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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle
Autoren: Roger Smith
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größte Mühe, sich nicht zu übergeben. Die Polizistin schien wieder etwas sagen zu wollen, schüttelte dann aber den Kopf und ließ ihn eintreten.
    Ein Mann in einem fleckigen weißen Kittel lungerte im hinteren Teil des Raums vor einer Wand metallener Kühlschubladen. Seine Haut hatte die Farbe von abgestandenem Bier, vier schwarze Haarsträhnen lagen wie Ranken quer über seinem kahlen Schädel. Er trat vor, als er Dell sah und kam an einem Ventilator vorbei, der einen aussichtslosen Kampf gegen die Hitze und den Gestank führte. Der Wind des Ventilators hob die Haare auf seinem Kopf an, und für einen Moment standen sie wie Antennen ab, bis er außer Reichweite war, wodurch die Haare wieder schlaff herunter fielen.
    In dem Raum befanden sich fünf Chromtische, zwei davon leer. Drei waren mit schwarzer, wasserdichter Plastikfolie abgedeckt. Dell erkannte Formen unter der Folie. Der Mann sah den weiblichen Constable an, die nickte. Dann nahm er die Ecke der ersten Folie und schlug sie in einer routinierten Bewegung zurück. Dell musste sich am Tisch festhalten, um nicht zu stürzen.
    Später erinnerte er sich nur noch an kurze Momente. Wie Sprungschnitte in einem Kinofilm. Erinnerte sich an die summenden Neonröhren unter der Decke, an das Surren und Klappern des Ventilators. Erinnerte sich an die Geräusche, die der Mann von sich gab, ein permanentes Schniefen und Schlucken, wobei sein Adamsapfel unter der faltigen Haut wie ein Jo-Jo auf und ab hüpfte. Erinnerte sich, dass die junge Polizeibeamtin von den Tischen fortgeschaut hatte. Benutzte all diese Bilder in dem Versuch auszulöschen, was er sah, als die Planen angehoben wurden.
    Tommys Gesicht völlig weggebrannt. Sein rechter Arm oberhalb des Ellbogens abgetrennt, nur noch an einem Stück verkohlten Fleischs hängend. Ein Chuck Taylor All Stars-Kinderschuh fast unversehrt an einem abgetrennten Fuß.
    Marys Gehirn sichtbar unter einer Schädeldecke, die wie ein Ei aufgeschlagen war. Ein Büschel dunkler Haare stand immer noch seitlich von ihrem Kopf ab. Ihre Beine endeten an den Knien.
    Rosie, ein aufgerissener Torso mit verkohlten Innereien. Die wunderschönen Hände fort, an ihrer Stelle nur noch geschwärzte Stümpfe. Die Beine verdreht und gebrochen. Die Augen leere Höhlen in versengtem Knochen.
    Dell drehte sich zum Ausgang, stürzte durch die Pendeltüren dem Sonnenlicht entgegen. Stand auf dem Bürgersteig und schnappte gierig nach Luft. Draußen drehte sich die Welt weiter. Autos fuhren vorbei. Er hörte plärrenden Hip Hop aus einer Anlage schmettern. Sah einen Mann und zwei Kinder aus einem KFC kommen, in den Händen Kartons mit gebratenen Hähnchenteilen.
    Der Geruch des verbrannten Fleischs seiner Familie steckte Dell noch überdeutlich in der Nase. Er übergab sich. Erbrochenes warm auf seinen nackten Zehen. Er krümmte sich, stand mit den Händen auf die Knie gestützt da, schnappte weiter nach Luft, Speichelfäden zogen sich aus seinem Mund. Eine Frau mit leuchtend grünen Lockenwicklern starrte ihn aus einem verbeulten Auto heraus an, ihr Gesicht wie eine geballte Faust. Er richtete sich auf. Sah die junge Polizeibeamtin, die ihn von der Tür des Leichenschauhauses aus beobachtete. Sie schien selbst den Tränen nahe zu sein.
    Ein weißer Volkswagen mit dem blau-goldenen Symbol des South Africa Police Service auf der Tür hielt an. Ein Farbiger in Zivil stieg aus, betrachtete einen Moment lang Dell, ging dann zu dem Constable hinüber. Sie unterhielten sich. Die Polizistin warf Dell einen Blick zu, sah dann wieder den Mann an. Als sie erneut zu Dell hinüber blickte, hatte sich etwas an ihrem Gesichtsausdruck verändert.
    Der Zivilpolizist kam zu Dell herüber und klappte seinen Ausweis auf. »Ich bin Lieutenant Palm.«
    Dell nickte und wartete, dass der Cop ihm Informationen über den Irren gab, der sein Leben zerstört hatte. Dieser Bastard in dem schwarzen Truck. Dann begriff er, wie stark die Schmerzmittel und der Schock waren, denn er hätte schwören können zu hören, wie der Polizist ihm seine Rechte vorlas.
    Â»Was?«, sagte Dell. »Was ist los?«
    Der Cop legte Dell Handschellen an. Er spürte kaum den Schmerz, als das Metall sich in sein geschundenes Fleisch grub. Der Mann packte ihn am Arm und führte ihn zum Wagen. Legte eine Hand auf Dells bandagierten Kopf und drückte ihn in den Fond des
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