Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle
Autoren: Roger Smith
Vom Netzwerk:
Volkswagens hinunter.
    Der Bulle sprach. »Sie befinden sich wegen des Mordes an Ihrer Frau und Ihren Kindern in Haft. Verstehen Sie mich?«
    Nein. Er verstand nicht.
    Der Wagen sackte ein Stück ab, als der Cop sich hinter das Steuer wuchtete. Er ließ den Motor an, und der Volkswagen fuhr los. Dell schaute zu der jungen Constable auf, als sie vorbeifuhren. Auf ihrem Gesicht ein angewiderter Ausdruck.

Kapitel 7
    Während das Taxi auf das Dorf zu klapperte, sprach ihre tote Mutter zu Sunday. Sagte ihr, sie solle das Buch aufschlagen. Sunday war es gewohnt, ihre Mutter nachts zu hören, wenn sie im Bett in Ma Beautys Hütte lag und das eiserne Dach krachte, wenn es in der plötzlichen Kälte abkühlte. Doch die Stimme schockierte sie bei Tageslicht in dem vollbesetzten Minibus, wo Sunday neben ihre Tante gezwängt saß.
    Sie krümmte sich nach vorn, kramte in ihrer Tasche, ihre Nase fast schon den faltigen Hals des Mannes vor ihr berührend, fand den abgegriffenen Rücken des Buches, zog es vorsichtig heraus auf ihren Schoß.
    Ma Beauty rammte ihr den Ellbogen in die Rippen. »Sitz still, du!« Der Ellbogen so scharfkantig und stachelig wie die Aloe-Pflanzen, die draußen vorbeirauschten.
    Sunday schlug das Buch auf, war vorsichtig mit den verschmorten Seiten. Es war ihr kostbarster Besitz. Zu wertvoll, um es in der Hütte zurückzulassen, wenn sie zur Arbeit ging. Vor zehn Jahren hatte Sunday zwischen den Leichen ihrer Mutter, ihres Vaters und ihrer Cousine das verbrannte Buch aus den rauchenden Trümmern ihrer Hütte gerettet. Es war vor langer Zeit ein Fotoalbum mit Spiralbindung gewesen. Auf dem, was noch von dem Umschlag übrig war, standen lächelnde weiße Leute mit Haaren wie Stroh im Schnee und hatten Bretter unter die Füße gebunden.
    Drinnen steckten zwei angesengte und zerbröselnde Fotos. Das eine war am Hochzeitstag ihrer Eltern aufgenommen worden, ihr Vater nur eine Schulter in einem gestreiften Anzug. Die Hälfte des hübschen, lächelnden Gesichts ihrer Mutter zu Asche verbrannt. Das andere ein unscharfer Schnappschuss von Sunday als fettes Baby auf den Knien einer Frau. Der Kopf der Frau war fort, doch Sunday wusste, es war ihre Mutter. Die Mutter, die zu ihr sprach. Sie befahl ihren Fingern, das Buch ganz hinten aufzuschlagen.
    Auf der Innenseite des hinteren Einbanddeckels, eingeschlossen unter verzogenem und verfärbtem Plastik, spürte Sunday das Stück geschwärzten Kartons. Wie die bedruckten Karten, die Richard an die Touristen verteilte, mit denen er für seine Dienste als Fremdenführer warb. Diese Karte hier war bis auf eine Telefonnummer verbrannt. Sunday hatte all die Jahre darauf gestarrt, hatte nie gewusst, wessen Nummer das ist. Oder warum ihre Mutter sie aufbewahrt hatte.
    Das Taxi hielt schlitternd in einer roten Staubwolke an, und Sunday knallte mit der Stirn an den Vordersitz. Sie schaute auf und sah, dass sie im Dorf waren, die Fahrgäste drängelten aus dem Minibus.
    Ma Beauty sah finster zu ihr hinab. »Komm schon, du. Wir sind sowieso schon spät dran.«
    Sunday steckte das Buch wieder in die Tasche und stieg hinter ihrer Tante aus.
    Bhambatha’s Rock war kaum mehr als eine kurze Straße, die an einer eisernen Brücke endete, welche ein ausgetrocknetes Flussbett überspannte. Niedrige Gebäude aus Hohlblocksteinen flankierten die Straße in zwei uneinheitlichen Reihen, manche unverputzt grau, andere in Blau- und Rosatönen gestrichen, verblichen von der Sonne.
    Sunday und ihre Tante wichen den Kühen, den Ziegen und den Betrunkenen aus, die den Eingang des Alkoholladens verstopften und gingen zwischen Straßenhändlern hindurch, die im Dreck kauerten und Zigaretten verkauften und diese billigen Süßigkeiten, die den Urin rosa verfärbten. Sie erreichten einen Laden, der durch die Werbeflächen für Omo Waschpulver und Sunlight Seife klein erschien. Eine Gruppe Frauen und Mädchen saß im Sand hinter dem Geschäft im Schatten von Dornenbäumen mit flachen Kronen.
    Eine kräftige Frau wartete auf Sunday und Ma Beauty und warf immer wieder Blicke auf die Uhr, die sich tief in ihr fettes Handgelenk schnitt. Sie trug eine mit Blumen gemusterte Bluse. Ein grauer Rock hing bis zu ihren dicken Fesseln hinab, und Elefantenfüße quollen aus den Sandalen, die für erheblich zartere Füße gemacht worden waren. Ein blaues Barett war tief in ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher