern, insbesondere Tochter Susanne, war er nachgiebig.
Die Schulzeit schien für Erich Fellgiebel keine Last, er lernte leicht, war eifrig, schon früh zeigte er eine besondere Begabung auf naturwissenschaftlichem Gebiet. Er besuchte ein humanistisches Gymnasium, »von dessen Geist und Förderung er sein Leben lang mit Achtung sprach«, so seine Schwester in ihren Schilderungen der Kindheit. Weil er in seiner Schulzeit häufig still ins Lernen versunken war, mitunter wirkte er sogar sehr verschlossen, nannte ihn die Familie scherzhaft »Herr Professor«. Sein ausgelassenes Temperament entwickelte sich erst in späteren Jahren.
Als Erich Fellgiebel vor der Berufswahl stand, gab es
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